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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
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bildete sich eine Meinung, wollte das Kind einer geschiedenen Ehe der Mutter zusprechen und das Besuchsrecht des Vaters unterbinden. Dann änderte er seine Meinung und sprach eine Empfehlung aus: Das alleinige Erziehungsrecht sollte dem Vater zugesprochen werden. Jeder kann seine Meinung ändern. Das ist ganz normal.
    Der Mann im Jugendamt war erpresst worden. Er hätte die Chance gehabt, zur Polizei zu gehen. Das hätte wahrscheinlich seine Ehe, seine Familie, mit Sicherheit hätte es seinen Ruf zerstört. Seinen Beruf hätte er ebenfalls verloren.
    Er hätte einige Menschenleben retten können. Einige Täter wären für lange Zeit im Gefängnis verschwunden.
    Aber er hatte Angst.
    Er schwieg.
    Mehr geschah nicht.
    Scheinbar.
    1983
Naziverbrecher Klaus Barbie in Frankreich zu lebenslänglicher
Haft verurteilt
Die Grünen ziehen in den Bundestag ein
F.J. Strauß vermittelt Milliardenkredit deutscher Banken an die DDR
Sogenannte »Hitler-Tagebücher« des Stern als Fälschung enttarnt
Die Bundesrepublik hat 81 888 Millionäre mit einem
Gesamtvermögen von 272,926 Mrd. Mark
Hitparade: »Beat it« (Michael Jackson)
Die Bilder im Kopf
    15. August 1983
    1.Telefongespräch
    »… und der ist sauber?«
    »Ja.«
    »Völlig?«
    »Scheint so. Aber, irgendwas ist da. Hab ich im Gefühl.«
    » Anhaltspunkte?«
    »Bisher nicht.«
    »Verheiratet?«
    »Ja. Zwei Kinder, Jungen, vier und sieben.«
    »Freundin?«
    »Nö.«
    »Schulden?«
    »Nein. Nichts bei der Schufa. Sozialarbeitergehalt und keine Schulden. BAT IVb, das sind keine zwei fünf netto, inklusive Ortszuschlag. Vielleicht hätt er ja gern ein Häuschen oder …« (unverständlich)
    »… sicher gehtʼs auch billiger.«
    »Klar.«
    »Prostituierte?«
    »Noch nie, soweit wir rauskriegen konnten. Keine Drogen, um das vorwegzunehmen, bis auf ein bisschen Kifferei Mitte der Siebziger. Keine Pornos. Nichts Homosexuelles. Etwas ist mir aber eingefallen, der hat damals immer den Babysitter gemacht. Muss nichts bedeuten, wir haben ja alle gejobbt, was wir kriegen konnten.«
    (Pause)
    »Ist das alles?«
    »Lassen Sie mich nachdenken. Genau, das war auffallend: Der war so beliebt bei den Müttern: geduldig, selbst mit den Kleinsten und …«
    (Autogeräusche überdecken ca. fünf Sekunden)
    »… wüssten wir doch längst, wenn in dem Bereich was wär.«
    »Stimmt allerdings. Trotzdem, ich sag Ihnen: Bei dem finden wir was.«
    »Gut. Lassen Sie also das übliche Material anfertigen.«
    »Okay.«
    Das letzte Stück von der Üstra-Haltestelle zum Hauptbahnhof legte Rolf Albrecht im Spurt zurück, in langen Sprüngen hechtete er die Treppe zu Bahnsteig 9 hoch und erwischte den Interregio von Hannover nach Frankfurt gerade noch im Anfahren. Reisetasche rein und hinterher.
    16.15 Uhr war es, um zehn nach hätte der Zug eigentlich abfahren sollen. Das war Glück. Und dann hatte er auch noch einen Fensterplatz. Dieser Monat lief einfach gut.
    Erst die Fortbildung in Frankfurt genehmigt, dann den alten Citroën doch noch durch den TÜV gekriegt und jetzt den Zug erreicht, obwohl es eigentlich hoffnungslos war, weil er sich wieder mal in den Akten des kleinen Tobias festgelesen hatte. Wie so oft in den letzten Wochen.
    Mittwoch war es, der siebte September, fast noch Sommer, aber die Farben des Herbstes schon in den Bäumen. Dieser Sommer war so heiß gewesen, dass die Zeitungen gar nicht aufhören konnten, darüber zu schreiben.
    Rolf Albrecht holte tief Luft, atmete laut aus und ordnete seine Beine so bequem wie möglich neben dem Beinpaar gegenüber ein. Die Frau auf dem anderen Fensterplatz schaute von ihrem Buch hoch und lächelte knapp. Er verstand: Was den Platz anging, der ihnen beiden zur Verfügung stand, würde sie sich arrangieren, aber ein Gespräch war nicht erwünscht. Das war ihm nur recht. Hannoversche Allgemeine, Blätter der Wohlfahrtspflege und »Das Hotel New Hampshire«, den aktuellen Bestseller, von dem Irmela so schwärmte, ließ er in der Tasche stecken, döste fast bis Göttingen, sah zwischendurch aus dem Fenster und wunderte sich, dass er überhaupt hier saß.
    Rolf Albrecht war auf dem Weg zu einer Fortbildung im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge in Frankfurt: »Neue Praxis der Heimerziehung«. Zwei Tage nicht ins Büro, wie angenehm. Eigentlich stand ihm das gar nicht zu, es war schon die zweite Fortbildung in diesem Jahr, außerdem hatte er so gut wie nie mit Heimerziehung zu tun. Schon wegen des Wohngebietes, für das er zuständig war.

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