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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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die johlend die Köpfe über der Palisade schwenkten. Ich war, was du bist. Ich bin, was du sein wirst. Sie machten ihre Drohung wahr. Sie würden alle töten.
    Er riss sich aus der Erstarrung, befahl die Männer zurück, immer wieder, bis der Befehl den Bläser erreichte, der daraufhin ins Horn stieß. Geordneter Rückzug auf eine sichere Position, das würde die Männer beruhigen. Sie mussten einen neuen Angriff wagen.
    Doch überall wogte die Menschenmenge. Wieder stießen Trupps aus den Durchbrüchen hervor, und diesmal endete der Strom nicht, immer mehr Männer quollen hervor, zu Fuß und zu Pferd. Sie überrannten die weichenden Soldaten, die sich umdrehten, flohen. Ceionius rief einzelne, die er erkannte, beim Namen, doch als die ersten die Schilde fallen ließen, als sie auf ihn zu hasteten mit angstgeweiteten Augen, erkannte er, dass kein Halten mehr war.
    Er schaute sich um, sah am rechten Flügel ein Gewühl
von Reitern, die eigenen Stabsoffiziere und deren Leibwachen, die Praetorianer, umringt von Barbaren. Vom Statthalter waren keine Befehle zu erwarten, die Ordnung hätten bringen können. Auf dem ganzen Feld wimmelten Legionäre und Feinde, bewegten sich auf die notdürftige Befestigung zu. Ceionius suchte andere Offiziere, entdeckte Eggius, der mit einem versprengten Trupp inmitten des Durcheinanders den geordneten Rückzug angetreten hatte. Die Schilde vor sich haltend, schritten sie dicht gedrängt rückwärts, erwehrten sich der Angreifer, die ihnen zahlenmäßig weit überlegen waren. Die Barbaren stießen ihre langen Lanzen nach ihnen, suchten Lücken zwischen den Schilden.
    Ein Ruf lenkte Ceionius ab. Wie auf Befehl brachten zwei seiner Leibwächter ihm ein Pferd, einer half ihm aufzuspringen. Mitten unter den Fliehenden ritten sie in Richtung der Moore, Haken schlagend, um den feindlichen Reitern zu entkommen. Ein Blick zurück zeigte ihm die aussichtslose Lage, in der Eggius und alle, die mit ihm waren, sich befanden. Von Feinden umzingelt, war der Panzer der Schilde aufgebrochen worden, die Männer verzettelten sich in Gefechte. Eggius’ hellroter Helmbusch blitzte immer wieder zwischen den Reitern auf. Ceionius durfte nicht eingreifen, musste retten, was zu retten war. Schweiß brach ihm aus, als er den Kollegen zu Boden sinken sah, bis zum Ende ein Mann von Ehre.
    Ceionius riss das Pferd herum und trieb es vorwärts. Tausende waren in Gefahr, irgendwie musste es gelingen, den heimtückischen Plan der Barbaren zu vereiteln, musste verhindert werden, dass die Falle zuschnappte und sie alle verschlang.

    Dunkelheit senkte sich über den Wald, und zwischen den Bäumen stand der Nebel in dicken Schwaden. Die Krieger, von denen Caldus gefesselt und hierhergebracht worden war, hatten ihm den Mantel weggenommen, sich dabei lautstark um die vergoldete Fibel gestritten, dann Panzer, Helm, Gürtel mit Schwert und schließlich die Beinschienen an sich gerissen. Ketten hatte man ihm angelegt wie einem Sklaven im Steinbruch, und ihn hierhergezerrt, ihn wie ein Tier an einen Baum gebunden. Caldus hatte den Kopf in den Nacken gelegt und in das Astwerk hinaufgeblickt, dann war er am Stamm heruntergerutscht, bis er auf dem nassen Boden saß. Für ihn war der Kampf vorüber. Fürs Erste.
    Mit angezogenen Beinen kauerte er an dem Baum, die aneinandergeketteten Handgelenke auf den Knien, den Blick auf den Boden gerichtet; er betrachtete das halb verrottete Laub, braune, eingerollte Blätter, glänzend vor Nässe. Irgendwie stünde er die Gefangenschaft schon durch, bis sein Vater das Lösegeld aufgebracht hätte. Viel stärker beunruhigte ihn die Frage, ob es ihm gelungen war, Annius zu retten. Offiziere wollten die Barbaren lebend - einen Soldaten hätten sie kalt lächelnd erschlagen.
    Caldus grinste matt bei der Erinnerung daran, wie Annius’ Pferd nach dem Schlag davongesprungen war. Die Barbaren waren so versessen darauf gewesen, einen hohen Offizier gefangen zu nehmen, dass sie den Soldaten nicht einmal verfolgten, sondern ihn auf dem durchgehenden Pferd seinem Schicksal überließen. Stattdessen machten sie den zweiten Bläser nieder, raubten dessen Helm samt Wolfsfell, Waffen, Hörner und Pferde. Das alles war so schnell gegangen, dass Caldus geglaubt hatte, sich noch wehren zu können, als sie ihn schon umzingelt und ihre Pferde angetrieben hatten. Hinter dem nächsten Hügel waren sie auf andere Krieger getroffen,
hatten grimmige Scherze ausgetauscht, die Caldus nicht verstand. Aber dass sie mit

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