Vaters böser Schatten
Polizei kommen lassen und gegen seinen Sohn Anzeige erstattet.“
Leon und Eileen starrten ihn an.
„Das ist nicht wahr!“, platzte Leon heraus. „Er hat nicht wirklich seinen eigenen Sohn angezeigt!“
Eileen zitterte noch heftiger, schnappte nach Luft und sank auf dem Stuhl immer weiter zusammen.
„Eileen? Geht es Ihnen gut?“
Leon sah sie besorgt an, stand dann auf und rannte aus dem Zimmer. „Mum! Ruf Dad an! Er soll herkommen! Schnell!“
Maggie warf ihrem Sohn einen verwirrten Blick zu.
„Es geht schon“, sagte Eileen gerade, als Leon zurückkam.
Der Sheriff hatte ihr ein Glas Wasser hingestellt, aus dem sie nun kleine Schlucke trank.
„Mein Dad kommt her. Er kümmert sich um dich.“
„Eileen, Ryan braucht einen Anwalt. Als er vorhin seine Aussage gemacht hat, konnte ich ihn davon überzeugen, eine Gegenanzeige wegen Körperverletzung zu stellen. Das hat er auch getan, doch ohne juristische Hilfe, wird er kaum eine Chance haben, da wieder heil herauszukommen.“
Eileen nickte, während Leon seinen Zorn kaum unterdrücken konnte. Er hatte in seinem bisherigen Leben nie Hass empfunden. Er hatte immer gedacht, dass ein Mensch, den er nicht mochte, nie solch eine wichtige Rolle in seinem Leben spielen könnte, dass er ihn hassen müsste, doch nun wurde er eines besseren belehrt. Er starrte auf seine zitternden Hände, vernahm die Stimmen nur am Rande und stand schließlich auf. „Tut mir leid, aber ich brauche frische Luft. Ich muss hier raus!“
Er öffnete die Tür, ohne sich umzudrehen und hastete an Michelle vorbei, die ihm sofort folgte. Er hatte es nicht länger im Zimmer ausgehalten, das war schon richtig, doch im Moment wollte er nur eines ...
Michelle rief seinen Namen, doch stehen blieb er nicht.
„Verdammt, Blake! Er ist auch mein Freund! Sag mir endlich, was der Sheriff gesagt hat!“, schrie sie über den Parkplatz.
Leon war neben seinem Auto stehen geblieben und atmete tief durch. „Jon hat ihn angezeigt. Wegen Körperverletzung. Kannst du dir das vorstellen? Er hat seinen eigenen Sohn angezeigt!“ Er stieg ein und wartete, dass Michelle ihm folgen würde, doch die stand wie angewurzelt auf dem Parkplatz. „Ich fahre jetzt zu ihm. Kommst du mit?“
Sie blinzelte und sah Leon verwirrt an. „Zu wem?“
„Zu wem wohl? Zu Jonathan natürlich!“, gab Leon ungehalten zurück.
„Spinnst du? Du machst alles nur noch schlimmer!“
„Hey, jetzt pass mal auf. Dieses Arschloch hat dafür gesorgt, dass unser Freund, der Mensch, den ich über alles liebe, im Knast sitzt. Ich lass nicht zu, dass der damit ungestraft davon kommt!“
„Was willst du tun? Ihn verprügeln?“
„Nein. Ich weiß es noch nicht. Vielleicht anschreien, bis meine Stimme weg ist, und das kann dauern. Kommst du nun mit?“
„Ja!“ Sie stieg ein. „Jemand muss dich ja von Dummheiten abhalten. Leon, versprich mir, dass du ihn nicht anrührst!“
Er haderte mit sich, denn genau das wollte er am liebsten. Ryans Werk beenden, ihm die Seele aus dem Leib prügeln, doch tief in sich wusste er, dass das der komplett falsche Weg wäre. „Ich verspreche es. Schnall dich an!“
„Kommandier mich nicht herum!“, antwortete sie patzig.
Leon sah sie kurz an und lächelte dann. „Mann, Ryan würde sich schon wieder fragen, warum wir seinetwegen solchen Aufriss veranstalten!“
„Ja, weil er nie begriffen hat, was für ein unglaublicher Mensch er ist.“ Michelle sah auf ihre Hände und lächelte. „Ich vermisse ihn. Ich würde ihn jetzt gern in den Arm nehmen. Wenn ich mir vorstelle, dass er ganz allein …“ Ihre Stimme brach ab, erstarb in den Tränen.
Leon schaltete den Motor wieder aus und drehte sich zu ihr um. Sanft zog er sie an sich, vergrub sein Gesicht in ihrem Haar und küsste sie auf die Stirn. „Ich weiß, was du meinst. Ich habe ihn eben da sitzen sehen und … oh Mann …“
Beide weinten, versuchten sich gegenseitig Halt zu geben, doch innerlich zerbrachen sie beinahe.
„Lass uns mit dem Kerl ein ernstes Wort reden, okay? Das schulden wir Ryan einfach!“, sagte er dann leise.
Michelle nickte. „Ja, du hast recht.“
Leon startete den Motor erneut und fuhr los. Er wusste nicht genau, was es war, doch er schätzte, dass es Michelle war, die ihn in diesem Moment so sehr beruhigte, dass er nicht das Gaspedal durchtrat.
Am Krankenhaus hielt er an und stieg aus.
„Leon …“
„Ja?“
„Denke daran, was du mir versprochen hast. Du hilfst Ryan nicht, wenn du seinen Vater jetzt
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