Vanilla High (German Edition)

war. Dies ist jetzt achtzig Jahre her. Paul manipuliert seine Multimediaanlage und das Konzert aus dem Jahr 2020 beginnt. Die Typen sehen nicht nur so aus  wie die Jungs von Pink Floyd, sie hören sich auch so an und sie spielen nicht das, womit Pink Floyd populär wurden, sondern das, womit sie -in- waren. Die Band mit einem russischen Namen beginnt mit „Let there be light“. Paul und ich lieben dieses Album, was so sehr in die heutige Zeit passt. Die russischen Doubles sind perfekt. Auch die kurzen Songs bringen sie gut rüber. Wir befinden uns in London, Ende der Sechziger des letzten Jahrhunderts. Die frühen Pink Floyd und die Yes der Siebziger, das ist unser gemeinsamer Musikgeschmack, das ist das Bindemittel zwischen mir und Paul. Ich weiß, wir werden heute Abend noch endlos diskutieren, aber wir werden unsere Musik hören, die uns weiter zusammenschweißen wird .         
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    Das Essen ist wie gewöhnlich gut im „Kreuz des Südens“. Der Name scheint für ein Lokal an der Ostküste eher merkwürdig, da der Himmel über der Terrasse doch oft in den Zeiten, in denen das Kreuz am Himmel steht, wolkenverhangen ist. Zurzeit haben wir keine Chance, es zu sehen. Wir hätten auch eins der Lokale im weiteren Umfeld aufsuchen können, mein Peugeot zum Beispiel kann selbstständig fahren und somit sind Drogen und Alkohol im Straßenverkehr nicht mehr so das Problem. Ich nutze das Feature selten, fahre lieber selbst und übernachte bei denen, die mich eingeladen haben, statt berauscht mich von meinem 112E nach Hause kutschieren zu lassen. Ich bin da etwas altmodisch, wie ich wohl in den meisten Dingen etwas altmodisch bin. Mein Curry ist feurig scharf, ein Hauch von Vanille darf natürlich nicht fehlen. Wir sind gerne gesehene Gäste und Paul sucht das Lokal mindestens zweimal die Woche auf. Chefin des Lokals ist eine fette, schwarze Mama, mindestens 65, von der ich nicht weiß, ob sie an dem Programm teilgenommen hat oder teilnehmen will. Der Wein ist passabel und ich lange kräftig zu. Paul trinkt tropische Cocktails. Bei diesen Mengen muss sich selbst ein potenziell Unsterblicher einem regelmäßigen Gesundheitscheck unterziehen, denn auch eine Leber, die nicht altert, kann sich entzünden. Die Tabok haben aber für alles gesorgt und ihre Medizin hat wohl kein Problem, mit solchen Kleinigkeiten fertig zu werden. Notfalls wird aus den eigenen Zellen eine Neue gezüchtet. Zu so was ist sogar die Menschenmedizin in der Lage, schon seit einigen Jahrzehnten. Hat allerdings seinen Preis. Im Prinzip habe ich ja grenzenloses Vertrauen zu Paul Kbalakrishnan, aber ich werde ihm nicht erzählen, dass ich möglicherweise an einem Anschlag auf das erste, von Menschen gebaute Center teilnehmen werde. Wir könnten Feinde werden. Paul zerpflückt genüsslich sein Huhn, scheint nicht an unseren Streit zu denken, erzählt von seiner neuen Flamme im Institut, die persönlich von den Nachfolgern von Hugh Hefner hier auf die Insel vermittelt worden sein muss, um hier ein Praktikum in Biologie zu machen. Mir wird flau bei dem Gedanken, dass diese Girlies nicht altern. Ich bin mir darüber bewusst, dass mein Denkgebäude jede Menge Risse hat, letztendlich bin ich inkonsequent, weil ich vielleicht auch nicht will, dass die Liebe meines Lebens altert und stirbt. Paul hat natürlich noch keine Chance bekommen, diese neue Assistentin zum Essen auszuführen und ihr sein Domizil vorzuführen. Er gibt zu, dass er es schon versucht hat, aber das war vergeblich. Wie ich ihn kenne, wird er noch ein paar Versuche starten, wird davon träumen, sie selbst mit seinen Kameras abzulichten, weil er sich selbst wie ein kleiner Hugh Hefner fühlen will. Er hat mir von diesem Mann erzählt, der seines Erachtens Amerika revolutioniert hat. Selbstverständlich wäre dieser Mann sonst nie für mich ein Begriff geworden. Ich glaube, Paul will mit diesen Models nur vögeln, um damit ihrer Schönheit und der Ästhetik, die er erfährt, zu huldigen. Der unsterbliche Paul. Er wird sein ganzes unsterbliches Leben diesen Schönheiten hinterher geifern und alle zweihundert Jahre einmal Erfolg haben. Der Gedanke amüsiert mich, obgleich ich Paul natürlich jeden Erfolg wünsche, den er haben will. Paul träumt nicht von der glücklichen Ehe. Ich stelle mir vor, ich hätte meine Traumfrau, die nicht aussieht wie ein Modell, gefunden und würde eine endlose, aber kinderlose Ehe führen. Mir wird schwindlig bei dem Gedanken; bei allen Bedenken geht davon