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Variationen zu Emily

Variationen zu Emily

Titel: Variationen zu Emily Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Saarmann
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der Hand auf ihrer warmen, ruhig atmenden Brust schlief ich im Morgengrauen ein.
    Am nächsten Morgen sah ich sie in ihrer schimm ernden Wehr, und mir wurde bewusst, dass sie sie auch am Abend zuvor nicht abgelegt hatte. Für sie war es wohl immer noch ein Kampf – gegen sich selbst, gegen mich und gegen eine feindliche Welt. Sie machte in der Küche Frühstück. Ich lag ein wenig verkatert im Bett und lauschte den Geräuschen, die von unten heraufdrangen. Kaffeeduft, das Brutzeln von Eiern in einer Pfanne, frisch geröstetes Brot, das aus einem Toaster sprang. Als sie mich dann holen wollte, erhaschte ich sie und zog sie auf meinen Schoß. Ich küsste sie auf den Hals, auf die Wangen – und ließ sie dann bald wieder los. Etwas fehlte. Etwas hatte schon in der Nacht gefehlt: ein wichtiges Gewürz für eine optisch ganz ansprechende Speise. Ich kam nicht darauf.
    Wir frühstückten. Ihr alter Toaster entzündete das darin kokelnde Brot, weil die Automatik nicht mehr funktionierte. Es entstand ein niedliches Feuerchen, das sie mit Mineralwasser löschte, und ich ging bald darauf mit einem Gefühl der Verwirrung nach Hause. Während mir in der Folge ein unlösbares Rätsel im Kopf herumging, hatte s ie offenbar entschieden, dass mein Einstand gelungen war. Wir trafen uns regelmäßig in meiner Wohnung, gingen zusammen aus und wirkten sicher wie ein Paar.
    Komm, wir nehmen noch eins. Was, du nicht? Ein Wasser noch? Mann, ich verstehe dich wirklich nicht. Du bist doch allein – wen also soll deine Fahne und dein Schwanken stören? Ach was, du glaubst doch nicht im Ernst, dass sie um diese Uhrzeit noch auftaucht, um sich an deinem Geruch zu stören! Mann, Theiresias, du bist wirklich albern. Oder willst du plötzlich den Eremiten spielen? Sie hat doch offensichtlich ohnehin die Nase voll. Na ja, wie du willst. Andrea, ein Bier und ein Wasser, bitte. Zigarette? Ach so, ich vergaß. Hast du dir auch die Butter schon abgewöhnt, weil sie zufällig Veganerin geworden ist? Glaub mir, du machst da was falsch. Meinst du, sie findet dich besser, weil du sie in allem nachäffst?
    Das ist Schwachsinn. Sie wollen einen Mann, der weiß, was er will, und sich durchsetzen kann. Sei einfach du selbst, rauch, wenn es dir gefällt, richte bei deinen Bildhauereien eine Riesenschweinerei an, trink wie ein Faß und gebärde dich überhaupt wie Gargantua. Wer das ist? Oh, ein entfernter Bekannter aus dem Studium. Demütige dich nicht. Denn dann bist du in ihren Augen eine Null. Und davon wimmelt es auf den Straßen. Charakter, Rückgrat nannte man das mal, was du brauchst. Nur das zieht. Na, entschuldige, ich kann es einfach nicht sehen, wie ein eigenständiger Mensch sich einer Frau zuliebe so verbiegt. Du kannst damit einfach nur unglücklich werden – und für sie ist das auch nichts. Ernsthaft gesprochen: Lass ihr ihre Launen, aber wenn sie wieder anklopfen sollte, stelle ihr klare Bedingungen. Denk darüber nach, ich kenne mich wirklich ein bisschen aus.
    Ricarda trennte sich schließlich von dem Krawattenmann und mietete eine kleine Wohnung, die sich auch schnell mit dem Tand füllte, den viele Frauen für lebensnotwendig halten. Kitschige Aschenbecher aus Murano-Glas, Troddelkissen aus Bangladesh, gestickte Deckchen aus dem Kloster zur Heiligen Cosima und so weiter. Das war aber nicht das Problem. Das Problem war: Sie hatte mich zu ihrem Liebhaber erkoren, und seltsamerweise taugte ich bei ihr überhaupt nicht dazu. Wir trafen uns regelmäßig, tauschten uns aus, wobei ich immer noch ihre monotonen Vorträge über mich ergehen ließ, und gingen anschließend miteinander ins Bett. Ich sagte es schon: Sie war recht ansehnlich. Alles dran, was einen normalen Mann reizen könnte. Aber bei mir wollte sich einfach keine Erregung einstellen. Natürlich suchte ich den Fehler bei mir. Plötzlich impotent. Darüber hat man schon gelesen in den einschlägigen Blättern, die man widerwillig beim Arzt konsumiert. Mann kann nicht, ist echauffiert, schlägt feines Weibchen, das dann völlig verweint bei einem Schlagerstar landet, dort binnen Wochenfrist geschwängert wird und eine Millionenklage gegen den Versager einreicht. Gesprächsstoff für fünfzehn Sendungen im Privatfernsehen.
    Ich dagegen konnte nicht und gab mich demütig. Diese Haltung rief bei dieser Frau, die sonst gegenüber der gefährlichen Welt immer in der Defensive war, einen Rausch der Aggressivität hervor. Sie wurde mir gegenüber spitz und unangenehm – konnte sich mal

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