Vater unser
seufzte. So kamen sie nicht weiter.
« Gibt es irgendetwas, von dem Sie glauben, dass es uns weiterhelfen könnte? Ganz egal, was?»
« Da gibt es schon etwas», begann Jennifers Vater, und seine Stimme zitterte leicht.
« Nein, gar nichts», unterbrach Renny ihn und griff nach seiner Hand.
« Hör auf, dich zu quälen, Mike, bitte.» Sie fing wieder an zu weinen.
« Ganz egal, was», wiederholte Lat.
« Verdammt, ich will darüber reden! Endlich will ich es mal aussprechen», rief Michael Prowse laut und bestimmt. Er hielt kurz inne und fuhr dann fort:
« David hatte etwas Merkwürdiges an sich.» Tränen traten in seine Augen, und sein Blick schien sich nach innen zu richten, auf eine Gestalt seiner Erinnerung. Lat vermutete, dass Michael Prowse in den vergangenen anderthalb Wochen um mindestens zehn Jahre gealtert war.
« Irgendetwas stimmte nicht mit ihm», begann Michael Prowse noch einmal.
« Aber ich kann Ihnen nicht genau erklären, was es war. David hatte die Angewohnheit, einen unverwandt anzusehen. Er schaute einfach nicht mehr weg. Wenn er sich mit jemandem unterhielt, hörte er immer ganz genau zu – es war, als würde er einen regelrecht studieren. Und er fand für alles die passenden Worte. Die absolut richtigen Worte.»
« Und?», drängte Lat. Michael blickte Lat in die Augen. Tränen liefen über sein Gesicht.
« Genau das meine ich. David Marquette war – er war ...» Er suchte verzweifelt nach dem richtigen Wort.
« Er war einfach zu perfekt. Und er hat uns alle zum Narren gehalten.»
KAPITEL 25
RENNY BEGANN zu schluchzen und bebte am ganzen .. Körper.
« Hör auf, Mike! Ich will nichts mehr davon hören. Ich ertrage das nicht.» Lat war unbehaglich zumute.
« Möchten Sie, dass wir eine Pause machen, Mr. und Mrs. Prowse? Wir sind auch bald fertig.» Michael nickte und stand auf. Er schaute sich geistesabwesend um, als müsste er sich daran erinnern, wo er war.
« Komm, Liebes, lass uns für einen Moment nach draußen gehen», sagte er zu seiner Frau und führte sie aus dem Wohnzimmer. Es klingelte an der Tür, und Joanne sprang auf.
« Ich kümmere mich darum. Bitte, geben Sie uns allen ein paar Minuten Zeit.» Dann folgte sie ihren Eltern. Janna stand noch immer neben der Tür zur Küche. Ein unbehagliches Schweigen breitete sich im Raum aus.
« Janna?», begann Brill nach einer Weile.
« Könnten Sie mir wohl noch ein paar von den leckeren Keksen besorgen? Ich habe heute Mittag nichts gegessen.»
« Sicher», erwiderte sie und verschwand in der Küche. Lat starrte Brill an, als hätte er drei Köpfe.
« Noch mehr Kekse? Was zum Teufel soll das?»
« Sie hat mit ihrem Schwager gevögelt», verkündete Brill mit einem breiten Grinsen.
« Was?»
« Die kleine Schwester – da ist was im Busch, Boss. Sie weiß was, sie hat irgendwas gesehen, gehört oder getan. Ich bin nicht hundertprozentig sicher, aber ich könnte wetten, dass der Doc ihr Nachhilfe in Anatomie gegeben hat.» Lat blickte zur Küchentür.
« Glaubst du wirklich?»
« Wenn ich mich mit was auskenne, dann mit weiblicher Körpersprache. Sie steht so weit weg von der harmonischen kleinen Familie wie möglich. Hat die Arme verschränkt. Knabbert an ihrer süßen Unterlippe. Schaut wie ein verängstigtes Kaninchen. Und die ältere Schwester übernimmt das Sagen, weil die Mutter langsam zusammenbricht. Niemand soll den guten Namen der Familie in Verruf bringen, auch wir nicht. Daher fürchte ich, dass unsere Unterhaltung mit den Prowses jetzt beendet ist, Boss. Die haben nur das gesehen, was sie sehen wollten. Selbst im Nachhinein geht ihnen kein Licht auf.» Lat nickte langsam. Er musterte Brill von Kopf bis Fuß, als sähe er ihn zum ersten Mal.
« Und weil du mir das sagen wolltest, hast du sie in die Küche geschickt.»
« Nein, weil ich noch Hunger habe. Am liebsten würde ich ja was von dem deftigen Zeug essen», sagte er und deutete auf die Schüsseln und Töpfe auf dem Tisch.
« Aber es wäre ziemlich unverschämt, danach zu fragen. Übrigens – du hast diesen Verhörkram wirklich drauf, Sherlock. Rede du mit der Kleinen. Du hast ‘nen Draht zu den Leuten, das spür ich.» In diesem Moment kehrte Janna mit einem Teller voller Kekse in das Wohnzimmer zurück.
« Möchten Sie dazu auch noch eine Tasse Kaffee, Detective Brill?»
« Nein danke. Wir möchten, dass Sie sich zu uns setzen, Janna», sagte Lat freundlich, aber bestimmt. Er hoffte, dass Brills sechster Sinn ihn nicht getrogen hatte, denn andernfalls würde er sich am
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