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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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Wassereimer auf dem Brunnenrand abgesetzt hatte.
    Sie waren gewarnt worden von den Centurionen und Unteroffizieren, die sie ausgebildet hatten; immer wieder war ihnen gesagt worden, die käuflichen Mädchen zu benutzen, aber nur die sauberen, und irgendwann einmal ein braves Mädchen zu nehmen, doch sich niemals mit Herz und Verstand an ein Weib zu hängen. Das bringe nur Sorgen, Ärger und Gefahren. Die Angst, was geschehen sein mochte, schnürte Annius die vom Schal ohnehin beengte Kehle zu, er zwang sich, langsam und tief zu atmen. Sie würden die Barbaren stellen und niederhauen, Gefangene aus ihrer Gewalt retten. Er hörte Maro schwer schnaufen, der Soldat eilte ihrer Reihe eine Nase voraus, durstig nach Rache für seine verschleppte Blandula. Gemeinsam würden sie unter den Barbaren wüten, Venicius und Blaesus würden sie nicht aufhalten, im Gegenteil. Sie würden einander antreiben.
    Die Erste und Zweite Cohorte waren vorausgeschickt worden, vier würden folgen, sobald das Gepäck neu verteilt worden war. Sie hatten den Wald verlassen, der Weg zog sich am Fuße der Berghänge entlang, während sich rechts eine nebelbedeckte Ebene ausbreitete, die in der Ferne mit den tiefhängenden Wolken zu verschmelzen schien. Die Landschaft war in ein stumpfes Mausgrau getaucht, und Nässe drang durch alle Fasern.
    Ein scharfer Befehl brachte sie zum Stillstand. Aus der Ferne dröhnten das Stampfen und Brüllen der Feinde, die sich
als wogende dunkle Masse im Dunst abzeichneten. Die Soldaten ordneten ihre Bewaffnung, rückten so weit vor, dass sich beide Cohorten aufstellen konnten. Syrische Bogenschützen rannten in ihren leichteren Rüstungen zu beiden Seiten an ihnen vorbei, reihten sich vor dem ersten Treffen auf. Zwischen ihnen und den Barbaren war nur der Weg, auf halber Strecke lag ein Maultier reglos am Hang und zwei Menschen, bäuchlings, die Gesichter im Schlamm.
    Annius war durch den Tod eines Kameraden in die zweite Reihe vorgerückt, wo er auch in den Gefechten mit den Dalmatern schon oft gekämpft hatte. Sein Herz schlug langsam, das Blut rauschte in den Ohren. Die Sorge, Thiudgif könnte dem Feind in die Hände gefallen sein, entfachte brennenden Zorn, und er schloss die schweißnasse Hand fester um den Schaft des Pilums. Blaesus, der vor ihm stand, würde den Aufprall auf den Feind mit aller Wucht zu spüren bekommen. Die Erste und Zweite Centuria waren dem Hang am nächsten aufgestellt, denn von dort war mit weiteren Angriffen zu rechnen. Auch die verbliebenen Reiter hielten sich an der waldseitigen Flanke auf. Vor der ersten Linie pflanzte der Aquilifer der Achtzehnten seinen Adler auf, flankiert von Bläsern, die ihre Hörner geschultert hatten.
    Primipilus Marcus Caelius und Lagerpraefect Ceionius hatten sich auf ihre Pferde geschwungen, um für alle sichtbar zu sein, und stellten sich mit einem Schwarm Reiter vor die Legionäre, die bei diesem Anblick still wurden. Es war Ceionius, der zu einer Rede angesetzt und die Tapferkeit der Männer beschworen hatte, als Caldus mit wehendem Mantel auf einem kräftigen Rappen heraneilte und ihn beiseitenahm. Marcus Caelius setzte an seiner Stelle die Ansprache fort.
    »Ihr habt gehört, was von euch erwartet wird! Dass ihr
das Barbarengesindel zu Boden werft und niederhaut, wie es ihm zusteht. Und das sage ich euch: Wenn einer von euch sich davonschleichen will, dann mögen ihn seine Kameraden wieder nach vorn stoßen. Und wenn ihr zurückweicht, werde ich noch heute Abend jeden Einzelnen von euch an diesem Weg kreuzigen, selbst wenn es dann hier aussehen sollte wie einst an der Straße von Capua nach Rom! Der einzige Weg, der euch rettet, führt durch diesen Haufen grölender Wilder. Aber unterschätzt sie nicht! Steht zusammen wie ein Mann - einer für den anderen! Werft sie über den Haufen! Treibt sie auseinander und macht sie nieder!«
    Kampfgeschrei, in das auch Annius einfiel, erhob sich ringsum, die Soldaten schüttelten drohend die Speere gegen den Feind, die Syrer spannten ihre Bogen. Von den hinteren Reihen aus verbreitete sich die Nachricht, dass die nächsten Cohorten anrückten. Alle Augen richteten sich auf den Aquilifer, die Feldzeichen und die Bläser, die die Tuben und Hörner bereits an die Lippen gesetzt hatten. Angespannt erwarteten sie das Signal zum Angriff, einzelne Stimmen forderten den Sturm, als plötzlich mit vielfachem Knall die Schützen ihre Pfeile abschossen, neue auf die Sehnen legten und eine zweite Salve auf die gegnerische

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