Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition)

Titel: Vater. Mörder. Kind: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
Vom Netzwerk:
deshalb hältst du sie am Handgelenk, doch sie begreift das nicht und denkt nur an ihren Arm.
    »Für wen hältst du dich, dass du mich und deine Tochter überhaupt nicht fragst und alles allein entscheidest?«
    Caterina fliegt durch die Luft und sieht euch an. Auch alle anderen sehen euch an.
    »Was glotzt ihr so blöd? Schaut lieber euren Kindern zu!«
    »O Gott, wie peinlich, Furio.«
    Elisa wirkt wie eingeschrumpelt unter ihren Locken, als sie jetzt den Kopf auf die Knie legt.
    »O nein, wie peinlich aber auch!«, äffst du sie nach. »Gut, dann fahren wir eben nach Hause und diskutieren da weiter!«
    Du reißt ihr die Flugzettel aus der Hand, knüllst das mit Rouge übertünchte Faltengesicht von Romina Bianchi ein und zertrampelst ihren Slogan, der sich anhört, als wäre er aus irgendeinem billigen Schlager geklaut.
    Du zerrst deine Frau von der Bank. Sie stößt einen verzweifelten Schluchzer aus, aber du behandelst sie wie die Fußballspieler, die schon vor Schmerz schreien, bevor man sie überhaupt berührt. Dann drehst du dich zu deiner Tochter um. Sie ist nicht davongeflogen, im Gegenteil, sie hüpft immer langsamer, die Hände vor dem Mund, die Haare schlaff im Gesicht, der Blick so hart, wie nur Kinder es vermögen, der harte Blick desjenigen, der nicht versteht und sich nach Kräften wehrt.

27
    I ch habe vor den aufgeschütteten Felsen geparkt und mir das ruhige Meer angesehen.
    Eine Wüste aus blauem Glas. Ich habe es angesehen, bis es sich in der Finsternis auflöste.
    Jetzt fahre ich in der abendlichen Stille über breite, schnurgerade Straßen, die die Namen von Seefahrern und fernen Inseln tragen. Die Häuser haben grüne Fensterläden und Balkone aus Stein. Die Einfahrten sind mit Bogen verziert, im Garten wachsen Kirschbäume und Zitronen, und aus den Türmchen kann man das Meer sehen.
    Wenn ich das Geld meines Schwagers hätte, würde ich bestimmt nicht in so einer Gegend wohnen. Reihenweise in die Jahre gekommene spießbürgerliche Villen, die im Winkel zwischen Arnomündung und Meeresbrandung angespült scheinen. Die schöne Jahreszeit bricht an, doch von den blassen, salzzerfressenen Fassaden scheint der Winter nie ganz zu lassen.
    Die Bäume sind schon voller Laub, und die Laternen leuchten nicht mehr so hell. Ich parke unter einer Platane und betrachte das Türmchen, in dem meine Tochter wie eine Gefangene lebt. Im Fenster sehe ich einen violetten Lichtschein. Caterina ist da, hinter diesem Glas, vor ihrem Computer. Sie wird sich fragen, warum Heathcliff nicht online ist.
    Heathcliff ist ihr heute Abend sehr viel näher, als sie ahnt. Er hat sie nicht vergessen. Heathcliff steht hier unten, um sie aus den Klauen dieser zwei Ärsche zu befreien.
    Gegen zehn verlässt meine Schwägerin das Haus. Auffällige Brille, glattes, kastanienbraunes Haar, das glänzt wie flüssiger Karamell, bemerkenswert hohe Absätze, schwarze Nylons, Krokodilleder-Pochette. Sie steigt in einen veilchenblauen Smart und wendet auf der leeren Straße.
    Ich starte, öffne das Fenster und lasse ihr zwei Blöcke Vorsprung. Auf der geraden Strecke kann ich sie nicht verlieren.
    Der Schirokko weht den muffigen Gestank von stehendem Wasser herbei. Morgen schlägt das Wetter um, ganz sicher.
    Schlank war meine Schwägerin nie, aber ihr Körper wurde auch nicht von einer Schwangerschaft verformt. Ich muss zugeben, dass ihr das eng anliegende schwarze Kleid besser steht als alles, was ich je an ihr gesehen habe. Vielleicht hat sie eine Diät gemacht.
    Ohne irgendwen zu grüßen, setzt sie sich allein an einen Tisch. Sie wirkt nicht sehr entspannt. Seit man in Gaststätten nicht mehr rauchen darf, ist die Pro-Kopf-Verlegenheitsquote beträchtlich gestiegen.
    Sie bestellt einen Cocktail, dann geht sie auf die Tanzfläche. Dort findet eine Art Gruppentanz statt, unter Anleitung eines Animateurs, wie im Ferienclub, damit Gäste, die allein gekommen sind, mühelos Anschluss finden. Man stellt sich wie fröhliche Soldaten in Reih und Glied auf, gehorcht den Befehlen und kommt sich dabei vielleicht näher.
    Keine halbe Stunde später sitzt meine Schwägerin mit ein paar jungen Männern Mitte zwanzig am Tisch. Ich frage mich, was die an so einer finden, und gelange zu dem Schluss, dass auch die Jungs weder besonders helle noch besonders attraktiv aussehen. Der eine ist ziemlich robust, und die Ray-Ban auf seiner quadratischen Stirn verleiht seinem Gesicht auch nicht mehr Ausdruckskraft. Der andere trägt einen mit Gel

Weitere Kostenlose Bücher