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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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Macht über die wilden Stämme anzueignen!«
    Lärmend machten die Männer ihrem Zorn Luft, und endlich spürte auch Vala die Kraft, die trotz aller Verluste und Entbehrungen in diesen Männern steckte und sie in eine tödliche Walze verwandeln würde, wenn sie erst losgelassen wären. Er spreizte die Finger, wechselte die Zügel von der Rechten in die Linke, tätschelte beruhigend den Hals seiner Rappstute, als diese unruhig zu tänzeln begann. Varus ließ sich Zeit, während das Geschrei anschwoll, bis er den Arm hob, worauf augenblicklich Stille einkehrte.
    »Drei Tage lang haben sie uns drangsaliert und den offenen Kampf gemieden«, sprach er, leiser, aber eindringlicher als zuvor. »Jetzt endlich stehen wir den Feinden zur Schlacht gegenüber. Feinden, die sich uns in den Weg stellen - welch törichtes Ansinnen, wenn die eigene Stärke nur in der Heimtücke liegt!«
    Vereinzeltes Gelächter ertönte, sogar Vala schmunzelte. Dies war tatsächlich ihr einziger Vorteil, aber vor ihnen lag keine offene Feldschlacht, sondern die Einnahme einer Befestigung.

    »Wenn ihr, die tapfersten unter den Soldaten des römischen Imperiums, gleich aufbrecht in diese Schlacht, dann kämpft ihr für eine gerechte Sache! Ihr werdet eure gefallenen Kameraden ebenso rächen wie die Schande der Gefangenschaft! Ihr werdet die Feinde gebührend bestrafen, damit ihr Übermut für alle Zeit gebrochen wird!«
    Seine Worte gingen beinahe unter in dem Getöse, als die ersten ihre Schwerter zückten und damit auf den Schilden trommelten.
    »Wir werden sie schlagen!«, brüllte Varus den Männern zu, die kaum noch zu halten waren. »Wir werden sie vernichten und die Fliehenden in die Finsternis ihrer Wälder und Schluchten hetzen, wo sie zitternd ihre Strafe erwarten werden oder zurückkehren in die Löcher, die sie Heim nennen.«
    Stimmen und Waffengeklapper brandeten auf zu ohrenbetäubendem Lärm, gingen über in einen Takt aus abgehackten Rufen, unterlegt vom Krachen, das jeder Schlag der Schwerter auf die Schilde machte. Ein Horn gellte über sie hinweg, ein zweites antwortete, und die Plänkler eilten zu beiden Seiten davon. Prompt kam Leben in den Wald oberhalb des Walls, Männer erschienen hinter der Palisade, kindische Spottlieder schollen herüber, Flüche und Gelächter. Spieße reihten sich dort wie Borsten auf dem Rücken eines Keilers. Varus drehte sich auf dem Rücken seines Schimmels um und nickte Vala knapp zu.
    »Die Himmlischen mögen euch beistehen!«, rief er zum Abschied, ehe er das Pferd wendete und an der Kampflinie entlangkantern ließ. Winkend erwiderte er die Zurufe der Soldaten, während die Stabsoffiziere ihm im scharfen Trab zur rechten Flanke der Schlachtreihe folgten. Lagerpraefect Ceionius war abgesprungen und ging auf den Adler der Achtzehnten
Legion zu, deren Primipilus er vertrat. Vala wandte sich zur anderen Seite, wo die verbliebene Reiterei hinter der Kampflinie versammelt war. Den Feind umgehen, ihm in den Rücken fallen, das war ihre Aufgabe.
    Er fand die Reiter an der linken Flanke, sie warteten wie befohlen auf einer Linie mit dem zweiten Treffen. Die Männer schwätzten etwas zu munter und verstummten, als Vala die Hand zum Gruß hob. Sie waren wenige, kaum mehr als dreihundert Mann, eine bunt gemischte Truppe, zusammengezogen aus den Überresten einer gallischen Ala und der Legionsreiterei. Sie hatten keine Zeit gehabt, die Männer einander vertraut zu machen, sodass er klare Befehle geben musste, damit überhaupt Aussicht bestand, dass sie ihre Aufgabe erfüllten.
    Eine Tuba gellte über die Soldaten hinweg, andere Bläser fielen in das Angriffssignal ein. Wie ein Mann machten die Soldaten einen Schritt, hoben die Schilde vor sich, lehnten die Speere an ihre Schultern, setzten sich in Marsch. Während das Signal zum Angriff unter dem Getöse erstickte, verharrte Vala mit erhobener Hand an der Spitze der Reiter. Unter ihm tänzelte die Rappstute, schnaubte und gab zitternde Laute von sich, die vom Dröhnen und Rasseln der vorwärtsmarschierenden Soldaten und ihren Stimmen fast übertönt wurden. Beruhigend schloss Vala die Schenkel um die Flanken des Pferdes und zählte die Schritte der Legionäre. Zwanzig, dann erklang ein weiteres Signal, die erste Reihe rannte geschlossen los, blieb stehen, schleuderte die Pilen auf den Feind hinter dem Wall, kauerte sich hin, weil die zweite Reihe Anlauf für eine Salve machte. Dann die dritte. Die vierte. Hinter dem Wall ertönten Schreie. Die Offiziere

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