Vaters böser Schatten
…“, flüsterte Leon unter Tränen.
„Bitte, nicht weinen, Schatz. Es reicht, wenn ich heule.“ Ryan legte den Kopf in den Nacken und atmete tief durch. In diesem Moment, als sich die Handschellen um seine Gelenke geschlossen hatten, war sein gesamtes Leben den Bach runtergegangen. Er konnte es kaum glauben, als er seine Fingerabdrücke hatte abgeben müssen. Nun war er, egal, was passierte, für den Rest seines Lebens aktenkundig. Er war auch fotografiert worden. Es war ihm wie ein schlechter Film vorgekommen, als sie ihm ein kleines Schild in die Hand gedrückt hatten, auf dem eine Nummer und sein Name gestanden hatte.
Er hatte sich nach links und rechts drehen müssen und dabei die ganze Zeit an seine Mutter gedacht. Gott, was hatte er nur getan?
Und nun stand Leon vor ihm - weinend und total verzweifelt. Das war wieder einer dieser Momente, in denen er am liebsten niemanden sehen würde. Niemand sollte erkennen, wie sehr ihn all das belastete. Seinen Freund so vor sich stehen zu sehen, machte ihn fertig - noch mehr, als seine eigene Situation.
„Ich hol dich hier raus. Ich lass nicht zu, dass die dich hier behalten.“
Ryan schüttelte den Kopf. „Du bist süß. Aber hier hilft auch dein Helfersyndrom nicht. Du kannst mich hier nicht rausholen.“ Er lächelte zaghaft, als er seinem Freund die Tränen von den Wangen strich. „Ich denke nicht, dass mir jetzt jemand helfen kann. Du hast niemanden verdient, der im Knast sitzt. Leon, ich …“
„Vergiss es, McCoy! Denk nicht mal daran. Ich steh hinter dir, egal, was passiert!“
„Warum? Ich meine, ich bin nicht unbedingt der wahnsinnig nette Kerl, den man um sich haben will.“ Ryan trat einen Schritt zurück. „Du solltest mich vergessen. Scheiße, ich ertrage das nicht, Leon.“ Weinend sank er auf das Bett und hielt sich wieder die Hände vor das Gesicht.
„Ryan, bitte! Das kannst du doch nicht wirklich denken! Komm her!“
Ryan schüttelte nur langsam den Kopf.
„Komm her, verdammte Scheiße!“, schrie Leon plötzlich.
Sein Freund hob den Kopf, sah ihn einen Moment an und stand dann auf. Wieder schlossen sich ihr Finger umeinander.
„Ryan, ich liebe dich! Das weißt du und nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben; nach allem, was zwischen uns passiert ist, wirst du mich nicht von dir fernhalten können. Sieh mich an!“
Ryan hob den Kopf. Plötzlich hatte er nur eines im Sinn. Er legte seine Hand in Leons Nacken, zog ihn sanft an sich und küsste ihn zärtlich. „Das kann ich nie wieder gutmachen“, flüsterte er.
„Doch, indem du nie wieder sagst, dass ich mich von dir fernhalten soll. Ich gehöre zu dir. Hast du das vergessen?“ Er legte seine Hand auf Ryans Brust. „Darin schlägt mein Herz, und ich will es, verdammt noch mal, nicht wiederhaben! Hast du das verstanden?“
Ryan lächelte ein wenig und nickte dann schließlich.
„Die Zeit ist um!“, sagte der Officer hinter ihnen.
Ryan warf ihm einen kurzen Blick zu und sah dann wieder zu Leon. „Ich liebe dich …“, flüsterte er.
„Ich dich auch. Gib nicht auf, okay?“ Sanft küssten sie sich noch einmal, dann wandte Leon sich ab und ließ seinen Freund zurück.
Als er wieder zu Michelle kam, sah er Eileen an, die neben seiner Mutter stand und bitterlich weinte.
„Leon, wie geht es ihm?“, fragte Michelle gleich.
Eileen hob den Kopf, schloss Leon in ihre Arme und zitterte unaufhörlich.
„Ich weiß nicht. Er ist ziemlich fertig.“ Leon löste sich von Eileen, legte aber den Arm um ihre Schultern. „Weiß jemand, warum er doch verhaftet wurde?“
„Der Sheriff kommt gleich zurück. Dann erfahren wir es“, erklärte Maggie.
Leon setzte sich auf eine Bank, zog Eileen auf seine rechte Seite und Michelle auf die linke. „Das ist alles unglaublich …“, murmelte er und legte den Kopf zurück an die Wand. Mit geschlossenen Augen kämpfte er gegen die Tränen an.
„Nicht aufgeben, Leon“, sagte Michelle leise. Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn, als der Sheriff auf sie zutrat.
„Bitte, kommen Sie doch mit in mein Büro.“
Eileen erhob sich, doch Michelle und Leon blieben sitzen.
„Leon, geh du mit. Maggie und ich werden warten.“
„Okay.“ Er stand auf und folgte Eileen und Sheriff Lucas.
„Setzen Sie sich.“
Eileen und Leon nahmen vor seinem Schreibtisch Platz und sahen ihn fragend an.
„Nun, Jonathan geht es soweit gut. Er hat die Operation überstanden und wurde heute Morgen von der Intensivstation verlegt. Er hat sofort die
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