Vater Mond und seine Kinder (German Edition)
sie die Begeisterungsrufe ihrer Elfen vernahm. Mit einem Ruck erhob sie sich. „Ich muss wohl einmal nach dem Rechten schauen“ murmelte sie. Leise schlich sie die Stufen hinauf und erreichte ungesehen die oberste Etage. Vor ihr lag ein Raum, ausgeschmückt mit weichen, farbigen Teppichen. Die Wände waren mit Mosaik bedeckt. Ein breites Sofa, mit vielen weichen Kissen stand in der Mitte des Raumes. Sie trippelte durch den Raum und schaute aus dem Fenster. Die tief stehende, untergehende Sonne vergoldete mit ihren letzten Strahlen die Wipfel der Bäume und die dahinter liegenden, schneebedeckten Gipfel der Berge. Der Anblick war unbeschreiblich. „Das ist mein Reich“ murmelte sie, und schloss überglücklich ihre Augen.
Schnell schlüpfte sie wieder zurück in den Schatten des Eichenbaumes und wartete auf die Elfen, die auch kurze Zeit später heraus gestürmt kamen.
Die Elfen konnten ihre Erregung kaum verbergen. Sie schnatterten wild durcheinander und hüpften dabei von einem Bein aufs andere. Jede von ihnen wollte die Erste sein, die Königin Adina von den wunderbaren Dingen berichtete. Lärmend hallten ihre Stimmen durch den Abendwald, sodass selbst die Vögel ihr Geträller einstellten. Neugierig flogen sie herbei, um sich die Verursacher anzuschauen. „Was ist denn hier los?“ piepsten sie, „das sieht ja ganz nach einer neuen Nachbarschaft aus.“
Der Abend brach herein. Golden versank die Sonne hinterm Horizont und ließ mit ihrem letzten Sonnenstrahl den Wald glänzend aufleuchten. Ein laues Lüftchen kam auf und brachte einen Duft nach Erde und Pilzen mit sich. Die letzten Geräusche verstummten und tiefer Frieden breitete sich aus.
Schritte nahten. Zwerg Mutig und Arik erschienen, um sie zum Abendessen abzuholen. Da merkten sie erst, dass sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatten. Dankbar nahmen sie die Einladung an. Der köstliche Essensduft, der ihnen entgegen wehte, ließ sie noch schneller ausschreiten. Sie konnten es kaum erwarten, an den gedeckten Tisch zu kommen. Arik kam nicht mit. Er hatte bereits gespeist, sein Bauch war prall gefüllt. „Ich komme später nach“ bellte er „ich schau mich ein bisschen um.“ Schließlich hatte er viel zu schnüffeln und auszukundschaften. Auch wurde es höchste Zeit, sein Revier zu markieren.
Als die Mahlzeit zu Ende war, ließen sich die Zwerge und die Elfen zu einem gemütlichen Plausch vor dem Kamin nieder. Holzscheite prasselten und Funken sprühten. Kleine rötliche Zungen, die über das Reisig leckten, sahen aus wie tanzende Feuerteufelchen.
Eine Weile horchten sie auf das Knistern und Zischen der brennenden Scheite und hingen ihren Gedanken nach. Winzig, der nach dem Aufräumen der Küche zu ihnen stieß, schaute in die Runde und fragte: „Hab’ ich was verpasst? Wie sieht der Wohnbaum aus?“
„Wir haben auf dich gewartet, komm setz dich her“ sagte Goldor. Er nickte den Elfen lächelnd zu, die dann begannen, alles so anschaulich zu schildern, dass die Zwerge die Bilder deutlich vor sich sahen. „Morgen“ fügte Adina am Schluss hinzu, „räumen wir auf und putzen alles blitzblank.“ Verträumt saßen sie noch einige Zeit am wärmenden Kaminfeuer, wobei die Zeit wie im Fluge verging. Die alte Großvateruhr verkündete mit zwölf Schlägen Mitternacht. Zeit zum Schlafengehen.
Großeinsatz der Zwerge im Wohnbaum
Der nächste Morgen war ein klarer, frischer Sommermorgen. Musikus, Listig, Trubador und Goldor stahlen sich zeitig aus der Höhle, bewaffnet mit Putztüchern, Besen und Eimern, und eilten zur Eiche „Knorri“. Sie putzten, staubsaugten, klopften Teppiche aus, ölten verrostete Türschlösser, kurz gesagt – sie veranstalteten einen Höllenlärm. Die Waldtiere, die derart geräuschvoll aus dem Schlaf gerissen wurden, erschienen mürrisch vor der Eiche und beschwerten sich lauthals.
Goldor lief hinunter zum Eingangstor. Mit einer Geste bat er um Ruhe. Nach und nach verstummten die Tiere und warteten gespannt auf seine Erklärung. „Habt ihr gewusst“ begann er, „dass die Elfen und Königin Adina ihre Heimat verloren haben?“. „Nein, nie gehört“ keiften sie. „Lasst mich nachdenken“ gurrte eine Taube, „ich glaube, ich kann mich erinnern. Ach nein, das ist zu lange her. Erzähl du uns doch die Geschichte.“ „Das würde zu lange dauern“ erklärte Goldor, berichtete ihnen aber kurz, was sich ereignet hatte und bat um Nachsicht. „Und“, fügte er augenzwinkernd hinzu, „sobald die
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