Variante Krieg oder Der Untergang des DDR - Planeten (German Edition)
der Kompanie, Wilfried eingeschlossen.
Wilfried begriff nicht, weshalb nur dieses eine, im Vergleich zu den übrigen Mißhandlungen weniger drastische Ereignis Gegenstand der Untersuchung wurde, bis ihm allmählich dämmerte, daß dies das einzige Vorkommnis war, für das es einen Zeugen gab, welches somit als einziges gerichtsverwertbar wäre. Anscheinend war sich Eichholz seiner Sache zu sicher geworden, in Klein einen geeigneten Prügelknaben für seine Mißlaunen gefunden zu haben, daß er unvorsichtig geworden war.
Dem Protokoll nach hatte erst die Ehefrau des Soldaten Klein ihn ermuntern können, sich zu beschweren, was den Spieß zu der Feststellung veranlaßte, ein Schlappschwanz wie Klein wäre ohne starke Frau verloren.
Die Tatsache, daß Eichholz Mitglied der SED war, erwies sich bei der weiteren Handhabung des Falles als Fluch und Segen zugleich. Natürlich erwartete man von den Parteigenossen eine Vorbildwirkung, die im Falle Eichholz trotz Aufbietung aller dialektischen Interpretationskünste in der Sitzung der SED - Grundorganisation der TIBK nicht darstellbar war.
Andererseits aber eignete sich seine SED - Mitgliedschaft als hervorragender Bestrafungshebel: Es wurde im Verlauf des von Sellering in der gesamten Kompanie groß angekündigten „Parteiverfahrens“, an dem aber wie üblich nur die Parteigenossen teilnehmen durften, „dem Genossen Eichholz eine Rüge ausgesprochen“.
Damit sollte es zum Entsetzen Wilfrieds sein Bewenden haben. Weder wurde Eichholz zum Soldaten degradiert, was wenigstens finanzielle Einbußen von 30,- M an monatlichem Wehrsold zur Folge gehabt hätte, noch kam es zum angepeilten Gerichtsverfahren. Es wurde wegen Geringfügigkeit eingestellt.
Die Untersuchungen hatten auch die unerlaubten, aber, wie Wilfried glaubte, von den Vorgesetzten stillschweigend geduldeten EK - Spiele offiziell ans Licht gebracht, was den Spieß zu der Feststellung seiner Hochachtung gegenüber Wilfried veranlaßte, da dieser sich als Einziger nach übereinstimmender Aussage der Soldaten daran nicht beteiligt habe.
Wilfried war überrascht. Dergleichen hätte er vom Spieß nicht erwartet.
Sollte die Kluft zwischen der Kompanieführung und den Mannschaften wirklich so groß sein, daß man davon keine Kenntnis gehabt hätte?
Auf einmal mochte Wilfried den Spieß temporär.
Der Soldat Klein aber wurde versetzt, zu den Mot. - Schützen, wie Egon Blauw hämisch grinsend verkündete.
Wilfrieds Weltbild der NVA war wieder zurechtgerückt an die alte Stelle: Beschwerden bringen nichts als Beschwernisse!
Eichholz´ sadistische Neigungen indessen mußten sich andere Opfer zwecks Druckentlastung suchen. Als GUvD, möglicherweise mit Blauws Billigung, schnappte er sich Shetland, den er zwang, den Flur zu säubern, was sich über etwa 6 Stunden hinzog, denn bekanntermaßen nähern sich Reinigungsarbeiten nur in unendlich vielen Schritten dem Sauberkeitsgrenzwert an.
Shetland kommentierte Eichholz´ Schikanen in gewohnt poltriger Art mit der Aussage, sich die Stellen merken zu wollen, um dereinst die dann jüngeren Diensthalbjahre beim Revierreinigen malträtieren zu können: Sauberkeit müsse schließlich herrschen!
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13. Pleite
(Pleite ist man nicht dann, wenn man kein Geld mehr hat, sondern wenn einem niemand mehr etwas borgt.)
Schon seit einigen Monaten war die Sowjetunion ihren vertraglichen Vereinbarungen nicht mehr nachgekommen und hatte die Erdöllieferungen in die DDR drastisch gekürzt.
Die für die Erdölexporte erwirtschafteten Devisen wurden nach mehreren Mißernten für den Ankauf von Getreide benötigt.
In der Volkswirtschaft der DDR versuchte man verzweifelt, Erdöl einzusparen.
Auch das IBR-12 blieb von den Sparanstrengungen nicht verschont.
Jede noch so kleine Fahrt innerhalb der Standortgrenze bedurfte nun der Genehmigung durch den Kompaniechef, Transporte innerhalb des Objektes waren mit Fahrzeug gar nicht mehr gestattet, was zur Folge hatte, daß Wilfried die Säcke mit Bekleidung und Wäsche nun mit der Sackkarre zum B/A - Lager transportieren mußte.
Manchmal sprang ihm Shetland als zweiter Lastesel bei.
Bei ihren Gesprächen vermittelte Andreas Shetland Wilfried seine spezielle Sicht der Dinge, scharfsinnig, zynisch, polternd, was Wilfried in seinem geistigen Wolkenkuckucksheim oft arg ins Grübeln brachte.
Als Schreiber für die technische Ausrüstung war Shetland für die Fahrtenbücher zuständig.
Unerfüllbar waren mittlerweile die Forderungen nach dem
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