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Vatermord und andere Familienvergnuegen

Vatermord und andere Familienvergnuegen

Titel: Vatermord und andere Familienvergnuegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Toltz
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Mädchen auf und davon und hatte mich im Nirgendwo zurückgelassen. Und wo zum Teufel befand ich mich überhaupt? Klar war nur, dass dies der Ort war, an dem sich die gesamte Hitze von Thailand ballte.
    Ich lief mehrere Stunden lang ziellos herum. Schwärme übererregter Moskitos verfolgten mich unverdrossen. Niemand war zu sehen, es gab keinerlei Anzeichen von menschlichem Leben. Es fiel mir hier leicht, mir vorzustellen, dass ich der einzige Mensch auf Erden wäre, aber ich fühlte mich nicht einsam. Die Vorstellung, alle Menschen wären tot und es läge allein in meiner Hand, eine neue Zivilisation zu begründen oder auch nicht, munterte mich auf. Ich würde mich wohl eher dagegen entscheiden. Wer möchte schon die Schande auf sich nehmen, Vater des Menschengeschlechts zu sein? Ich jedenfalls nicht. König der Ameisen zu sein oder Galionsfigur der Krebsmenschen, das ja, aber nicht der menschlichen Rasse vorstehen - das hatte mir Eddie gründlich verleidet.
    Ich marschierte voran, durchweicht von der Luftfeuchtigkeit, aber mehr oder weniger zufrieden mit meiner Letzter-Mensch-auf-Erden-Fantasie. Es machte mir nicht mal besonders viel aus, dass ich mich hoffnungslos im Dschungel verirrt hatte. Wie oft würde mir so etwas im Leben widerfahren? Oft, vermutete ich. Diesmal war es der Dschungel, das nächste Mal würde es das Meer sein, dann der Parkplatz eines Supermarkts, bis ich schließlich unwiederbringlich im All verschwunden wäre.
    Aber meine Einsamkeit währte nicht lange. Ich hörte das Geschnatter von Stimmen am Fuß eines Hügels. Als ich die Böschung hinaufstieg, konnte ich eine Gruppe von ungefähr zwanzig Menschen sehen, vorwiegend Bauern, die einen Polizeibus umringten. Nichts an der Szene legte nahe, dass sie mit mir zu tun haben könnte, aber irgendetwas riet mir, lieber nicht dorthin zu gehen. Ich nehme an, so ergeht es einem, wenn man sich ständig grundlos schuldig fühlt.
    Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um besser sehen zu können. Dabei merkte ich, wie ein Schatten auf mich zuglitt. Ich fuhr herum. Eine Frau mittleren Alters mit einem Korb voll Äpfel starrte mich an. Nein, tat sie nicht. Sie warf verstohlene, düstere Blicke auf das Amulett an meinem Hals.
    »Bleib unten. Sie dürfen dich nicht sehen«, sagte sie zu mir mit einem Akzent so kräftig wie der Pflanzenwuchs um uns herum.
    Sie stieß mich mit ihren langen, kräftigen Armen zu Boden. Seite an Seite lagen wir auf der grasbedeckten Böschung. »Ich kenne dich.« »Tun Sie das?«
    »Du bist doch der Freund vom Doktor, oder?«, fragte sie. »Was ist denn los?«
    »Er steckt in Schwierigkeiten«, sagte sie.
    Sie wussten also, dass er das arme Mädchen dazu erpresst hatte, mit ihm zu schlafen. Gut so. Sollte mir nur recht sein, wenn sie ihn ins Gefängnis steckten, damit er den Rest seines Lebens in den Arsch gefickt werden würde. Er hatte es verdient.
    »Sie haben die Leichen wieder ausgegraben«, sagte sie.
    Welche Leichen?
    »Von welchen Leichen reden Sie da?« »Von dem alten Arzt und von dem jungen auch.« »Sie haben sie ausgegraben? Warum haben sie so etwas Gruseliges getan?«
    »Sie dachten, es sei vielleicht ein ansteckendes neues Virus. Vor Jahren hatten wir hier einen Fall von Hühnerpest. Daher gilt jetzt erhöhte Wachsamkeit bei Todesfällen mit unklarer Ursache.«
    Interessant, aber was hatte das mit Erpressung und Vergewaltigung zu tun?, fragte ich mich.
    »Und?«
    »Sie haben eine Autopsie vorgenommen. Und ich vermute, du weißt, was sie da gefunden haben.«
    »Ein grässliches Gematsche verwesender Organe?«
    »Gift«, sagte sie und beobachtete mich genau.
    »Gift? Und nun glauben sie...«Ich machte mir nicht die Mühe, den Satz zu beenden. Es war klar, was sie glaubten. Eddie hatte es getan, der miese Dreckskerl. Um den Traum seiner toten Eltern zu verwirklichen, hatte er den alten Arzt und seinen jungen Nachfolger umgebracht, um sie aus dem Weg zu schaffen.
    »Die Polizei will ihn also festnehmen?«
    »Nein. Siehst du die Leute da unten?«
    »Was ist mit denen?«
    In diesem Moment stiegen die beiden Polizisten in ihren Wagen und fuhren ab. Die Menge wurde wieder undurchdringlicher.
    »Sie haben der Polizei gerade erzählt, dass dein Doktorfreund schon nach Kambodscha umgezogen ist.«
    Ich wünschte mir wirklich, sie würde Eddie nicht als meinen »Doktorfreund« bezeichnen, auch wenn ich begriff, dass es aus Gründen der Verständlichkeit gut war, da in der Geschichte drei Doktoren vorkamen. Aber war ich wirklich

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