Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)
da bei dir bleiben?“
„Was denkst du denn? Möchtest du was essen?“
„Eine Kleinigkeit wäre schon recht.“
Christine lief in die Küche, Wilfried folgte ihr. Jede Sekunde wollte er mit ihr auskosten, viel zu lange hatte er diesen Moment herbeigesehnt, bar jeder Hoffnung, daß er denn kommen würde. Nun saß er auf dem Küchenstuhl und schaute seiner Freundin zu, wie sie das Abendessen bereitete. Nirgendwo anders auf der Welt hätte er in diesem Moment sein mögen. Die schlichte, stille Freude biedermeierlichen Lebens, wie kostbar und zerbrechlich sie doch war. Richtig schätzen lernte man sie erst, wenn man sie wie Wilfried für längere Zeit entbehren mußte.
„Wieso willst du eigentlich Tierproduktion studieren?“ fragte er nach einer Weile vorsichtig, „das paßt doch so gar nicht zu dir?“
Christine, die im Küchenschrank kramte, hielt einen Moment inne, blickte ihn über die Schulter an, öffnete den Mund, brachte kein Wort heraus. Statt dessen wurden ihre Augen feucht.
„Verzeihung!“ stammelte Wilfried, „ich wollte nicht …“
„Ist schon gut!“
Sie schloß den Geschirrschrank daß es schepperte und huschte ins Bad. Wilfried hörte sie schneuzen. Als sie schließlich in die Küche zurückkam, wirkte sie ein wenig gefaßter, doch klang ihre Stimme noch immer gepreßt:
„Die Eltern sind dagegen, daß ich überhaupt studiere. Ihnen dauert es zu lange, bis ich eigenes Geld verdiene. Dabei hätte ich so gern Medizin …“
Wilfrieds Augen begannen zu leuchten.
„Das kannst du doch immer noch!“ stieß er begeistert hervor.
„Weißt du was? Du bewirbst dich einfach für Medizin mit deinem Abiturzeugnis, brauchst ja keinem was zu sagen, bist ja jetzt volljährig. Du verlierst zwar ein Jahr, aber vielleicht können wir dadurch gemeinsam in Jena studieren. Die nötigen Zensuren hast du doch?“
„ Bisher alles Einsen. “ Christine errötete ein wenig.
„Das wäre mir auch am liebsten,“ fuhr sie fort. „ Ich weiß nur nicht, wie ich das hernach den Eltern beibringe. Irgendwann müssen sie es ja doch erfahren.“
„Du mußt deinen Weg selber bestimmen, auch gegen den Widerstand der Eltern, sonst wirst du nicht glücklich im Leben.“
Sie nickte unmerklich, ihr vielsagender Blick aber sprach Bände.
„Nach dem Abi kannst du eine Stelle im Krankenhaus als pflegerische Hilfskraft über zwei Jahre annehmen, statt wie üblich für eines, weil deine Bewerbung später erfolgte. Dann kannst du einen Platz im Schwesternwohnheim bekommen. Im Schichtdienst zu arbeiten und dabei jeden Tag die weite Strecke mit dem Bus zu fahren, ist ja nicht möglich.
Alle 4 bis 6 Wochen kann ich dich voraussichtlich besuchen kommen. Mit dem Geld, was du verdienst und mit dem Wehrsold, bei der Armee brauche ich ja fast kein Geld , kommen wir schon über die Runden. Meine Eltern sind ja auch noch da …“
Ein zorniges Funkeln war auf einmal in ihren Augen: „Hör´ bloß mit deinen Eltern auf …“
Wilfried schluckte. Das also war der Hauptgrund ihrer damaligen Ablehnung ihm gegenüber gewesen. Er hätte es sich denken können.
„Ich weiß, ich weiß,“ versuchte er die Wogen zu glätten. „Wir können auch nach meiner Entlassung von der Armee …“
„Was können wir?“
„Gemeinsam verreisen.“
„Klar, warum denn nicht?“
Wilfried fiel ein Stein vom Herzen. Um ein Haar wäre er wieder mit der Tür ins Haus gefallen und hätte „heiraten“ gesagt.
-
„Geliebtes Mädchen, mein bist du,
mußt´ dich viel zu lang entbehren;
weder Rast fand ich noch Ruh´,
Schicksal wollt´ mich ´s Warten lehren.“
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"Vorbei ist nun die böse Zeit
ohne dich, Geliebter mein!
Von Blendwerk hab´ ich mich befreit
und schlaf´ in deinen Armen ein.
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Zugesetzt hat man mir sehr,
mein Geist völlig verwirrte
und sah die Wahrheit nimmermehr,
vom Wege abgeirrt.
-
Mit dir das Glück trat in mein Haus,
kann schöpfen neuen Mut.
Die schlimmen Geister warfst du raus,
das Ende, das wird gut!“
-
„Gemeinsam woll´n wir streben
ins helle Sonnenlicht;
Hand in Hand durchs Leben.
Christin´, Christin´, freue dich!“
***
„Kann es kaum erwarten,
Dich wieder zu seh´n,
im Lichte der Laterne
wir dann wieder steh´n,
schon bald, meine Christin´,
wie einst, meine Christin´!“
***
Große Ereignisse werfen ihre Schatten bekanntlich voraus.
Zögernd, wie die Zukunft es stets zu tun pflegt, jegliche Ungeduld des Wartenden beharrlich ignorierend, kam sie herangezogen: Die Entlassung
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