Vandark - Ein Spooky-Abend am Kamin
egal.
Er stürzt den Gang entlang. An der ersten Tür lauscht er. Nichts zu hören. In der Dunkelheit ertastet er zufäl lig einen Lichtschalter. Licht! – Aber das wäre jetzt hier im Korridor keine brillante Idee. Er steht ungeschützt mitten im Flur und würde ein perfektes Ziel abgeben. Nein. Nicht hier. Aber sobald er in das richtige Zimmer stürmt, dann sollte er sofort den innenliegenden Lichtschalter betätigen. Wo sitzen die Schalter in den Zimmern?
Philipp will es darauf ankommen lassen - hier beim ersten Zimmer. Er stößt die Tür auf und tastet sofort die Innenwand ab. Bingo! Der Schalter! Hoffentlich ist das Überraschungsmoment auf seiner Seite.
Verdammt! Er betätigt den Schalter noch einmal. Nichts. Die Birne? Er will es jetzt wissen und riskiert das Licht im Flur. Nichts. Hi er sind keine Glühbirnen kaputt – hier ist der Strom abgeschaltet.
Bleibt nur die Taschenlampe.
Sein Herz rast. Trotz der Kühle spürt er den Schweiß auf seiner Stirn. Sein Atem faucht.
Der Lichtkegel fällt in den Raum. Links. Rechts. Nichts. Leer.
Philipp atmet schwer aus.
Langsam, die Füße vorsichtig setzend, nähert er sich der nächsten Tür. Ein leises, kurzes Poltern aus dem Innern verrät ihm, dass es hier sein muss. Nur dieser Raum kommt in Frage. Nervös reibt er die Finger seiner linken Hand aneinander. Er will den Überraschungseffekt für sich nutzen. Jetzt gilt’s!
Blitzschnell drückt er die Klinke und stößt die Tür auf.
Er stürmt hinein. Doch statt mit seiner Taschenlampe sein Sichtfeld zu erleuchten, blenden ihn im nächsten Augenblick grelle Strahler. Verflucht! Von wegen „kein Strom“. Als wäre er gegen eine Wand gelaufen, stockt er in seiner Bewegung. Er presst die Augenlider zusammen.
„Rakete!“ Sonjas hoffnungsvoller Aufschrei lässt ihn für den Bruchteil einer Sekunde glauben, dass mit ihr alles okay ist. Doch eine verzerrte, extrem nasal klingende Männerstimme reißt seine Hoffnungen in die Realität zurück:
„Ah – der Herr Rakete! Willkommen!“
Philipp kennt ihn nicht. Eine so sehr elektronisch verfremdete Stimme kann er niemandem zuordnen.
„Bleiben Sie stehen, wo sie sind, lieber Herr Rakete! Keine falsche Bewegung!“
Philipp wagt nicht, sich zu regen. Er öffnet seine Augen wieder, doch er erkennt nichts. Das gleißende Licht lähmt ihn zur Hilflosigkeit.
Verzweifelte Hilflosigkeit.
Hinter dem grellen Licht beginnt die Dunkelheit.
Langsam, Netzhaut-Zelle für Netzhaut-Zelle akzeptiert Philipps Nervensystem die Strahlen. Erste Konturen abseits der Leuchten werden erkennbar. Rakete sieht die Teleskop-Ständer mit ihren spinnenartig aufgespreizten Füßen, die wie spindeldürre Körper die Köpfe aus Licht empor recken. Der Fußboden gewinnt Kontur. Rechts taucht ein Stuhl aus dem indifferenten Dunkel auf. Beine eines Menschen. Nackte Beine. Frauenbeine. Das Negligé! Sonja! Rakete erkennt es sofort, als die Strahlen die Umrisse der Frau nicht mehr verbergen können.
„Alles okay, Sonnie?“ Philipps Stimme zittert.
„Ich … ich weiß nicht. Was passiert hier?“
„Hat er dir was angetan, das Schwein?“
„Ich …“
„Aber, aber, Herr Rakete. Warum sollte ich ihr etwas antun?“
Sonja und Stuhl bilden eine erzwungene Einheit. Sie ist an die Lehne gefesselt, zweifellos. Philipp möchte dem Maskierten in seinem schwarzen Umhang hinter den Strahlern die Taschenlampe entgegen schleudern, aber er erkennt die Aussichtslosigkeit einer solchen Aktion. Hilflos.
Jetzt erkennt er die auf ihn gerichtete Knarre in der Hand des Mannes.
„Lieber Herr Rakete, ich bin ein gutmütiger Mensch.“
„Ha, das sehe ich! – Was wollen Sie?“
„Ihre Beute, mein Lieber. In einem kleinen Tausch.“ Bei diesen Worten richtet der Schwarze die Waffe auf Sonja. „Sie bekommen, was ich hier habe. Und ich das rein Materielle.“
Verdammt! Darum geht es also. Philipps Beute aus dem großen Coup. Rakete blickt in Sonjas angsterfüllte Augen. Sie ist es allemal wert. Philipp beißt sich auf die Lippe. Soll er? Was ist danach? Seine Hoffnung sinkt. Er ist sich sicher – sobald er geplaudert hat, wird er nicht Sonja erhalten, sondern eine Kugel. Und Sonja die nächste. Verdammt! Was tun? Warum sollte der Typ anders dealen?
Rakete lässt seinen Blick schweifen, ohne den Kopf zu bewegen. Zu seiner Rechten an der Wand entdeckt er zwei gekreuzte Säbel. Ist auch hier eine kleine Waffenkammer? Egal. Ein einziger Säbel würde reichen. Aber die Entfernung ist zu
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