Varus - Historischer Roman
angespannt lauschte. Gellend antworteten Stimmen mit einem anderen Wort, das mit dem Zischen einer Schlange begann. Und endete.
Vala erstarrte. Die Worte des Boten kamen ihm in den Sinn, Arminius und Segimerus seien ihnen voraus und würden den Feind heute erreichen. Er fuhr herum, starrte in die angespannten Gesichter der Praetorianer.
»Hört ihr das?« Seine Stimme zitterte. »Hört ihr, was sie schreien?«
Die Soldaten schüttelten die Köpfe.
»Das sind Namen!«, bellte Vala. »Die Namen ihrer Anführer!«
Sie lauschten dem wieder anschwellenden Brüllen, und Vala konnte sehen, wie sie nacheinander erbleichten. Segimerus. Arminius. Wenn auch nach Barbarenart ausgesprochen, konnte kein Zweifel bestehen.
»Ich werde im Tartarus schmachten für meine Dummheit! Wagt es ja nicht, mich aufzuhalten!«
Vala riss den Schild aus der Halterung, rammte die Fersen in den Bauch der Stute, dass sie mit einem spitzen Wiehern lospreschte. Er verlagerte sein Gewicht auf ihre Hinterhand und beugte sich vor, um die Zügel schießen zu lassen. Wickelte die Enden der Riemen um seine Hände, um das Tier mit einem einzigen scharfen Zug anhalten oder wenden zu können. Die Stute machte ihrem Namen Ehre, als sie wie ein Pfeil auf den Lärm zuhielt. Ringsumher spritzte Lehm auf, während Vala und seine Leibwächter sich dem lauter werdenden Kampflärm näherten, dem Stampfen Tausender genagelter Sohlen. Es klang, als wäre eine Viehherde durchgegangen. Waffenklirren spitzte heraus, Schreie. Hinter ihm donnerten acht gallische Turmen aus der Vorhut heran, und ehe er sich versah, war er umringt von Reitern, die ihre kurzen Speere wurfbereit in den Händen schwangen.
Der Weg beschrieb einen leichten Bogen, hinter dem eine wimmelnde Menschenmenge auftauchte. Vom Hügel zischten Pfeile herab, jetzt nahmen die Angreifer die Soldaten unter direkten Beschuss. Irgendwo inmitten dieses Gewühls befand sich der Statthalter. Vala zog das Schwert aus der Scheide und stieß die blitzende Klinge in die Luft. Hörner gellten auf, eine Salve von Wurfspießen sauste über ihn hinweg. Vor ihnen wichen Soldaten zur Straßenmitte zurück,
bildeten eine Schildwand. Vala sah den Schrecken in ihren Augen, als er gemeinsam mit den anderen Reitern auf den Feind prallte.
Er stieß mit der Klinge nach Gesichtern, Schultern, Armen, die er in den Lücken zwischen den Rundschilden erblickte. Die Reiter schoben die Barbaren vor sich her, ihre Pferde keilten nach ihnen aus, Verletzte schrien, knackend brachen Knochen. Neben ihm mähte ein Gallier mit seinem langen Schwert einem Mann den unbehelmten Kopf vom Rumpf. Die Gegner wehrten sich mit Keulen und Spießen, dann drängten Krieger mit schwerer Rüstung und Langschwertern nach vorn, einige mit Lanzen, die sie gegen die Pferde richteten.
Eines der gallischen Pferde stieg und sackte durchbohrt zusammen. Der Reiter schleuderte im Abspringen seinen Wurfspieß auf den triumphierend brüllenden Barbaren.
Endlich brach die feindliche Schildmauer, die Reiter trieben einen Keil in die Menge, zerhackten die Schilde aus Stroh und Leder, trieben die Krieger auseinander. Vala bemühte sich, den Überblick zu bewahren, suchte die Aufmerksamkeit der anderen Reiter, um sie durch Gesten mit dem Schwert zu lenken.
Mit einem Mal wichen die Barbaren unter Befehlsgebrüll auseinander, löste sich die Menschenmenge vor ihnen auf, teilte sich in zwei Gruppen, die zu beiden Seiten weitgehend geordnet vom Weg abrückten. Vala hieß die nachdrängenden Reiter anhalten, in breiter Kampflinie tief gestaffelt auf dem Weg verharren, während die Barbaren zwischen Unterholz und Baumstämmen verschwanden. In einiger Entfernung wogte ein weiterer Kampf auf dem Weg.
»Stellung halten!«, rief er. »Das ist eine Finte! Sie wollen, dass wir nachsetzen, um uns in den Rücken zu fallen!«
Fieberhaft überlegte er, wie sie die lauernden Gegner überlisten könnten, aber hier senkte sich die Straße in einen Hohlweg und sie wären eingekesselt. Er winkte die beiden Praetorianer zu sich.
»Schlagt euch durch bis zum Stab! Meldet dem Statthalter, dass wir das Marschlager sichern werden!«
Sie preschten den Weg hinunter. Ein paar Krieger rannten aus ihrer Deckung, um die beiden Reiter zu stellen, doch als die Zurückbleibenden wurfbereit die Speere hochrissen, flüchteten sie zurück in den Schutz des Waldes.
Der Befehl, sich auf eine volle Kehrtwende vorzubereiten und schleunigst zum Marschlager vorzurücken, breitete sich unter den
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