Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
Vom Netzwerk:
nach jemandem, der sie rettet. Wovor denn bloß? Blöde sind sie, findet Conny, Feiglinge, Memmen. Dies Leben voller Abenteuer ist doch klasse! Aber wenn sie erst mal so wach sind und so nahe, dann sind sie sehr gefährlich. Sie wollen raus, und das darf nicht passieren. Dann muss Conny sich sehr konzentrieren. Er muss höflich sein, »danke«, sagen oder »nein, danke« und das Gespräch so schnell wie möglich beenden. Dann lässt der Druck von innen auch wieder nach.
    Dieser Druck ist das Einzige, was ihn stört. Ansonsten sind Reisen Spitze, findet Conny. Voll Geheimnis und Nervenkitzel. Auch wenn er nur nach Berlin fliegt wie diesmal. Aber Conny weiß nichts von weit und nah, er weiß nur, dass er ein Päckchen bei sich trägt, das nicht in falsche Hände kommen darf. Dafür ist er verantwortlich. Er ganz allein. Er darf es nicht verlieren, er darf es sich nicht abnehmen lassen, er darf es nicht aufmachen. Was drin ist, weiß er nicht. Ist ihm auch egal.
    Conny ist ein ganz wichtiger Junge, weil er solche bedeutenden Aufträge ausführen darf. Das darf nicht jeder. Es ist eineAuszeichnung. Und so viel besser als die anderen Aufträge, die er kriegt: vor Männern in Hinterzimmern von Kneipen Striptease tanzen oder sich auf den Rücksitzen von Autos befummeln lassen. Dies hier macht richtig Spaß.
    Conny ist schon öfter geflogen. Sogar ins Ausland. Oder allein mit der Bahn gefahren. Immer muss er auf so ein Päckchen aufpassen. Riesig spannend ist das. Manchmal sitzt der Papa oder ein Onkel im selben Flugzeug oder im nächsten Abteil im Zug, aber niemand darf es wissen. Das macht alles noch aufregender: Ein spannendes Spiel, ein gemeinsames Geheimnis. »Mach mir keine Schande«, sagt der Papa. Er beobachtet Conny genau, auch wenn Conny es nicht merkt. Er kontrolliert, ob der seine Aufgabe wirklich gut erfüllt. Auch wenn Conny bei seinen heimlichen Blicken umher niemanden entdecken kann, der auf ihn aufpasst, so weiß er doch ganz genau, dass er immer beobachtet wird. Tag und Nacht. Er kann es fühlen. In seinem Rücken. Überall. Er spürt diese Augen, die ihm überallhin folgen. Es sind viele. Er kann sie zeichnen. Riesengroß und immer geöffnet. Ein Augenpaar ist anders. Unheimlich, so als hätte es Zauberkraft. Das eine Auge ist größer als das andere. Es lächelt.
    Auch Krähen beobachten ihn. Das weiß er. Und Raben. Sie sind Abgesandte. Und wenn er welche sieht, weiß er, dass ihre Augen ihm folgen.
    Wegen dieser Augen strengt Conny sich besonders an, ganz perfekt zu sein, keinen Fehler zu machen. Auch wenn er Schließfächer öffnen muss, die vielleicht von der Polizei beobachtet werden. Oder wenn es in einer Kneipe eine Razzia gibt und man ganz schnell gewisse Sachen verschwinden lassen muss und dann wusch! an den Wachen vorbei und weg.
    Da ist Conny große Klasse.
    Manchmal gibt es sogar ein Eis zur Belohnung. Oder er darf vor anderen Kindern aus der Gruppe erzählen, wie toll er das geschafft hat, dass das ganz leicht ist und viel Spaß macht, wenn man so gut ist wie Conny. Dann ist er etwas Besonderes, gehörtschon irgendwie zu den Großen, die das alles planen und organisieren, und ist nicht nur ein kleines unwichtiges Glied in der Kette, einer, der nur Befehle entgegennimmt. Hier hat er selbst etwas zu sagen.
    Conny passt immer höllisch auf, wenn die Erwachsenen aus der Gruppe etwas erklären. Daher weiß er ganz genau, was er tun, was verschweigen und was er sagen muss, wenn ein Polizist oder der Zoll ihm das Päckchen abnehmen will. Wenn er wegrennen kann, rennt er weg. Oder er weint. Wenn Kinder weinen, haben solche Leute immer Mitleid. Conny nimmt das mit Verachtung wahr. Mitleid, das hat er in seiner Gruppe gelernt, ist verächtlich.
    Weich. Weibisch.
    Nur Härte zählt. Und Conny will ein ganz harter Mann werden.
    »Das Päckchen?«, kann er mit großen, feuchten Augen zum Zollbeamten sagen. Weiß Conny doch nicht, was da drin ist, nein, ganz bestimmt nicht. Hat ihm ein Mann im Flugzeug gegeben. Weil Conny so klein ist, hat der gesagt, und ganz allein fliegt. Da sind Süßigkeiten drin, hat der Mann gesagt, aber es ist eine Überraschung, und Conny darf das erst zu Hause aufmachen. Conny freut sich schon darauf. Sind da etwa keine Süßigkeiten drin? Och, wie schade! Warum hat der Mann das denn zu ihm gesagt? So ein fieser Lügner!
    Oder Conny erzählt, dass er das Paket vorhin auf dem Waschbecken hat stehen lassen, und als er dann wieder aus der Toilette gekommen ist, muss wohl jemand das

Weitere Kostenlose Bücher