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Vater Mond und seine Kinder (German Edition)

Vater Mond und seine Kinder (German Edition)

Titel: Vater Mond und seine Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska von Sassen
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hervor und verkündeten mit rot-gelbem Glühen das baldige Aufgehen. Frische, unangenehme kühle Morgenluft drang in die Höhle. Schnell zwängten sie sich in die getrockneten Kleider. Winzig, der zu jeder Zeit an das Wohl seiner Brüder dachte, trat die noch rauchende Asche auseinander. Legte ein paar Zweige auf die Glutreste und bereitete zur Stärkung und zum Aufwärmen einen köstlichen Tee zu, den sie genießerisch schlürften. Flink schulterten sie ihre Rucksäcke und rutschten hinunter zum Bachbett. Der Tag versprach trocken und heiß zu werden.
    Durch das Unwetter hatten sie viel Zeit verloren. Entgegen des Rates von Rufina, nur nachts durch den Wald zu wandern und den Berggipfel bei Tageslicht zu besteigen, beschlossen sie, ab jetzt bei Tag weiterzuziehen.
    Der Zeitpunkt der Zaubernacht rückte immer näher und sie hatten noch einen weiten und harten Weg vor sich. Glücklicherweise war der Fluss in sein normales Bett zurückgekehrt und plätscherte ruhig vor sich hin. „Bleibt stehen“, befahl Mutig, „bevor wir rüber springen, überprüfe ich erst einmal die Steine.“ Achtsam setzte er einen Fuß vor den ersten, sprang aber gleich wieder zurück ans Ufer. „Igitt, die sind fürchterlich glitschig. Wenn wir ausrutschen, liegen wir im Bach. Am besten ist, wir ziehen mal wieder die Schuhe und Strümpfe aus, binden sie zusammen und hängen sie uns um den Hals.“ Mutig versuchte erneut sein Glück. Mit ausgebreiteten Armen sprang er vom Ufer auf den ersten Stein, hopste auf die nächsten und landete sicher auf der gegenüberliegenden Seite. Dann folgten Listig, Goldor, Trubador, Musikus und zum Schluss Robin. Beherzt nahm er Anlauf, sprang auf den ersten Stein, rutschte mit dem Fuß ab und verlor das Gleichgewicht. Mit rudernden Armen versuchte er sich aufzurichten. Vergeblich. Laut platschend stürzte er ins Wasser. Blitzartig sprang Mutig hinzu, packte ihn am Hosenbund und zog ihn ans Ufer. „Tut mir leid“, flüsterte Robin kläglich, „ich bin zu kurz gesprungen.“ „Das hätte jedem von uns passieren können“, tröstete ihn Mutig. „Die Hauptsache ist, dass du dir nichts gebrochen hast. Nur deine Hose ist etwas nass geworden. Aber das ist halb so schlimm. Bei der Hitze trocknet sie schnell.“
    Sie kraxelten die Uferböschung hoch, zogen Strümpfe und Schuhe wieder an. „Bleibt etwas zurück“ murmelte Goldor. Er beschattete sein Gesicht mit der Hand und beobachtete wachsam die ungeschützte Lichtung. „Nichts Auffälliges zu sehen“ verkündete er. „Auf drei laufen wir los.“ „Eins, zwei, drei – los.“ Nach Atem japsend erreichten sie den Fuß des Hügels. Im Laufschritt ging es hinauf und auf der anderen wieder Seite hinunter.
    Unten angekommen, entdeckten sie nur wenige Schritte von sich entfernt seltsame Bäume. Die Zweige hatten keine grünen, sondern dunkle, schwarze Blätter. An den Ästen hingen hundert, wenn nicht tausend kleine stachelige Kugeln, die aussahen wie Kastanien, aber einen fürchterlich modrigen Geruch verströmten. Schnell machten sie, dass sie daran vorbei kamen. Sie folgten einem kleinen Pfad und tauchten dann in den dunklen Zauberwald ein, dessen dicht stehende Bäume sie zu verschlucken schien. Kein Laut war zu hören, nur ihre wassergetränkten Schuhe quietschten bei jedem Schritt. Geheimnisvolle Schatten flitzten zwischen den Baumstämmen umher und schienen nach ihnen zu greifen. Sie hatten das Gefühl, von tausend Augen beobachtet zu werden. Kein Lichtstrahl durchdrang die Bäume. Unbehaglich schauten sie sich nach allen Seiten um. Mit größter Umsicht schlichen sie weiter. Goldor legte warnend einen Finger an den Mund und bedeutete ihnen, ruhig zu sein. „Dieser Ort macht mir Gänsehaut“ flüsterte Robin. Mutig, der die Nachhut bildete, betrachtete schweigend die umherflitzenden Schatten. Die Dunkelheit und die Nebelschwaden geisterten ihm bedrohliche Gestalten vor. Der Wald nahm und nahm kein Ende. Je tiefer sie in ihn eindrangen, desto kälter wurde es. Auf Zehenspitzen, um nur kein Geräusch zu verursachen, setzten sie auf dem schmalen Waldweg argwöhnisch ihre Wanderung fort. Dicke Wurzelstränge überwucherten den Pfad. Um nicht zu stolpern, hefteten sie die Augen auf den Boden. Als Goldor überraschend stehen blieb, rannte der Letzte seinen Vordermann um, der stürzte auf den nächsten und dann lagen sie alle auf dem Boden. Plumps, da saßen sie nun. Sieben Knirpse mit grünen Zipfelmützen in einem mystischen Wald, der ihnen Angst und

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