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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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werden wir uns die verbliebenen Offiziere holen, vor allem den edelsten Preis, den Heerführer und Statthalter Varus. Dann kann das Fest beginnen.« Arminius klatschte kurz in die Hände. »Diese Männer«, er nickte in Richtung des Zelteingangs, wo zwei Krieger mit verschränkten Armen erschienen waren, »werden dich zum Hain begleiten. Du kannst dich selbstverständlich noch waschen, wenn dir danach ist.«
    Einen Atemzug lang rang Caldus nach Fassung, dann trat er zwei Schritte auf Arminius zu, bis die Wächter ihn packten und festhielten.
    »Ein … Menschenopfer?«, rief Caldus, wand sich und sträubte sich gegen die beiden, doch er konnte nichts ausrichten. »Du glaubst, wir werden uns willenlos zur Schlachtbank führen lassen wie Tiere?«
    »Tiere wehren sich durchaus, aber es hilft ihnen nichts«, entgegnete Arminius kalt, während die Männer Caldus hinauszerrten.

XII
    Das anschwellende Donnern machte Annius hellhörig. Er warf einen raschen Blick auf den Gefangenen, der ebenfalls aufgeschreckt war und mit geweiteten Augen lauschte. Signale, die zum geordneten Rückzug riefen, schollen über den Wall, übertönten den fernen Kampflärm, der jetzt mehr an eine durchgegangene Pferdeherde erinnerte als an ein marschierendes Heer. Mit Herzklopfen humpelte Annius zum Zelteingang, schob die Plane zur Seite. Er sah das Tor am anderen Ende der Hauptstraße, sah die wenigen Wachen auf dem Wall wie Ameisen umherlaufen. Wolken dunkelten im nachlassenden Abendlicht, und die Luft schien zu zittern unter dem Getöse, das sich unaufhaltsam näher wälzte.
    Wie Schlammflut durch einen gebrochenen Damm quollen Soldaten durch das Tor, rannten die Hauptstraße des Lagers herauf, schwärmten ziellos aus. Im Lager wurden sie langsamer, drehten die Köpfe hierhin und dorthin, irrten herum. Die meisten hatten ihre Schilde verloren, viele hielten das Schwert blank in der Hand. Manche fanden Kameraden, fielen einander in die Arme, liefen gemeinsam weiter.
    Was Annius sah, war ein geschlagenes, fliehendes Heer, versprengte Soldaten, die Schlupfwinkel suchten, führerlos. Ein Zittern durchlief ihn angesichts der Erkenntnis, dass diese notdürftigen Wälle ohne Palisade, ohne geordnete Wachen
keinen ausreichenden Schutz mehr bieten würden vor den Barbaren, die siegestrunken ihren Raubzug angetreten hatten, wie an dem Jubel zu hören war, der über den Wall scholl. Ein Fluch ertönte hinter ihm, dass er sich umdrehte. Der junge Gefangene zerrte an seinen Ketten, trat dagegen in dem sinnlosen Versuch, sich zu befreien. Die Augen hatte er weit aufgerissen, hell flackerte darin die Angst, hilflos dem Zorn der Unterlegenen ausgeliefert zu sein.
    Annius nagte an der Unterlippe, ballte die Faust um die lederne Plane und zwang sich hinauszublicken. Die ersten Männer erreichten ihn, auch in ihren Augen leuchtete Angst, gemischt mit Zorn. Reiter preschten ins Lager, zügelten ihre Pferde vor dem Zelt. Mancher konnte sich kaum noch im Sattel halten. Einige Praetorianer mit schmutzigen, blutbefleckten Rüstungen und Waffenröcken sprangen als Erste zu Boden, umringten den großen Schimmel des Statthalters, den Annius beinahe nicht erkannte hätte, da Varus in sich zusammengesunken über dem Hals des schweißdunklen, keuchenden Pferdes hing, dem graue Schaumflocken vom Maul troffen. Behutsam halfen sie dem Statthalter herunter, zwei legten sich seine Arme über die Schultern und zogen ihn mehr, als dass sie ihn führten. Annius hielt den Zelteingang auf. Er hörte Varus’ leises Ächzen, bemerkte die Blutstropfen und die schmierigen Fußstapfen, die der Statthalter hinterließ, beide Beine waren von bräunlich roten Schlieren überzogen.
    Drinnen setzten sie ihn auf die Kline, weitere Stabsoffiziere betraten das Zelt, viele von ihnen zogen ein Bein nach, trugen Wunden und dunkle Male an den Armen. Ein Schwarm Gefreiter eilte im Gefolge des obersten Medicus herein, auch Varus’ Leibsklave erschien mit verkniffener Miene und verschränkten Armen, hielt sich jedoch im Hintergrund.

    »Es ist gut, es ist gut!«, ließ sich Varus dumpf, aber gebieterisch vernehmen.
    Einer der Männer hatte ihm den Helm abgenommen, zwei Praetorianer halfen ihm aus dem Brustpanzer und entfernten die Beinscheinen, ehe der Stabsmedicus zu ihm trat; Varus’ Leibarzt war seit dem Überfall auf den Tross verschollen. Der Medicus unterzog den Statthalter einer eingehenden Untersuchung, während die übrigen Offiziere sich ihrer Rüstungen entledigten.
    »Ich weiß, dass

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