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Van Helsing

Van Helsing

Titel: Van Helsing Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Ryan
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klug gewesen war, den Ordensbruder auf diese Reise mitzunehmen. Carl war oft abgelenkt und erwies sich ebenso als Ablenkung für Van Helsing. Seine Entscheidung, ihn mitzunehmen, hatte größtenteils auf einem Instinkt beruht, der Van Helsing sieben Jahre lang am Leben gehalten und ihn noch nie im Stich gelassen hatte.
    Jedenfalls bis jetzt...
    »Was machen wir hier?«, fragte Carl. »Warum ist es überhaupt so wichtig, Dracula zu töten?«
    »Weil er der Sohn des Teufels ist«, erwiderte Van Helsing.
    »Davon abgesehen, meine ich.«
    »Wenn ich ihn töte, wird jeder, der von ihm gebissen oder erschaffen wurde, ebenfalls sterben«, erklärte Van Helsing.
    »Davon abgesehen, meine ich.«
    Van Helsing ignorierte die Bemerkung. Dracula zu töten würde vielleicht mehr reale Monster und mehr echtes Böses vernichten, als Van Helsing in den letzten Jahren ausgemerzt hatte, und das war der einzige Grund, den er brauchte. Der Kardinal würde höchst zufrieden sein; es wäre ein großer Sieg im Krieg der Kirche. Doch Van Helsing hatte Hoffnungen, die weit weniger hochfliegend waren. Vielleicht würde die Mission etwas Licht in das Dunkel seiner Vergangenheit bringen. Warum erinnerte er sich an Ereignisse aus verflossenen Jahrhunderten, als wären sie erst gestern geschehen, wo es doch völlig unmöglich war, dass er in jenen Zeiten gelebt hatte? Am Ende, so hoffte er, würde Draculas Tod ihm wirklich etwas Frieden bringen.
    Ein hoch gewachsener Mann mit einem Zylinder tauchte vor ihnen auf. Lange, strähnige blonde Haare und hervorstehende Wangenknochen gaben ihm ein skeletthaftes Aussehen. Außerdem waren seine Augen seltsam; sie waren groß und irr. Auf Van Helsing wirkte er wie ein Totengräber – einer, dem seine Arbeit vielleicht etwas zu viel Vergnügen bereitete. »Willkommen in Transsilvanien«, sagte der Mann auf Rumänisch, mit einem drohenden Unterton in der Stimme.
    Van Helsing war sofort alarmiert. Er wusste, was als Nächstes geschehen würde; er hatte es oft genug erlebt. Alle Dorfbewohner, die sie beobachtet hatten, machten mehrere Schritte in ihre Richtung und hielten wie durch einen Zauber plötzlich Messer, Macheten und Mistgabeln in den Händen. Binnen Sekunden waren die Neuankömmlinge umzingelt.
    Van Helsing hörte, wie Carl schneller atmete, und sah, als er sich umdrehte, dass der Mönch Angst hatte. Es war schließlich sein erster wütender Mob und seine erste Erfahrung, wie es »an der Front« aussah. Er musste ihm zugute halten, dass er nicht in Panik geriet. »Ist das immer so?«, fragte Carl und versuchte dabei gelassen zu klingen.
    »Meistens.« Van Helsing musterte die Menge. Obwohl ein Mob gefährlich sein konnte, war seine Denkart doch geradezu kindlich naiv. Van Helsing blieb nur eine Reaktion, und er würde schnell handeln müssen. Eine derartige Gruppe hatte keinen individuellen Mut; ihr Wille entstammte ihrer kollektiven Stärke, die von einem einzelnen Anführer kontrolliert wurde.
    Van Helsing vermutete, dass der Mann mit dem Zylinder dieser Anführer war. Er musste ihn ausschalten, bevor die Menge näher kam. Zwar hätte Van Helsing wohl auch einen direkten Angriff der Gruppe überlebt, konnte aber nicht gleichzeitig Carl beschützen.
    Er hielt sich jedoch zurück, da die Dorfbewohner nicht näher kamen, fast so, als würden sie auf Anweisungen warten. Momente später tauchte eine junge Frau auf, und Van Helsing sah sofort, dass sie die eigentliche Anführerin war. Sie stand auf der hüfthohen Steinmauer, die den Brunnen umfasste.
    Das Mädchen ...
    Er kannte sie. Einen kurzen Moment lang glaubte Van Helsing, sie wäre ein Mensch aus seiner Vergangenheit, aber dann fiel ihm ein, wo er sie schon einmal gesehen hatte: im Arsenal unter dem Petersdom. Sie war Anna – jene Frau, der er helfen sollte.
    Die Prinzessin trug schwarze Reitkleidung, wie auf dem Gemälde. »Sie da! Lassen Sie mich Ihre Gesichter sehen!« Das war ein Befehl, keine Bitte.
    Van Helsing war nicht sehr gut darin, Befehle entgegenzunehmen. Er hob den Kopf und blickte unter der breiten Krempe seines Hutes zu ihr auf. »Warum?«
    »Weil wir Fremden nicht trauen.«
    Aus gutem Grund, dachte Van Helsing. »Ich vertraue niemandem«, konterte er und sprach zum ersten Mal Rumänisch – zumindest das erste Mal, an das er sich erinnern konnte.
    Der Mann mit dem Zylinder zog ein Maßband aus der Tasche und hielt es an Carls Seite. »Fremde überleben hier nicht lange.« Er war also wirklich der Totengräber.
    »Gentlemen, Sie

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