Vater Mond und seine Kinder (German Edition)
seiner Mundharmonika und entlockte ihr einige beruhigende Töne, die seine Brüder ins Traumland schickten. „Hoffentlich“, dachte er bei sich, „finden wir für den nächsten Tag eine sichere Unterkunft. Ich möchte ungern im Zauberwald im Freien kampieren“, und dann lullten ihn die Schnarchgeräusche der anderen ebenfalls ein.
Hunger und Durst ließen Winzig erwachen. Er rieb seine Äuglein blank und versuchte in seiner Umgebung etwas zu erkennen. Aber es herrschte absolute Finsternis. Kein Windhauch regte sich. Behutsam tastete er sich über die Schlafenden hinweg und stand mit wenigen Schritten vor der Höhle. Unbemerkt von den anderen klaubte er Laub und Zweige zusammen, häufte sie aufeinander und entfachte ein kleines Feuer. Langsam brannte es höher und verursachte eine angenehme Wärme. Um durch den Feuerschein keine Feinde anzulocken, schleppte er noch ein paar Steine herbei und deckte die Flämmchen ab.
Vorsichtig, um keinen Lärm zu veranstalten, zog er eine Pfanne aus dem Rucksack. Aus Eiern, Pilzen und vielen Wildkräutern brutzelte er ein riesiges, goldgelbes Omelett, das für alle reichte. Der Tee dampfte gerade in den Tassen, als verschlafene und zerknitterte Gesichter aus der Mulde lugten. Schnuppernde Näschen wurden sichtbar. Mit Freudengeschrei stürzte sich die verfressene Gesellschaft auf das Abendessen. Ruckzuck, waren die Teller säuberlich abgeschleckt und der Tee geschlürft. Gemeinsam wuschen sie das Geschirr ab, verstauten es bruchsicher im Vorratssack und machten sich abmarschbereit. „Mit vollem Bauch marschiert es sich einfach besser“ tönte es von allen Seiten. „Winzig du bist der Beste!“
Sie waren noch nicht lange unterwegs, als sich schlagartig ein schweres Unwetter über ihren Köpfen zusammenbraute. Dunkle Wolken jagten über das Firmament und ein bedrohlicher Sturm kam auf. Blitze zuckten grell über den Himmel und der Gewitterlärm war ohrenbetäubend. Innerhalb von Sekunden stürzte aus dicken schwarzen Wolken soviel Regenwasser hervor, dass alles überschwemmt wurde. Die Zwerge und das Mondkind warfen sich hinter einem Hügel auf die Erde und krallten sich an Wurzeln fest, um nicht mit dem Sturm weggefegt zu werden. Bäume und Sträucher trieften vor Nässe, der Boden verwandelte sich in rutschigen Matsch, Blätter und Zweige wirbelten durch die Luft. Es war unheimlich. Ganz allmählich ließ das Tosen des Sturms nach. Dicke Nebelschwaden stiegen aus der Wiese und dem Bachtal empor, sodass die kleinen Wanderer die Hand vor Augen nicht sehen konnten.
Zähneklappernd arbeiteten sie sich aus dem Matsch heraus. Als sie sich so ansahen, mussten sie trotz allen Elends lachen. Zum Schutz vor dem Sturm hatten sie sich hinter einen Ameisenhaufen zu Boden geworfen und nun krabbelten die Viecher überall auf ihnen herum.
Verdreckt, durchnässt und mit Schlamm bespritzt, versuchten sie an das Flussufer zu gelangen. Denn so, wie sie aussahen, konnten sie nicht weiter ziehen. Immer wieder blieben sie mit ihren Schuhen im Matsch stecken. Kurz entschlossen zogen sie die mit Wasser vollgesogenen Schuhe aus und stapften auf Socken weiter. Je näher sie dem Bach kamen, desto bedrohlicher hörte sich das Rauschen des Wassers an. Die Wellen schwappten heftig gegen das Ufer. Aus dem kleinen Bach war ein tosender Fluss geworden und riss alles, was nicht festgewachsen war, mit. Abgesplitterte Zweige und ausgerissene Baumstämme wirbelten in den Wassermassen umher. „So ein Mist“ schimpfte Mutig, „an ein Überqueren des Flussbettes ist nicht zu denken.“ Wohl oder übel beschlossen sie, hier den Rest der Nacht zu verbringen.
Es war schon weit nach Mitternacht, als sie in Flussnähe eine etwas höher gelegene Wurzelhöhle entdeckten, die zwar muffig roch, aber sicher vor Wassereinbrüchen war. Entmutigt setzten sie ihre Rucksäcke ab, suchten nach einigermaßen trockenen Holzscheiten und zündeten ein Feuerchen an. Sie fieberten den ersten Sonnenstrahlen entgegen. Ihre Zähne klapperten vor Kälte aufeinander. „Schnell die nassen Sachen aus“, befahl Goldor.“ Mutig und ich gehen zum Fluss und waschen sie aus. Passt in der Zwischenzeit auf, dass das Feuer nicht ausgeht.“
Während Mutig und Goldor ohne Schuhe und Socken zum Bach rutschten, spannten die anderen eine Leine ums Feuer, damit sie später die nassen Sachen zum Trocknen daran aufhängen konnten.
Nach der verbrachten kalten und nassen Nacht tasteten sich die ersten Strahlen der Morgensonne hinter dem Horizont
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