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Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)

Titel: Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffen Duck
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Instandsetzung usw..“
    „Und die Bausauen?“ fragte Bogler, ein großer Typ mit schwarzen Locken, breitem rotem Gesicht, Diastema und erzgebirgischem Sächsisch.
    „Die machen die vollen 6 Wochen allgemeine militärische Ausbildung, werden danach auf die Ingenieurbaukompanien verteilt und gehen dann auf die einzelnen Baustellen im ganzen Land. Sind aber keine Bausoldaten ohne Waffe und so,“ fügte er noch hinzu. „Die gibt ´s hier nicht.“

    Vogel war ein schmächtiger Typ mit schmalem Gesicht und dunkelblonden Haaren.
Auf Wilfried machte er einen etwas ungepflegten Eindruck. Von ziemlich schlichtem Gemüt, war er anscheinend nicht allzu bösartig.
Wie Wilfried war er an Science - fiction - Literatur interessiert, aber bei Jules Verne stehengeblieben.
Von Stanislaw Lem, dem Altmeister der Science fiction, hatte er noch nie gehört. Um wenigstens den Anschein einer Vorgesetztenautorität zu demonstrieren, flüchtete er sich in die bei der NVA anscheinend üblichen Floskeln.
    „Sehen Sie mich noch?“ war eine dieser abgedroschenen Redewendungen, nachdem er mit dem Finger den Staub von irgendeiner Fläche abgewischt und in den Raum gepustet hatte. „Sie holen sich eine Lungenentzündung!“ hieß es, wenn die Brusttaschen der Uniformjacke nicht zugeknöpft waren.
    Als Wilfried ihn einmal auf einen blaugestreiften bandförmigen Anstecker ansprach, den er an seiner Uniformjacke trug, verkündete Vogel in naivem Stolz, dies sei der Anstecker des Leistungsabzeichens dritter Klasse.
    Wilfried, sich erinnernd, daß er kurz vor seiner Einberufung in der Stadt einem Schulfreund begegnet war, der als Offizier auf Zeit und daher zwei Monate früher einberufen, doch schon wieder auf Urlaub, an seiner Uniformjacke den Anstecker seiner Lessingmedaille für das Abitur mit Auszeichnung getragen hatte, fragte Vogel, ob er denn diese Auszeichnung auch an seiner Uniform tragen dürfe, habe er sie doch bei einem Offizier auf Zeit bemerkt.
    „Haben Sie vielleicht eine Lessingmedaille?“ fragte Vogel verächtlich zurück.
    „Ja, sogar zwei!“ antwortete Wilfried, seinen Stolz mühsam verbergend.
    Vogel blieb für einen Moment der Mund offen. Dergleichen überstieg seinen engen Horizont.
    Wilfried aber war schlagartig klargeworden, daß er besser daran täte, sich mit seinen Auszeichnungen aus der Schule hier nicht zu schmücken.

    „Zweite Ausbildungskompanie, Stubendurchgang!“ pfiff der Unteroffizier vom Dienst.
    „Wenn Ihr dieses Kommando hört, stellt Ihr euch neben die geöffneten Schränke. Wenn der UvD oder sein Gehilfe durchgehen oder ein anderer Vorgesetzter, das kann auch der Kompaniechef sein, macht der Stubenälteste Meldung: ,Stube vier, belegt mit 10 Genossen, gereinigt und gelüftet, zum Stubendurchgang bereit!´ Wessen Schrank nicht ordnungsgemäß eingeräumt ist, kann davon ausgehen, daß ihm alles auf den Fußboden rausgerissen wird!
    Bei der Lastverteilung wird er außerdem besonders berücksichtigt!“
    Erst einige Tage später bekam Wilfried mit, daß mit „Last“ verschiedene Reinigungsarbeiten gemeint waren, Waschräume, Toiletten, Flur „keulen“, d.h. Bohnerwachs auftragen und mit einem langstieligen Handbohnergerät bohnern, immer hin und her, was ziemlich lang dauerte.

    „Zweite Ausbildungskompanie, Nachtruhe! Licht aus! Augen zu!“
    „War ´n langer Tag,“ meinte Vogel in bemüht gönnerhaftem Ton, als der Pfiff des UvD ertönte.
    „Merkt euch eins - man schläft bei der Armee immer, wenn man kann! Gute Nacht, Sprutze und Längerdienende!“

    Natürlich war nach solch einem Tag noch nicht gleich an Schlaf zu denken, bei keinem von ihnen.
    „Habt ihr euch mal überlegt, wie lang anderthalb Jahre sind?“ fragte Motzmann, ein baumlanger Kerl mit strohigem blondem Haar und Topfschnitt.
    „Du gibst mir ja Kraft,“ antwortete Bogler.
    „Jetzt ´ne Alte im Bett, mit dicken Möpsen, das wär´s!“
    Querer war es, der anscheinend immer nur an das Eine dachte und mitnahm, was sich ihm bot, obwohl er verheiratet war.
    „Hör´ bloß damit auf, ich darf gar nicht daran denken,“ erwiderte Weißbauer. „Meine Frau hat untenrum ´ne offene Wunde, die will gestöpselt werde, und ich hänge hier rum.“
    Querer hatte sich unterdessen noch einmal aus dem Bett geschwungen und stand nun rauchend am offenen Fenster.
    Wo war Wilfried da nur hingeraten? Kein Vergleich zu dem geistigen Klima unter den Abiturienten, selbst im GST-Lager, nirgendwo war man vor Rauchern sicher, Essen nur im Stehen.

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