Varus - Historischer Roman
den Weinstock, Abzeichen seines Ranges als Centurio, gegen seine Wade pendeln, während er den Tribun, der seit dem frühen Morgen die Verladung der schweren Lasten für den Tross überwachte, mit leidig beobachtete. Trossdienst war eine tiefe Demütigung für einen jungen Offizier aus noblem Geschlecht, der sich eigentlich mit Verhandlungsgeschick, kleinen taktischen Operationen und Führungsaufgaben hervortun sollte. Caelius fragte sich, was Caldus angestellt haben mochte, dass er einen solchen Zorn auf sich gezogen hatte. Gerüchten traute er aus langjähriger Erfahrung nicht, und Caldus erschien ihm gutartig, anstellig, er trotzte nicht und führte keine gehässigen Reden im Munde. Und dennoch hegte Legat Vala, den Caelius schätzte, einen unübersehbaren Groll gegen diesen Tribun.
Jetzt war er zum wiederholten Mal auf seinem Braunen hergeritten, hatte überflüssige Fragen gestellt und einen wachsamen Blick auf den Tribun geworfen, der mit Tafeln und Griffel umherging und Buch führte. Caelius las aus der Miene des Legaten Häme, als dieser sein Pferd wendete und durch die Lagergasse, die sich allmählich wieder in eine niedergetrampelte Wiese verwandelte, davonritt. Soldaten packten das Notwendige auf die Tragstangen, während
Trossknechte die ledernen Zeltplanen aufrollten, die Stangen zusammenschnürten und auf Karren und Tragtiere verluden. Der Tribun stopfte das Schreibzeug in eine seiner Satteltaschen, nahm seinen zierlichen Goldfuchs am Zügel und näherte sich Caelius.
»Ich werde mich dem Tross anschließen«, sagte Caldus, dem noch immer nicht anzumerken war, wie er diese Erniedrigung nahm. Caelius brummte eine Bestätigung und wollte ihn in Ruhe ziehen lassen. Doch der junge Mann blieb stehen und nestelte an den Zügeln des Pferdes. »Marcus Caelius … das ist ungewohnt für mich. Was genau habe ich zu tun?«
»Die Augen offenzuhalten.« Caelius setzte ein aufmunterndes Grinsen auf und verkniff sich jedes weitere Wort. Der Junge war weggeschickt worden, weg vom Stab, der ehrenvollen Umgebung des Statthalters, weg von der kämpfenden Truppe zu den Knechten und Maultieren, den Weibern und Kindern. Dorthin, wo man sich beim besten Willen keine Ehre machen konnte.
Caldus’ Miene verriet, dass er sich darüber im Klaren war, aber auf eine andere Antwort gehofft hatte. Er griff nach den Sattelhörnchen und sprang auf sein Pferd, das den Kopf hochwarf und einen dunklen, zitternden Laut von sich gab.
»Du weißt, wo du mich findest«, murmelte er, ehe er dem Goldfuchs die Sporen in die Flanken drückte, dass dieser sich in Bewegung setzte. Langsam wandte Caelius sich seinen Männern zu, die nun fast vollzählig aufgestellt waren.
»Warte, Centurio!«
Der Tribun war abgesprungen und kam auf Caelius zu. Sein Pferd hatte er sich selbst überlassen, wie er es gewohnt war, aber weil kein Pferdebursche die Zügel nahm, schlenderte es nach kurzem Verweilen einige Schritte beiseite und tauchte die Nase ins Gras.
»Wurde dir mitgeteilt, warum ich den Befehl erhielt, mich um den Tross zu kümmern?«
Caelius war es gewohnt, Vorgesetzten gegenüber niemals zu zeigen, was er dachte, obwohl es ihm schwerfiel, jetzt, da dieser Tribun mit ihm reden wollte, während er sich doch mit seiner Centuria in Marsch setzen musste, damit die Ordnung nicht ins Stocken geriet. Nur widerwillig wandte er sich dem Tribun zu und blickte in dessen verfinstertes Gesicht.
»Hast du von den Vorwürfen erfahren, die Segestes gegen Arminius und andere erhob?«, fragte Caldus.
»Ich habe davon gehört«, erwiderte Caelius vorsichtig.
»Er benannte damals einen Zeugen namens Secutus.«
Caelius machte einen halben Schritt rückwärts. »Das zu beurteilen, gehört nicht zu meinen Befugnissen.«
»Ich mache mir Sorgen, Marcus Caelius. Ich habe erfahren, dass ein Mann dieses Namens damals vermisst gemeldet worden war. Er hatte zu Arminius’ Ala gehört. Ich habe auch erfahren -«
»Tribun, ich bin nicht …« Ergeben verstummte Caelius unter dem aufflammenden Blick des jungen Mannes, der sich im Bewusstsein seiner Stellung und seiner hohen Abkunft vor ihm aufbaute.
»Ich habe auch erfahren, dass zu dieser Zeit ein Soldat getötet wurde, der von seinen Mördern ein Verräter genannt wurde, weil er sich mit Segestes abgegeben habe.«
Argwöhnisch musterte Caelius den Tribun, der ihn seinerseits fest anblickte.
»Die Alen von Arminius und Segimerus haben den Heereszug verlassen«, fuhr Caldus fort. »Ihr Befehl lautet, die auf die
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