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Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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Meute regnen ließen. Lauthals feuerten die Soldaten sich an, die Bucinen schallten über den Weg, der Adler senkte sich gegen den Feind und mit ihm die Standarten der einzelnen Centurien.
    Nahezu gleichzeitig setzten sich die ersten Reihen der Soldaten in Bewegung, legten die Pilen zum Wurf an. Die Bogenschützen schwärmten zu beiden Seiten aus. Ein kurzer Anlauf und die Soldaten schleuderten die Speere auf die gegnerische Schildmauer, zückten die Schwerter und schlugen damit im Takt ihrer Schritte auf die Schilde, schneller und schneller, bis sie nach einer zweiten Salve der beiden folgenden
Reihen mit vorgehaltenem Schild gegen den Feind stürmten.
    Annius spürte die Anspannung wie einen Krampf, der sich entlud, als sie krachend auf die feindliche Schildmauer prallten. Abrupt erstickten das Brüllen der Feinde und die Schlachtrufe der ersten Reihen zu einem dumpfen Stöhnen, während die hinteren unvermindert nachdrängten. Eingezwängt zwischen den Kameraden, das Schwert zwischen Schild und Panzer geklemmt, stockte Annius der Atem in der Enge. Seine Füße schoben sich weiter, näher an die doppelte Schildwand, hinter der Helme hervorlugten oder lederne Kappen. Die Feinde stemmten sich gegen die andrängenden Soldaten, dabei hob der Mann vor Blaesus die Nase über den Rand seines Schildes. Blaesus riss das Schwert hoch und stach nach diesem Gesicht, der Mann wich aus, wehrte sich aber nicht. Die feindliche Schlachtreihe gab sogar nach, brach, und wie ein Keil wurden Blaesus, Annius und andere Soldaten in die entstehende Lücke gedrückt. Plötzlich war Blaesus’ rechte Seite ungeschützt, und es gelang ihm im Gewühl nicht, sich zu drehen. Annius zwängte sich neben ihn, wissend, dass er sich damit in Gefahr begab.
    »Zurück!«, schrie der Centurio hinter ihnen, doch sie wurden nur tiefer zwischen die weichenden Reihen der Gegner gedrückt.
    Annius schnappte nach Luft, spähte nach den Feinden, sah nichts außer den glatten Halbkugeln der Helme. Römische Helme, die die Barbaren erbeutet haben mussten. Er spürte einen scharfen Stich in der Brust, Zorn trieb ihn voran. Die feindlichen Rundschilde überlappten sich, ließen kaum Lücken. Ringsum keuchten, ächzten, röchelten die Männer unter dem Ansturm, der allen den Atem nahm. Das Holz der Schilde knirschte, die Bronzebuckel rieben kreischend
übereinander, dazwischen klirrten die Klingen, stöhnten Getroffene auf. Zwischen zwei Schilden erspähte Annius eine Schulter, stieß danach, jauchzte innerlich, als er den erstickten Schrei hörte. Zumindest hatte er dem Kerl Schmerz zugefügt. Grimmig rückte er mit den Übrigen vor, spürte, dass die Hintermänner, Venicius, Maro, nachdrängten. Das ging zu leicht.
    Hinter ihm tönte das Signal, sich zu sammeln. Immer wieder. Zurückblickend erkannte Annius, dass die Barbaren dabei waren, ihren Zug und einige andere einzukesseln. Er stieß Blaesus an, zerrte an dessen Schal. »Wir müssen zurück in die Linie!«
    Ein weiteres Signal von den Flanken, die quäkenden Hörner der Bogenschützen, warnte ihn, doch bevor er etwas sagen konnte, drang das Sirren der Pfeile an sein Ohr. Rasch duckte er sich hinter seinen Schild, versuchte, diesen hochzustemmen, um auch seine Kameraden zu schützen. Ein gellender Schrei ertönte hinter ihm, die Reihen gerieten in Unordnung, Einzelne stürzten, auch Annius taumelte, plötzlich vom Druck der Kampflinie befreit. Unter lautem Schlachtgebrüll warfen sich ringsum weitere Soldaten auf die Feinde, verbreiterten den Keil. Annius stieß Blaesus vorwärts, damit sie nicht unter die Füße der anstürmenden Massen gerieten. Sie stolperten den Feinden nach, die unversehens Gesichter bekamen, wild blitzende Augen, dunkel beschmierte Wangen. Annius strauchelte, als ein dumpfer Schmerz seinen Arm durchbohrte, überschlug sich, landete auf dem Rücken und hielt schützend die Spitze des Schwertes vor sich. Ein Schatten fiel über ihn, ein Kamerad bot ihm die Hand, riss ihn auf die Füße. Die Feinde flohen in vollem Lauf. Ringsum mischten sich Reiter in das Getümmel. Schreie ertönten, Hilferufe.

    Annius suchte seinen Schild, als ein herrenloses Pferd an ihm vorbeitrabte. Ohne zu überlegen, steckte er das Schwert zurück, griff in die Mähne und nach einem Sattelhörnchen und sprang auf den Rücken des Tieres, trieb es den rennenden Feinden nach.
    Obwohl der eng geschnürte Schienenpanzer ihn behinderte, war diese Jagd einfacher als alles, was er je im Kampf getan hatte. Er hetzte die

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