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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
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werden, dass sie reden. Sondern sie sollen schweigen, wie auch das Gesetz es sagt.«
    »Gut, Angela. Hast du es denn auch verstanden?«
    »Ja!«
    »Was sollen die Frauen und Kinder?«
    »Schweigen!«
    »Richtig. Und nun lauf schnell nach hinten zum Küster und lass dir die Kerze geben.«
    Magdalena ist stolz. Sie hat alles richtig gewusst. Nur ein kleiner Versprecher. Das macht nichts. Das kann sie wiedergutmachen, das weiß sie.
    Der Küster drückt Angela die brennende Kerze in die Hand, gibt ihr einen leichten Klaps auf den Po, und schon marschiert sie los.
    Es ist aber Endora, die losmarschiert.
    Endora, die auf die Kerze starrt und überzeugt ist, wenn sie vorne am Altar angekommen ist, wird der Mann in der langen schwarzen Robe mit dem weißen Band um den Hals sie packen, auf den Altar legen und sie vergewaltigen. Vor all den Menschen hier. Und die Menschen werden toben und schreien vor Begeisterung. Sie weiß, sie wird es ertragen und schweigen.
    Sie starrt auf die flackernde Kerzenflamme und geht. Schritt für Schritt.
    Die vielen Menschen. Viel mehr als beim letzten Mal. Sie sind auch stiller. Das ist auf andere Weise bedrückend. Was bedeutet es? Sie kann es nicht einordnen. Auch hier ist es kalt. Das hohe gotische Kirchenschiff wirft alle Geräusche zu ihr zurück. Ihre Schritte, das Husten, die geflüsterten Worte.
    Weitergehen.
    Kein Rauch. Und dort ist eine Tür. Soll sie rauslaufen? Es ist sinnlos. Jemand steht daneben. Bestimmt hält der sie fest. Und auch die anderen, die in den Reihen sitzen und zu ihr herschauen, die werden aufpassen.
    Weitergehen.
    Dann sieht sie das Kreuz. Da hängt einer dran. Sein Gesicht ist schmerzverzerrt. Ist er tot? Er ist festgenagelt. Haben sie das mit ihr vor?
    Weitergehen.
    Stefanie hatte sich so darauf gefreut, dass sie die Kerze tragen sollte. Sie war sicher, dass sie es gut machen würde. Und nun bekommt sie überhaupt nichts mit von dem Ereignis, auf das sie sich so gut vorbereitet hatte. Endoras Panik ist stärker als alles andere und schleudert sie nach draußen. Schritt um Schritt kommt Endora dem Mann in der Kutte näher. Wie hypnotisiert schaut sie ihn an. Was wird er machen? Wird es wieder so weh tun wie beim letzten Mal?
    Mit der Kerze in der Hand steht sie vor ihm.
    Ganz still.
    Ganz erwartungsvoll.
    Ganz ergeben.
    Der Pastor ist irritiert. Sie hatten doch abgesprochen, dass sie die Kerze auf den Altar stellt. Warum macht sie das nicht? Vorhin hat sie doch so aufgeweckt gewirkt.
    Er greift nach ihrer Schulter, lenkt sie zum Altar. Jetzt wird es passieren, denkt Endora, jetzt.
    Er nimmt ihr die Kerze aus der Hand, stellt sie auf einen Untersatz und steuert das Mädchen zu einem Platz in der ersten Reihe.
    »Setz dich«, sagt er leise.
    Er tut mir nichts!, denkt Endora und verschwindet.
    Was ist denn nun los?, denkt Stefanie, ich muss doch die Kerze zum Altar tragen. Sie steht auf.
    »Setz dich«, sagt der Pastor leise.
    Unsicher setzt sie sich. Sie hat ja gar keine Kerze. Ist wieder was schiefgegangen?
    Da beginnt die Orgel zu spielen, und die Gemeinde singt ein Osterlied. Hinter ihr sitzt der Vater, Stefanie hört seine Stimme, wie beruhigend, und auch die der Mutter, der Onkel und Tanten, die ganze Familie ist da. Von vorn dröhnt dazu die kraftvolle Stimme des Pastors. Gemeinsam singen sie aus dem Gesangbuch das Lied mit der Nummer 87, Vers 1, 2, 5, 7:

    O Tod, wo ist dein Stachel nun? Wo ist dein Sieg, o Hölle?
Was kann uns jetzt der Teufel tun, wie grausam er sich stelle?
Gott sei gedankt, der uns den Sieg so herrlich hat
nach diesem Krieg durch Jesus Christ gegeben.

    Wie sträubte sich die alte Schlang, da Christus mit ihr kämpfte!
Mit List und Macht sie auf ihn drang und dennoch er sie dämpfte.
Ob sie ihn in die Ferse sticht, so sieget sie doch darum nicht;
der Kopf ist ihr zertreten.

    Es war getötet Jesu Christ, und sieh, er lebet wieder,
Weil nun das Haupt erstanden ist, stehn wir auch auf, die Glieder.
So jemand Christi Worten gläubt, im Tod und Grabe der nicht bleibt;
er lebt, obgleich er stirbet.

    Das ist die reiche Osterbeut, der wir teilhaftig werden:
Fried, Freude, Heil, Gerechtigkeit im Himmel und auf Erden.
Hier sind wir still und warten fort, bis unser Leib wird ähnlich dort
Jesu verklärtem Leibe.
    »Welch reiche Osterbeut!«, ruft Onkel Ulrich, als alle wieder zu Hause sind und seine Schwester den Lammbraten mit zufriedenem Blick auf die festlich gedeckte Tafel setzt. Stolz blickt sie auf dem Tisch umher, schaut ihre Gäste an.

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