Vater Mond und seine Kinder (German Edition)
Hand, stieß ein „hoffentlich klappt es“ aus, und ritscheratsche, zuckte ein rötliches Flämmchen durch die Dunkelheit. Rasch hielt es das brennende Hölzchen an die Dochte, ehe es wieder verglühte.
Langsam tasteten sie sich vorwärts. Linker Hand stießen sie auf eine Tür. Behutsam drückten sie mit klopfendem Herzen die Klinke nach unten. Zentimeter für Zentimeter schoben sie die knarrende Tür auf. Sie lauschten. Nichts bewegte sich. Auf Zehenspitzen, um ja keinen Lärm zu verursachen, schlichen sie in den muffigen Raum hinein. Dicke, aufgewirbelte Staubwolken flogen ihnen entgegen. „Hatzi, haatzi“ prusteten sie los. Ihr Niesen hatte ein paar Kerzenstummel zum Erlöschen gebracht. Schniefend, mit dem kärglichen Rest Licht, tapsten sie weiter, wobei sie fast ein paar Stufen übersehen hätten, die aufwärts führten. Beherzt stiegen sie hinauf und standen kurz darauf in einem niedrigen Gewölbe, das sich weiter nach vorne ausdehnte. Pechschwarze Fackeln steckten in mit Ruß verschmierten Eisenhaltern an den Wänden, die nur darauf zu warten schienen, angezündet zu werden. Aus gebündeltem Heu, das in der Ecke lag, drehten sie einen Fidibus, hielten ihn an die restlichen Kerzenflämmchen und entzündeten damit die Kienspäne. Schlagartig wurde es heller. Erschreckt fuhren sie zusammen. Im Widerschein des Lichts entdeckten sie an der gegenüber liegenden Wand zuckende und tanzende Figuren. Grässlich anzuschauen. Furchtsam hielten sie sich umschlungen. Sie warteten darauf, dass etwas passieren würde. Es blieb jedoch alles ruhig. Keine Stimmen, keine Unholde, nichts. Seltsam. Die Mutigsten wagten sich Schritt für Schritt näher, während die anderen bibbernd vor Angst zurückblieben. Komisch. Je näher sie der Wand kamen, desto kleiner wurden die Schatten. Dann erkannten sie ihren Irrtum. Sie selbst waren es, die die Schatten im Lichtschein an die Wand warfen.
Als sie sich von ihrem Gelächter erholt hatten, zogen sie im Schein der Fackeln weiter. Treppauf, treppab, durch Gänge und Höhlen. Das Labyrinth nahm kein Ende. Schließlich erreichten sie eine Kreuzung. Eine geschnitzte Hand, an der ein Küchenhandtuch hing, wies ihnen die Richtung. Neugierig bogen sie um die Ecke und standen vor einer Tür, die einen Spalt breit geöffnet war. Türen, ob geschlossen oder geöffnet, waren mittlerweile kein Hindernis mehr für sie. Kraftvoll drückten sie dagegen und schlüpften in den Raum hinein. Staunend rissen sie Mund und Nase auf. So was hatten sie noch nie gesehen. Ein kreisrunder Raum, in dem sich eine komplett eingerichtete Küche befand. Hier fehlte es an nichts. Gläser, Tassen und Schälchen standen herum, Regale, vollgestopft mit getrockneten Kräutern und Pflanzen, im Hintergrund ein Kamin, über dem noch ein Kupferkessel hing. Schränke mit eingeräumtem Geschirr waren vorhanden und Holzwände, versehen mit Haken, an denen Töpfe hingen. Inmitten des Raumes stand ein großer, blankpolierter Tisch. Ringsherum waren Stühlchen mit Rückenlehnen aufgereiht. Bunte Kissen lagen auf jedem Sitzplatz.
Nachdem sie sich eine Weile umgeschaut hatten, fragte ein Elfchen naseweis: „und wo wird hier gekocht?“ Ratlos blickten sie sich um. Kein weiterer Raum, in dem ein Ofen zu finden war. Das gibt’s doch nicht. Eine Küche ohne Ofen, wie soll das denn gehen?
„Oh’ seht mal, das kleine Eckregal mit den Rezeptbüchern“ rief das jüngste Elfenkind. „Alles Koch- und Backrezepte.“ Flüchtig blätterte es ein paar Seiten um. Seine Augen wurden jedoch wie magisch von einem anderen Buch angezogen, das etwas erhöht auf einem Holzsockel stand. Es stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte die Buchstaben zu entziffern. Aber es kam nicht weit. Das Buch stand zu hoch. „Geheimnisse des …?“ las es mühsam vor. „Das muss ich mir ansehen“, und schon kletterte es auf einen davor stehenden Hocker, griff nach dem Buch und dann oh’ Schreck, die Wand drehte sich und pardauz lag es auf der Nase. Das Buch hielt es fest umklammert. Es hieß „Geheimnisse des Kräutergartens.“ „Hilfe“ wimmerte es, schrie aber gleichzeitig: „Ich habe den Ofen gefunden.“ Der Ofen war in einer Mauervertiefung eingebaut und nahm die halbe Wand in Anspruch. Kupfertöpfe, Pfannen, Suppenkellen, Bratgestecke, Rührlöffel, alles in den verschiedensten Formen und Größen waren vorhanden. „Das ist ja irre, das müssen wir sofort unserer Küchenfee berichten!“
Wo eine Küche ist, muss doch auch ein Garten
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