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Vatermord und andere Familienvergnuegen

Vatermord und andere Familienvergnuegen

Titel: Vatermord und andere Familienvergnuegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Toltz
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verliere sie aus den Augen & sehe sie dann wieder am Seineufer entlanglaufen. Der Fluss glitzert unter den Straßenlampen. Das Boot tuckert heran. Über mir sehe ich Husky versteckt hinter einer Mauer. In der einen Hand hält er eine Handgranate m. der anderen wedelt er um mich zu verscheuchen. Das Boot legt an & unsere Jungs vertäuen es am Kai. Drei Araber kommen herangestürmt, Pistolen blitzen & Handgranaten in der Hand. Astrid springt aufs Boot. Sie brüllen ihr etwas zu aber sie hört nicht darauf & die Killer wissen nicht was tun. Sie wollen keine Zivilistin töten, dafür gibt es kein Geld.
    Sie ist auf dem Boot & weigert sich herunterzukommen.
    Einer der Männer entdeckt mich. Er feuert & ich ducke mich hinter die Mauer. Eine Sirene.
    Die Männer beratschlagen in gutturalen Lauten. Keine Zeit zu verlieren. Jetzt oder nie. Ich sehe zu Astrid hin & ihr Gesicht ist schmal & blass & auf den Tod gefasst. Ihr ganzes Gesicht ist in einer Weise verzogen als erwarte sie dass die Explosion des Boots nichts sei als ein lauter Knall.
    »Astrid! Schnell weg da!«, schreie ich.
    Sie schaut zu mir hoch & lächelt mir zu & schickt mir so die klare Botschaft dass über die Qual ihres Lebens nun der letzte Vorhang fällt. In diesem Lächeln lag ein adiós, kein au revoir.
    Eine Sekunde später detoniert das Boot in vielen kleinen Explosionen. Genau wie Terrys Vorschlagsbox. Astrid mittendrin, ein wahrlich einzigartiger Selbstmord. Überall Teile von ihr. Auf dem Kai. In der Seine. Selbst als Staub hätte sie nicht weiter verstreut werden können.
    Leute glotzen, erregt darüber, Augenzeugen meiner Tragödie geworden zu sein.
     
    Ich ging heim & ließ Astrid in Millionen Fetzen zurück. Niemand schaute mich an. Ich war unansehbar. Aber ich erbat Vergebung von jedem Gesicht. Jedes Gesicht war ein Glied in einer Kette von Gesichtern & ein Gesicht, das zerbrochen war. Schuldgefühle tauchten auf & fragten, ob ich sie annehmen wolle. Lehnte sie größtenteils ab, nahm aber ein paar, damit ich nicht mit leeren Händen aus dieser Beziehung hervorginge. Niemals hätte ich erwartet, dass am Ende unserer Liebesaffäre Astrid in ihre Einzelteile zerlegt sein würde. Allerdings, im übertragenen Sinne vielleicht schon.
    Hätte nie erwartet dass sie tatsächlich explodiert.
    Der Tod steckt voller Überraschungen.
    Unter dem Triumphbogen blieb ich stehen & dachte: Das Baby! Bin nun der einzige Angehörige, ich, verflucht & unrein m. einer Seele wie ein vergessenes Glied auf einem Schlachtfeld. Dachte zum ersten Mal, ich sollte vielleicht zurück nach Australien gehen. Plötzlich & ohne Grund vermisste ich meine sonnengegerbten Landsleute.
    Zurück in der Wohnung überall ihr Geruch. Ich sagte Eddie, er solle nach Haus gehen & ging ins Schlafzimmer zum schlafenden Baby, das nicht ahnte, dass der Kopf & die Arme & das Gesicht seiner Mutter allesamt an verschiedenen Orten waren.
    Nur ich & dieses grimassenschneidende Baby.
    Er wachte schreiend auf - vor Hunger oder existenzieller Angst. Was sollte ich jetzt machen? Es war ja nicht so, als hätte ich Brüste im Kühlschrank liegen. Ich öffnete eine Tüte Milch & schüttete ihm eine Tasse voll ein & ging mit der Tasse zurück zu Jasper & goss mit dem Gedanken, nun eine Art Witwe zu sein, ein wenig Milch in seinen Mund. Wir waren nicht verheiratet, aber ein Baby ist ein handfesterer Vertrag als ein dünnes Stück Papier.
    Fand an den Badezimmerspiegel geklebte Nachricht:
     
    »Ich weiß, du wirst dir Sorgen machen, wie du ein guter Vater sein sollst. Du musst ihn einfach nur lieben. Versuch nicht, ihn vor jedem Schaden zu bewahren. Hab ihn lieb, mehr musst du gar nicht tun.«
     
    Sehr vereinfacht, dachte ich und faltete den Zettel zusammen. Ich weiß jetzt, dass das von Anfang an ihr Plan war, auch wenn es ihr nicht bewusst gewesen war. Dieses Kind zu bekommen & sich dann selbst zu beseitigen.
    Astrid tot. Hatte sie eigentlich nie wirklich gekannt. Ob sie wohl wusste, dass ich sie geliebt habe?
    Ging nach oben & stopfte ein paar Kleidungsstücke in eine Tasche & ging dann wieder nach unten & sah nach dem Baby. Das ist es, was ich von nun an tun werde. Nach dem Baby sehen. Meinem Baby. Armes Baby. Jasper. Armer Jasper.
    Es tut mir leid so leid so leid was für schreckliche gemeinsame Tage vor uns liegen welch ein Pech dass deine Seele in den Körper meines Sohnes gefallen ist dein Vater ist ein einsamer Krüppel der Liebe. Ich werde dir beibringen all die verwirrten Gesichter zu

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