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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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Mann niederen Standes.
    »Es schadet nichts, wachsam zu sein, auch wenn Argwohn trügen kann«, sagte Annius.
    Caldus fing seinen Blick auf, einen ruhigen, zustimmenden Blick, und nickte langsam. Schweigend saßen sie nebeneinander, nippten an ihren Bechern, schauten über die schwarzen Schattenrisse der Zeltreihen und Gebäude, des Mauerkranzes und der Türme; lauschten den Schritten der Wachmannschaften auf dem Wall, dem Klappern der Schwertgehänge, den Stimmen, die einander die Losungen zuriefen. Sie leerten einen zweiten Becher, einen dritten, und Caldus bemerkte, wie ihm auf sehr angenehme Weise die Augen schwer wurden. Der vorbereitete Wein war ohnehin versiegt.
    Als er sich erhob, verschwamm alles vor seinen Augen, und er musste einen Schritt tun, um nicht umzufallen. Der Gefreite packte seinen Arm und hielt ihn fest, bis er abwinkte.
    »Ich gehe jetzt in mein Quartier«, murmelte er, »sonst komme ich morgen nicht aus dem Bett.«
    »Du wirst keine Kopfschmerzen haben - nicht von diesem Wein«, sagte Annius.

    »Ich danke dir, Titus Annius.«
    Annius nickte nur und machte sich daran, seine Sachen zusammenzupacken. Caldus verspürte das Bedürfnis, ihm auf die Schulter zu klopfen. Er hatte einen Freund gebraucht und für kurze Zeit einen gefunden, einen Mann, der einige Jahre älter war als er, aber einige Ränge geringer, der von niederer Abkunft war, aber ihm Kampferfahrung voraushatte.
    »Wenn du Hilfe brauchst, dann wende dich an mich«, sagte Caldus rau.
    Diesmal antwortete der Gefreite nur mit einem Blinzeln, schulterte die Tasche und ergriff den Stab der Laterne. »Soll ich dich begleiten?«
    »Nicht nötig. Du hast einiges zu tragen.« Caldus ging ein paar Schritte, blieb dann nochmals stehen, hob die Hand zum Gruß und setzte seinen Weg fort.
     
    In seiner Schlafkammer fand er eine Schüssel mit Wasser, in die er beide Hände tauchte, um sich das erfrischende Nass ins Gesicht zu spritzen. Er schlüpfte aus Tunica, Hemd und Schurz und wusch sich den Schweiß vom Leib, löschte die wenigen Lampen am Kandelaber und kletterte ins Bett. Die Laken kühlten angenehm, und die beruhigende Wirkung des Weins tat ein Übriges. Er war voller Dankbarkeit für den Gefreiten, der mit ihm den Abend verbracht hatte. Mit einem Mal wurde ihm klar, dass dieser Mann ihm einen Schatz geopfert hatte, denn auch wenn sein Vater ein Weinhändler war, der offenbar einige hervorragende Tropfen lagerte, war die freundliche Gabe keine Selbstverständlichkeit. Gemeinsam schweigend dazusitzen hatte ihm Ruhe geschenkt, ihm auch seine Würde wiedergegeben. Eigentlich war er diesem Titus Annius nun etwas schuldig.
    Caldus rollte sich auf den Bauch, blies die Luft aus den
Lungen und schloss die Augen, freundlich umfangen von der Dunkelheit des Schlafes.

    Nachdenklich drehte und wendete Marcus Caelius die Brieftafeln in den Händen und achtete kaum auf das feine Rauschen des Regens auf dem Schutzdach, das am Rand des Übungsplatzes errichtet worden war. Der Vorschlag seines Bruders kam unerwartet. Publius berichtete über das Landgut bei Luceria, dass die ersten Vorbereitungen für den Beginn der frühen Olivenernte getroffen worden seien und die Trauben sich bereits golden färbten. Außerdem habe er mit dem alten Nachbarn gesprochen, dessen Sohn im Frühjahr gestorben sei, ohne einen Erben zu hinterlassen. Der Greis und die Witwe seien einverstanden, dem neuen zukünftigen Besitzer des Gutes das schmucke, kleine Anwesen mit seinen angrenzenden Weingärten und Olivenhainen zu überlassen, wenn Caelius dem alten Besitzer Wohnrecht und Versorgung bis ans Lebensende gewähre und die Witwe heirate. An diesen Vorschlag hatte sich eine wortreiche, schmeichelhafte Beschreibung der jungen Frau und des Nachbargutes angeschlossen.
    Unschlüssig, was er von diesem Vorschlag halten sollte, rieb sich Caelius den schmerzenden Nacken und ließ seinen Blick über den Platz schweifen, auf dem die Züge seiner Centuria mit denen zweier anderen ihre Übungen ableisteten. Aus der Ferne, unterlegt vom Stampfen der genagelten Sohlen im Lehm, hörte er die Befehle, die er schon am Klang erkannte. Fast erschrak er, als sein Optio Opimius unter das Schutzdach trat, grüßte und den Umhang ausklopfte, dass die Tropfen wild umherflogen.
    »Lässt der Regen nach?«, fragte Caelius zerstreut.

    »Allmählich.« Opimius nickte. »Die Männer sind wenig angetan davon, in der Nässe zu exerzieren, aber wir müssen sie ja auf den tagelangen Marsch vorbereiten. Ich

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