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Vater unser

Vater unser

Titel: Vater unser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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nickte und folgte ihm durch einen leeren, fensterlosen Flur, der sie stark an den Naturwissenschaftstrakt ihrer Highschool erinnerte. Ihre Schuhe hätten schon längst neue Absätze gebraucht. Die Metallkerne lagen frei und klapperten laut über den Betonboden. Julia verlagerte ihr Gewicht auf die Fußballen.
« Diese Türen führen zu Büroräumen», erklärte Dr. Mynks, während sie sich umschaute.
« Die Stationen befinden sich in den oberen Etagen. Dort haben Besucher keinen Zutritt.» Schließlich erreichten sie sein Büro. Er hielt Julia die Tür auf und bedeutete ihr mit einer Handbewegung, einzutreten.
« Man sagte mir, Sie seien Staatsanwältin in Miami. Sie haben einen weiten Weg hinter sich. Gestatten Sie mir die Frage, wer Sie sind?» Julia wich Dr. Mynks’ durchdringendem Blick aus und sah sich in dem spärlich möblierten Raum um. Eine Doktorurkunde der Johns Hopkins Medical School hing hinter seinem Schreibtisch an der Wand, außerdem ein Diplom der Cornell University.
« Ich bin seine Schwester», sagte sie und setzte sich auf den Stuhl, den Dr. Mynks ihr anbot.
« Andrew ist mein älterer Bruder.»
« Hmm», erwiderte der Arzt und nahm hinter seinem Schreibtisch Platz.
« Ich möchte ihn gern wiedersehen. Ich wusste nicht, dass er hier ist. Ich dachte, er sei – ich dachte, er sei tot. Ich will ihn einfach nur sehen.»
« Andrew hat Ihre Eltern –» Julia unterbrach ihn mit einer Handbewegung und nickte.
« Ja. Ich – ich weiß jetzt, dass er krank ist. Ich habe es erst vor ein paar Tagen erfahren.» Sie rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her.
« Hmm», sagte Mynks wieder, und Julia sah ihm an, dass er ihr nicht glaubte.
« Andrew geht es inzwischen deutlich besser, Miss Valenciano. Seitdem ich hier bin, habe ich ihn als einen vorbildlichen Patienten erlebt. Kennen Sie seine Krankengeschichte?»
« Ich weiß, dass er schizophren ist. Ich habe die Gerichtsakten gelesen.»
« Und das haben Sie vorher nicht gewusst? Haben Sie mit ihm unter einem Dach gelebt, als die Krankheit diagnostiziert wurde?»
« Ich war damals noch sehr jung. Welche Medikamente bekommt er?» Dr. Mynks schüttelte den Kopf.
« Das darf ich Ihnen nicht sagen – ärztliche Schweigepflicht.»
« Ich habe die Abschrift der Klageerwiderung gelesen. Ich weiß, dass er paranoid ist. Ich weiß auch, was in jener Nacht in seinem Kopf vorging. Was er gedacht hat ...» Sie räusperte sich.
« Über die CIA. Über unseren Vater. Ich weiß, was die Stimmen ihm befohlen haben.» Einen Augenblick lang herrschte unangenehmes Schweigen.
« Ich habe keine Ahnung, wie viel Sie über diese Krankheit wissen oder was Sie von Ihrem Besuch hier erwarten, Miss Valenciano. Schizophrenie verschwindet nicht einfach. Einige Patienten haben ihr ganzes Leben lang immer dieselben Wahnvorstellungen, andere entwickeln neue visuelle oder akustische Halluzinationen. Medikamente wirken manchmal Wunder – sie können die Stimmen zum Verstummen bringen oder zumindest dämpfen. Aber es gibt auch Patienten, bei denen eine Medikation nur begrenzt Erfolg hat. Einige leben bis zu ihrem Tod in einer Welt, zu der sich niemand Zutritt verschaffen kann. Glücklicherweise gehört Ihr Bruder zu denjenigen, denen geholfen werden kann. Aber er hat Sie sehr lange nicht gesehen, daher möchte ich Sie bitten, ihm Ihre Hände zu zeigen, bevor Sie sich zu ihm setzen. Mit den Handflächen nach oben. Er muss Ihre Hände eingehend betrachten können, damit er sich nicht aufregt.» Julia starrte Dr. Mynks an. Ein Schauer lief ihr über den Rücken.
« Er kontrolliert, ob Sie Implantate in den Händen haben», erklärte der Arzt nüchtern.
« Er will sichergehen, dass Sie keine CIA-Agentin sind. Die Medikamente helfen Ihrem Bruder, mit seiner Krankheit zu leben. Trotzdem kommen ihm seine Wahnvorstellungen immer noch real vor. Ohne die Medikamente würde er sein Leben darauf verwetten.» Er hielt kurz inne.
« Und Ihres.» Ich habe sie gerettet, Ju-Ju. Ich habe sie gerettet.
« Wenn das nicht auch unter die Schweigepflicht fällt», sagte Julia und starrte auf ihre Hände, « dann würde ich gern wissen – also ... Wie geht es ihm jetzt?»
« Das können Sie in ein paar Minuten selbst beurteilen. Andrew wartet im Besuchsraum im ersten Stock auf Sie.»
« Weiß er, dass ich es bin?»
« Ja, das weiß er.» Julia versuchte erfolglos, Dr. Mynks’ Gesichtsausdruck zu deuten. Sie hatte immer noch das Gefühl, dass der Arzt ihr gegenüber sehr skeptisch war.
« Danke, dass Sie sich

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