Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
Vom Netzwerk:
befestigten Dörfer verteilten Einheiten zu sammeln und in den Rücken des Feindes zu führen. Doch was geschähe,
wenn sie sich stattdessen an einem geeigneten Ort für einen Hinterhalt mit den Aufständischen träfen, um unseren Heereszug zu überfallen?«
    Caelius fröstelte bei dem Gedanken an brüllende Scharen, die aus den Wäldern brachen und sich todesverachtend auf marschierende Legionäre stürzten. Rasch schüttelte er die Bilder ab. »Was soll schon passieren?«, entgegnete er. »Unsere Vorhut wird rechtzeitig Meldung machen. Die Männer werden binnen einer Stunde geschanzt haben und den Feind abwehren. Was können zwei Alen und ein paar wilde Horden gegen drei Legionen und mehr als zehn Hilfseinheiten ausrichten? Nicht viel.«
    »Wenn sie gezielt den hinteren Tross angreifen, können Geschütze in ihre Hände fallen. Und wenn sie von vorn kommen … Was, wenn sie die Soldkasse rauben? Wenn der Statthalter selbst in Gefangenschaft gerät?«
    »Das ist nicht so einfach, wie du fürchtest. Wir haben eine wachsame Vorhut, Kundschafter begleiten den Heereszug auf beiden Seiten und berittene Truppen geben Flankenschutz. Es wäre schierer Wahnsinn, uns anzugreifen. Selbst aus dem Hinterhalt, wie die Barbaren das ja immer machen.«
    Er grinste den Tribun an, dessen Miene sich nicht aufhellte. »Ich werde meinen Männern sagen, dass sie die Augen offen halten sollen. Und … ich werde die Primipili der beiden anderen Legionen benachrichtigen. Keine Sorge, Tribun! Ich weiß, wie ich das ausdrücke, ohne dass jemand beim Stab nachfragt.«

    Caldus war abgestiegen und ging zwischen den rumpelnden Wagen neben seinem Goldfuchs her, denn das Reiten war
ihm längst unangenehm geworden. Dass Trossknechte und Sklaven, Weiber und Kinder ihn beäugten, spürte er wie feine Stacheln im Nacken. Er war hierher verbannt, das konnte niemandem entgangen sein. Was hätte ein junger Mann, den seine Kleidung als hohen Offizier aus senatorischer Familie auswies, im Tross zu suchen gehabt? Verächtlich schnaufte er durch die Nase und klopfte mit dem Stecken, den er am Straßenrand aufgelesen hatte, immer wieder die Lehmbatzen von den Stiefelsohlen.
    Der Primipilus hatte recht. Caldus ließ den Stecken pfeifend durch die Luft sausen. Wahrscheinlich saß er ohnehin Hirngespinsten und leeren Verdächtigungen auf, Intrigen, die die Barbaren gegeneinander spannen. Und selbst wenn es anders sein sollte, könnten sie nicht viel ausrichten gegen diesen hochgerüsteten, waffenstarrenden Heereswurm, der sich über das Land schlängelte, im Rücken die Einheiten, die überall verstreut postiert waren. Schlimmstenfalls würden sie mit nadelstichartigen Angriffen aus dem Hinterhalt für Unruhe unter Vorhut und Kundschaftern sorgen, vielleicht ein paar Vorstöße zum Haupttross wagen, um Geschütze zu erbeuten. Aber ihre einzige Rettung läge darin, sich in den Wäldern zu verstecken und dort zu überwintern, wahrscheinlich ohne Vorräte.
    Caldus schalt sich einen Narren, erst recht, als er stolperte und mit Händen und Knien im Schlamm landete. Er verbiss sich den Fluch, führte sein Pferd zum Wegrand und zupfte ein Tuch aus der Satteltasche, um sich zu säubern. Karren rollten vorüber, hoch beladen mit eingerollten Zeltplanen und Stangen, Säcken und Kisten. Mehrere Male hatte er sich die Frage gestellt, wie lange diese Verbannung wohl andauern würde, die Vala als Lehrstunde bezeichnet hatte, und auch diesmal missfielen ihm die unsicheren Aussichten.

    Der Goldfuchs schnaubte und scharrte mit dem Vorderhuf. Es gab ohnehin nichts zu tun, deshalb griff er nach den Sattelhörnchen und schwang sich auf den Rücken des Tieres. Obwohl es schmerzhaft in den Leisten zog, als er die Zügel aufnahm, lenkte er das Pferd vom Damm hinunter auf das Feld.
    Die Hufe warfen getrockneten Lehm auf, während der Goldfuchs im scharfen Trab auf den Waldrand zuhielt, wo Caldus ihm den Kopf freigab. Ungestüm galoppierte der Hengst dahin, die Ohren gespitzt, dehnte sich in weiten Sätzen, schnaubte freudig. Wie eine Fahne flatterte seine lange Mähne, und die Hufe trommelten fast paarweise auf den Boden. Alopex, der Stolz der Herden seines Vaters.
    Caldus genoss den kühlen Wind, der ihm durchs Haar und über die Wangen strich, der die Tunica blähte und den Umhang wehen ließ. Sein Blick wanderte über die Hügel jenseits des Heereszuges, über das dunkle Grün der Wälder unter dem von dünnen Wolken verhangenen Himmel. Er überholte Reiterzüge des Flankenschutzes,

Weitere Kostenlose Bücher