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Vaterland

Vaterland

Titel: Vaterland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Auf B ü robasis? ... Aha. Hervorragend. Und das ist alles schon gemacht?«
    März lehnte sich mit geschlossenen Augen gegen die Wand und versuchte, nicht an den Ozean aus Papieren u n ter seinen Füßen zu denken. Mach schon, Rudi. Mach schon.
    Er hörte eine Glocke schlagen, als Halder auflegte. Ein i ge Sekunden später erschien Rudi im Korridor und zog sich die Jacke an. Eine Reihe von Bleistiftköpfen ragte aus se i ner Brusttasche.
    »Ein kleines bißchen Glück. Meinem Kollegen zufolge sind die Akten des Innenministeriums wenigstens schon katalogisiert worden.« Er ging rasch den Korridor entlang. März lief neben ihm her. »Und was bedeutet das?«
    »Das bedeutet, daß es einen Zentralindex geben müßte, aus dem wir entnehmen können, welche Akten wirklich über Stuckarts Schreibtisch gegangen sind und wann.« Er hämmerte auf die Knöpfe des Fahrstuhls. Nichts rührte sich. »Sieht so aus, als hätten sie das Ding über Nacht a b gestellt. Wir müssen laufen.« Als sie die breite Wende l treppe hinabklapperten, rief Halder:
    »Dir ist ja wohl klar, daß das gegen alle Regeln ist? Ich hab die Zulassung für Militär, Ostfront, nicht für Verwa l tung, Inneres. Wenn wir angehalten werden, mußt du der Sicherheit ein Garn über Polizeiarbeit vorspinnen - irgen d was, wozu sie Stunden brauchen, um es nachzuprüfen. Was mich angeht, ich bin nur ein armer Trottel, der dir e i nen Gefallen tut, klar?« »Weiß ich zu schätzen. Wie weit noch?«
    »Wir müssen bis ganz runter.. Halder schüttelte den Kopf. »Ein Ehrengericht! Mein Gott, Xavi, was ist bloß mit dir Ios?«
    Sechzig Meter unter der Erde zirkulierte die Luft kühl und trocken und waren die Lampen gedämpft, um die Archive zu schonen.
    »Man sagt, das hier sei so gebaut worden, daß es dem direkten Einschlag einer amerikanischen Rakete widerst e hen könnte«, sagt e Halder.
    »Was ist hier hinter?«
    März zeigte auf eine Stahltür, die mit Warnschildern b e deckt war. »ACHTUNG! UNBEFUGTEN IST DER Z U TRITT VERBOTEN!« un d »EINTRITT VERB O TEN!« und »DER AUSWEIS IST VORZUZEIGEN«.
    »Die richtige Geschichte ist 100 Divisionen wert, eri n nerst du dich? Da geht die falsche Geschichte hin. Scheiße. Paß auf.«
    Halder zerrte März in einen Durchgang. Ein Siche r heitsmann kam auf sie zu, gebeugt wie ein Bergmann in einem Flöz, er schob ein e Metallkarre vor sich her. März war überzeugt, daß er sie sehen werde, aber er ging vor Anstrengung stöhnend einfach vorüber. Er blie b an der M e tallschranke stehen und schloß sie auf. Ein flüchtiger Blick auf einen Hochofen, das Gebrüll von Flammen, b e vor sich die Tü r klirrend hinter ihm wieder schloß.
    »Komm, gehen wir.«
    Als sie weitergingen, erklärte ihm Halder das Verfahren. Das Archiv arbeitete nach den Grundsätzen eines Ware n hauses.
    Aktenanforderungen wurden an eine zentrale Bearbe i tungsstelle auf jedem Stockwerk gerichtet. Dort befand sich in Schubladen vo n eine m Meter Höhe und zwanzig Zentimetern Breite der Hauptindex. Neben jeder Akte n nummer stand eine Lagernummer. Die Bestände selbs t b e fanden sich in feuersicheren Lagerräumen, die neben der Bearbeitungsstelle lagen. Das ganze Geheimnis sei, sagte Halder, sich i m Index auszukennen. Er ging die Front der dunkelroten Lederrücken ab, klopfte gegen jeden mit se i nem Finger, bis er den eine n gefunden hatte, den er suchte, und schleppte ihn zu m Schreibtisch des Stockwerksleiters.
    März war einmal auf einem Flugzeugträger unter Deck gewesen, der Großadmiral Räder. Die Tiefen des Reich s archivs erinnerten ih n daran: niedrige Decken über die Lampenreihen liefen, und das Gefühl, etwas Gewaltiges erdrücke einen. Neben dem Arbeitstisch: ei n Fotokopierer - in Deutschland ein seltener Anblick, da man deren Verte i lung scharf überwachte, um die subversive Herstellun g verbotener Literatur zu unterbinden. Ein Dutzend leerer Karren stand neben dem Aufzugschacht. Er konnte in jede Richtung fünfzi g Meter weit sehen. Der Bereich war ve r lassen.
    Halder stieß einen Triumphschrei aus. »Staatssekretär, Büroakten 1939-1950. 0 Gott: vierhundert Kästen. Welche Jahre willst d u sehen?«
    »Das Schweizer Bankkonto ist im Juli 1942 eröffnet worden, sagen wir also die ersten sieben Monate dieses Jahres.«
    Halder drehte die Seite um und sprach mit sich selbst. »Aha. Ich sehe, wie sie das gemacht haben. Sie haben die Unterlagen in vie r Serien geteilt: Bürokorrespondenz, Pr o tokolle und Denkschriften, Gesetze und

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