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Variationen zu Emily

Variationen zu Emily

Titel: Variationen zu Emily Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Saarmann
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oder eine beleidigte Miene ... er plaudert dann eben mit dem Wirt, einem Tischnachbarn ... oder auch mit einem ansehnlichen Mädchen ... er ist so souverän ... ich nicht ... wenn er wieder mit einer angebandelt hat wie letztes Mal ... dann mache ich ihm eine Szene ... ich weiß ja, dass er es schwer hat mit mir ... aber mir ansehen zu müssen, wie er mit einem hübschen Weibchen flirtet ... was er auch gut beherrscht ... so fing es mit uns auch an ... dann komme ich mir so überflüssig vor ... als wäre ich nur ein Spiel und ein Zeitvertreib ... eine, die sehr leicht zu ersetzen ist ... dabei ist das gar nicht seine Absicht ... er ist einfach so ... keine Hemmungen gegenüber anderen Menschen ... keine Spur eines Minderwertigkeitsgefühls ... gewandt, gute Umgangsformen, eloquent ... darum ist er ja auch so erfolgreich ... ein Managertyp aus dem Bilderbuch ... hätte ich mir nie träumen lassen ... dass ich mal mit so einem ... na ja ... andererseits ist er auch nicht ganz der Märchenprinz ... hat zum Glück ein paar Macken ... wäre sonst nicht auszuhalten ... liebt Autos ... je unpraktischer das Ding ist, desto besser ... hat sich jetzt wieder so eine flache Sportkarosse gekauft ... bis man drin sitzt, hat man eine ganze Gymnastikstunde hinter sich ... kostet so viel, wie ich in drei Jahren verdiene ... und macht sich immerzu Gedanken ... wo er sie wäscht, wann die Inspektion fällig ist ... ob es ein Tuning-Kit gibt ... ein Terminus, den ich von ihm habe ... was gibt es bei dem Auto noch zu tunen ... wenn er Gas gibt, fällt der Magen hinten raus ... dann sein Schnarchen ... wie ein Wolf mit Grippe ... und so eitel ... trainiert viermal in der Woche im Fitnesscenter ... zeigt hinterher gern seine Muskeln ... warmer Stahl ... und die Sache mit seinen Zähnen ... es gibt anscheinend ein Verfahren, sie zu bleichen ... zu bleachen, sagt er .. muss mal wieder zum Zahnarzt, meine Zähne bleachen ... dabei gibt es da gar nichts zu entfärben ... hat so gute Zähne, dass ich meinen Mund immer geschlossen halte, wenn ich daran denke ... an meinen ist wirklich nichts auszusetzen ... alle in Reih und Glied ... von einer menschlichen Färbung ... aber seine sind wie aus der Retorte ... aus einem Labor, wo verrückte Wissenschaftler perfekte Zähne züchten ... wenn er älter wird, geht er mit Sicherheit zu einem Schönheitschirurgen ... liften, Fett absaugen, Nase verschlanken ... er spricht ja schon davon, sich wegen seines Schnarchens das oder die Gaumensegel operieren zu lassen ... lass dir Nase und Mund zunähen, habe ich ihm gesagt ... und atme durch die Haut ... das hat ihm nicht gefallen ... Spott macht ihn manchmal unsicher ... trotzdem immer wieder ein Erlebnis, der Mann ... Sex ist für ihn ein Sport, in dem er eine Medaille gewinnen möchte ... ich glaube, dass jede Frau ein Sparringspartner für ihn ist ... an dem er trainiert, um noch besser zu werden ... ein Zehnkämpfer, der nach der höchsten Wertung für Ausdauer, Technik und Ergebnis strebt ... eigentlich nicht mein Wunschpartner im Bett ... es fehlt das Entspannte, die Zärtlichkeit, das Kuscheln ... die ruhige Entfaltung der Erotik ... aber ich muss zugeben: bei ihm komme ich immer ...  ist schon aufregend ... diesen muskulösen, vor Anspannung steinharten und feuchtwarmen Körper zu spüren ... zu wissen, dass sich da jemand nur für mich abkämpft ... Mann, fahr doch ... die Ampel bleibt nicht ewig grün ... was ist hier los ... jeder Rentner und jedes Kind über vierzehn führt anscheinend sein Fahrzeug spazieren ... Valerio wird schon ungeduldig werden ... ich habe ihn an diese Zeit gewöhnt ... um fünf kommt Mami ... dann dreißig Minuten nette Freundin spielen ... hin und wieder eine unerwartete Frage zum Thema, um endlich weiterzukommen ... mein Chef macht mir schon Druck ... wie lange wollen Sie das Jungchen denn noch schonen, fragt er ... wenn es mir möglich wäre, noch sehr lange ... das sage ich ihm natürlich nicht ... argumentiere mit Psychologie ... dass die harte Schale langsam aufgeweicht werden muss ... dass das Leben in der Diaspora ein Zusammengehörigkeitsgefühl geschaffen hat ... die alte Leier von Zusammenhalten gegen die Feinde draußen ... und die Feinde sind wir ... Vertrauen schaffen ... und so weiter ... der arme Kerl hat so einen auf die Birne bekommen ... ein Wunder, dass er das überlebt hat ... auch so eine Seltsamkeit ... da läuft ein abgerissener Säufer herum ... trägt eine Aktentasche mit einem mindestens

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