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Vater Mond und seine Kinder (German Edition)

Vater Mond und seine Kinder (German Edition)

Titel: Vater Mond und seine Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska von Sassen
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denen tiefblaue Enziane, rote Felsennelken und viele andere Bergblumen blühten, an deren Pracht sie sich jedoch nicht erfreuen konnten, weil die Zeit drängte. Manchmal glaubten sie, den Berg mit den Händen greifen zu können, so nah erschien er ihnen. Siegesgewiss, dass sie heute noch auf dem Gipfel stehen würden, stieß Musikus einen Begeisterungsschrei aus, der hallend als Echo von Berg zu Berg sprang und dann zu ihm zurückkam. Übermütig stimmten sie ein Lied an und horchten auf den Widerhall.
    Angelockt von dem Radau guckten Murmeltiere, die sich gemütlich in der Sonne tummelten, neugierig auf die Ankömmlinge. Einige von ihnen waren mit der Morgentoilette beschäftigt und putzten ausgiebig ihr Fell, andere suchten nach Gräsern und Wurzeln. Schließlich war Frühstückszeit. Es war eine große Murmeltierkolonie. Auf einem etwas höher gelegenen Aussichtspunkt kauerte ein großes, kräftiges Murmeltier auf seinem buschigen Schwanz und betrachtete aufmerksam die Gegend. Bevor sie näher heran kamen, stieß es mit einem Mal einen gellenden Pfiff aus und schwupp die wupp waren alle Murmeltiere blitzschnell im Bau verschwunden. „Wie schade, wir tun ihnen doch nichts“ murmelte Robin, der die Murmeltiere ganz possierlich fand, wie sie da mit ihrem runden Kopf, den kleinen niedlichen Ohren und den großen braunen Augen auf ihrem dicken, buschigen Schwanz auf der Bergwiese hockten. „Die Murmeltiere“ erklärte ihm Winzig, haben viele Feinde, zum Beispiel den Fuchs und den Adler. Deshalb hat jede Murmeltierkolonie einen Wächter, der, sobald er eine Gefahr wahrnimmt, einen Warnruf ausstößt, damit sich seine Familie schnell in Sicherheit bringen kann. Schau mal, dort oben. Siehst du das?“ Ein großer, dunkler Punkt zeichnete sich am Himmel ab. Ein riesenhafter Adler, ein Steinadler. Dunkelbraun glänzte sein Gefieder in der Sonne und es schien, als ob er schwerelos durch die Lüfte segelte. Robin blickte forschend nach oben und sah den Adler, der immer enger werdende Kreise zog und auf sie zuflog. Mit scharfen Augen beobachte er die Wichtel und schnarrte dann mit heiserer Stimme: „Ihr habt meine Beute vertrieben, macht nur, dass ihr verschwindet.“ „Keine Sorge“, antwortete Winzig, „wir belästigen dich nicht, wir suchen Eulalia, die weise Eule.“ Immer noch wütend, entfernte sich der Adler lautlos, um erneut nach etwas Fressbarem Ausschau zu halten. „Verstehst du nun, weshalb es wichtig war, dass der Wächter die Murmeltiere gewarnt hat?“ Robin nickte und war froh, dass Winzig ihm alles erklärte.
    Die sieben Wanderer setzten ihren Weg fort und kletterten Stunde um Stunde dem Gebirgspass hoch. Die Sonne brannte erbarmungslos auf sie nieder. Selbst die Steine waren glühend heiß. Irgendwann wurde es so steil, dass sie nur noch mühsam voran kamen und öfter innehalten mussten. Schnaufend lehnten sie sich an die kühle Felswand. Ihre Gesichter waren schweißnass und ihre Füße brannten fürchterlich. Solche Wanderungen und Strapazen waren sie nicht gewohnt. „Wenn wir unser Ziel noch vor Beginn der Zaubernacht erreichen wollen“, keuchte Goldor, „dann dürfen wir keine weitere Zeit verlieren.“ Stöhnend rappelten sie sich auf und trotteten tapfer bergan.
    Sie waren noch nicht weit gekommen, als ihnen bei der nächsten Wegbiegung eine böse Überraschung widerfuhr. Klobige Gesteinsbrocken türmten sich übereinander und hatten den Pfad unpassierbar gemacht. Bestürzt sahen sie sich an. „Oh je“, seufzte Goldor gramvoll, das muss jetzt auch noch passieren. Was machen wir nun, so kurz vor dem Ziel?“
    Ratlos schauten sie sich um und suchten nach einem Ausweg. Winzig deutete auf einen gezackten Felsen, der sich oberhalb der Steinlawine erhob. Abschätzend betrachtete er den Höhenunterschied. „Wir haben doch ein dickes Seil in unserem Rucksack“ erklärte er. „Ich bin der Kleinste und Leichteste, ich klettere hinauf und binde das Seil an den Zacken fest. So kann einer nach dem anderen aufsteigen.“ Als alle mit dem Vorschlag einverstanden waren, legte er seinen Rucksack ab, band sich das Seil um den Bauch und kraxelte, sich mit den Füßen an jeder möglichen Stelle abstemmend, zielstrebig nach oben. Angstvoll starrten die Zurückgebliebenen hinter ihm her. „Hoffentlich geht das gut“, flüsterte Musikus. Dann ein Schrei. Winzig hatte den Halt verloren und rutschte auf seinem Bauch abwärts, bis ein dicker Steinbrocken seine Rutschpartie stoppte. Ächzend erhob er sich,

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