Variationen zu Emily
Selbstmörder übernehmen ... Angst ... ein Gefühl, das ich in den letzten Jahren nicht verspürt habe ... alles war einigermaßen sicher, wenn auch nicht schön ... aber auf Schönheit kann man verzichten, wenn man sich wenigstens um das Morgen keine Sorgen zu machen braucht ... die Kinder spielen immer noch ... scheinen es zu genießen, eine Weile ohne den strengen Vater zu leben ... aber sie werden ihn noch vermissen ... warum habe ich ihnen nicht die Wahrheit gesagt ... Papa ist für eine Weile verreist ... wohin? ... das weiß ich nicht ... aber er kommt doch wieder ... ja, ja ... sie werden es ja doch erfahren ... in der Schule wird man darüber reden ... zunächst nur im Kollegium ... doch mit der Zeit wird es durchsickern ... dann wird es schwer für sie ... ich sollte es machen wie er ... das klapprige Auto auftanken ... und auf und davon ... wenn das Ding überhaupt noch fährt ... wir haben es seit Monaten nicht benutzt ... sollte es mal ausprobieren ... heute abend vielleicht, wenn die Kinder schlafen ... ich will jetzt noch keine Hinweise geben ... dass das Leben in dieser Umgebung dem Ende zugeht ... ich werde nachher bei den Eltern anrufen ... den Schreckensnachrichten im Fernseher ein wenig Konkurrenz machen ... das Haus wäre ja groß genug ... aber wer verabschiedet sich schon gern von der Gewohnheit ... fünf Kinder sind keine geeignete Zutat für einen ruhigen Lebensabend ... der allerdings schon ziemlich lange dauert, dieser Abend ... andererseits hätten sie endlich wieder eine Aufgabe ... ob ich Tom anrufen soll ... ihn um Hilfe bitte ... schließlich sind zwei der Kinder von ihm ... sogar das Gesetz verlangt von ihm Unterstützung ... wäre gemein, sicher ... nach all den Jahren, die ich ihm die Kinder vorenthalten habe ... aber jetzt brauche ich jemanden, der mir die Last tragen hilft ... und wer, wenn nicht er ... wenn meine Eltern sich ein wenig um die Kinder kümmern, könnte ich sogar halbtags arbeiten ... in einer Kneipe oder einem Laden ... ich will ja gar nicht müßiggehen ... ich will alles tun ... damit wenigstens ihr Leben einen Anschein von Normalität erhält ... aber darüber hinaus will ich wieder von einem anderen Dasein träumen ... von einem Mann, der mich liebt ... ich habe noch Zeit ... ich bin doch erst dreiunddreißig ... sehe noch ganz gut aus ... vielleicht sollte ich heute mal den Typen fragen, der mich damals taxierte ... ha! ... er würde rennen, wenn er alles wüsste ... nein, Wilma, es müssen Entschlüsse gefasst werden ... Auto prüfen, Eltern anrufen, Tom anrufen, packen und weg ... und wenn ich die ganze Stadt aus ihrem Schlaf wecken muss ... ich brauche Hilfe ...
24. RULE BRITANNIA VIII
Hi. Lange nicht gesehen, was? Ich war beruflich viel unterwegs. Na, und w ie läufts bei dir? Was? Nichts Neues? Bei mir auch nicht. Oder nicht viel. Habe gerade einen Anruf aus der Vergangenheit erhalten. Wusstest du, dass ich Vergangenheit grundsätzlich mit negativen Gefühlen betrachte? Alles Vergangene ist scheiße. Oder fast. Das Gute findet in der Zukunft statt. Vielleicht. Hallo, Andrea.
Das Übliche. Mann, Mann. Entschuldige, ich bin ein wenig zerstreut. Prost! Rauch doch von meinen. Hast du schon mal so einen Anruf erhalten? Aus dem Grab, meine ich. Als ob deine längst verstorbene Großmutter dich antelefoniert, um zu fragen, ob du ihre Zeitung abbestellt hast. Nein, es war nicht meine Großmutter. Eine Bekannte aus früheren Zeiten. Aber ich soll ihren Kühlschrank füllen. Metaphorisch, versteht sich. Mann, und ich fliege bald aus meinem Job.
Na, was solls.
Was soll es denn werden? Komm, stell dich nicht so dumm. Das Kind von deiner Exfreundin. Junge oder Mädchen. Weißt du nicht. Na ja, Hauptsache gesund. Aber eine Entscheidung hast du noch nicht getroffen? Immer noch nicht? Hast du wenigstens das Geld für deine Skulptur mittlerweile erhalten? Eine Anzahlung, so. Du bist wirklich eine eigenartige Spezies. Verdammt, hätte sie nicht einfach verschwunden bleiben können? Ach, nichts. Ich denke nur laut. Müsste viel lauter sein, bei dem Pech, das mich in letzter Zeit verfolgt. Meine Freundin lässt mich wegen nichts sitzen, Gangster rauben mich aus, mein Job scheint mich auch nicht mehr allzu lange ernähren zu wollen, obwohl ich in Arbeit ertrinke. Klartext: Mein Chef will mich loswerden und macht es mir im Moment so schwer, dass ich irgendwann einfach scheitern muss. Und dann das.
Weißt du, dass ich zwei Kinder habe? Klar, hast die
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