Vaters böser Schatten
mittleren Alters die Haustür. „Ja, bitte?“
„Hallo, ist Kyle zu Hause?“
„Aber sicher. Er ist mit Freunden im Garten. Kommen sie herein.“ Er trat beiseite und ließ die Jungs eintreten, die den lauten Stimmen folgten.
Kyle saß am Rand eines Swimmingpools, zusammen mit Kilian Anderson, Torrey Zuckermann und Corbin Abany.
„Shelser!“ Sebastian war so in Fahrt, dass er von Ryan und Leon festgehalten werden musste.
„McCoy und Blake … was wollt ihr denn hier?“ Kyle stand auf und fixierte die beiden grimmig.
„Wo warst du gestern Abend, hm?“
„Was geht dich das an?“, fragte Kyle zurück.
„Eine Menge“, knurrte Ryan. „Also … wo warst du? Du und deine saudämlichen Kumpels.“
Kyle antwortete nicht, dafür kam leise von Daniel: „Wer ist das?“
Leon sah zu ihm. „Corbin Albany.“
„Sieh dir seine Hände an.“
Auch wenn Corbin sie noch verstecken wollte, Leon hatte es gesehen.
„Ihr seid Dreckschweine. Allesamt. Fühlt ihr euch stark? Ben war euer Freund!“, sagte Ryan schockiert. Dass sie ihn verprügelten, machte für ihn noch irgendwo Sinn, aber Ben?
„Unser Freund? Er ist eine dreckige Schwuchtel!“
Bei Daniel löste der Satz ein Gewitter an Zorn aus. Er stürmte auf Kilian zu und verpasste ihm einen harten Schlag ins Gesicht.
„Daniel, nein! Hey, denk an meine Worte.“
„Was geht hier vor? Kyle, ich verlange eine Erklärung!“ Mr. Shelser stand mit in den Hüften gestemmten Händen auf der Terrasse.
„Sir, Benjamin Murphy … Ben liegt verprügelt im Krankenhaus, und ihr Sohn und seine drei Freunde sind dafür verantwortlich“, sagte Leon und zog sein Handy heraus.
„Was machst du?“
„Was wohl? Ich rufe die Polizei.“
„Was? Nein! Dad, er lügt. Ich war das nicht!“ Kyle stürmte auf Leon zu, doch der duckte sich unter dessen Schlag hinweg und seufzte.
„Mann, du machst es echt nicht besser.“
Die vier Freunde überlegten, wie sie aus dem Garten schnellstens verschwinden konnten, doch Mr. Shelser nahm sich Kyle nun gänzlich vor, brüllte ihn an, ob Leons Worte stimmen würden, ob er tatsächlich recht damit hatte, dass sein eigener Sohn so etwas Abscheuliches getan hatte.
Kyle zog es vor, zu schweigen.
„Warum?“, fragte Mr. Shelser.
Nachdem die Freunde eisern schwiegen, sagte Daniel leise: „Weil er nicht in euer Bild passt, nicht wahr? Weil er in euren Augen nicht cool ist … weil er NICHTS ANDERES ALS EINE DRECKIGE SCHWUCHTEL IST!“, brüllte er und musste von Ryan erneut festgehalten werden.
„Was? Wie bitte? Du hast Ben verprügelt, weil er … schwul ist?“ Mr. Shelser fehlten komplett die Worte, genauso wie Kyle, der allerdings bewusst schwieg. „Das kann ich einfach nicht glauben.“
Nur zwei Minuten später klingelte es an der Haustür, die Leon öffnen ging. Er kam mit zwei Polizisten zurück.
„Officer …“ Leon erklärte mit kurzen Worten, warum er sie gerufen hatte. „Ich bin sicher, dass die Familie Anzeige erstatten wird.“
„Jungs, lasst uns gehen. Daniel will zurück und … ich denke, wir werden hier nicht mehr gebraucht“, sagte Ryan und legte einen Arm um Daniel, der ihm sofort folgte.
Sebastian blieb vor Kyle stehen und sah ihm in die Augen. „Du bist das absolut Letzte … widerlich …“, knurrte er und spuckte dem anderen vor die Füße, dann wandte er sich ab und verließ das Grundstück.
Zurück im Krankenhaus liefen sie schweigend den Flur entlang.
„Danke, dass ihr uns geholfen habt.“ Daniel blieb plötzlich stehen. „Dass ihr für ihn da wart. Wir wissen beide, dass Ben auch nicht immer der nette Kerl war. Aber … er ist kein schlechter Mensch. Er hat nur die falschen Freunde.“
Ryan konnte nicht verhindern, dass er skeptisch die Augenbraue hob. „Hm … wenn du meinst. Sorry, ich hab ihn anders kennengelernt. Und ich kenn ihn schon ein paar Jahre. Immer wenn es darum ging, jemanden verbal zu attackieren, stand Ben in der ersten Reihe. Also hoffe ich, du bist nicht sauer, wenn ich einfach … vorsichtig bin.“
Einen Moment ließ sich Daniel die Worte durch den Kopf gehen. „Ich kenne Ben seit seiner Geburt. Ich habe ihn aufwachsen sehen, Ryan. Glaube mir, er ist kein schlechter Mensch. Er versucht, mitzuhalten. Nenn es von mir aus Gruppenzwang, aber ich weiß, dass ich recht habe.“
„Du liebst ihn, nicht wahr?“ Leon lächelte leicht. „Ich sehe es an deinem Blick; wie du ihn ansiehst.“
Daniel wurde ein wenig rot um die Nasenspitze. „Ja, das tu ich. Wisst ihr,
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