Vaters böser Schatten
doch nicht. Er zog sein Handy aus der Hosentasche und wählte Leons Nummer. Doch bitter enttäuscht musste er feststellen, dass dieser sein Handy ausgestellt hatte. War er bei seinen Eltern? Bei Michelle? Irgendwo unterwegs?
„Ryan … wie geht es dir?“, fragte Maggie gleich, nachdem er im Haus der Blakes angerufen hatte.
„Geht so. Ist mein Freund bei euch?“
„Ja, er ist oben im Gästezimmer. Ryan …“, setzte Maggie an, doch Ryan unterbrach sie.
„Nein, schon gut. Er wird dir erzählt haben, was passiert ist. Ich wollte nur sicher gehen, dass er nicht durch die Gegend irrt. Gute Nacht.“ Er legte einfach auf und biss die Zähne zusammen. Was sollte das alles? Wütend verzog er sich ins Bett, konnte kaum glauben, dass er allein unter der Decke lag. Julius’ Worte geisterten ihm immer wieder durch den Kopf. War er jetzt der Egoist oder Leon? War er es, der einlenken musste oder Leon?
Lange lag er wach, dann wählte er die Nummer seines Cousins. Mit irgendwem musste er reden, der zusätzlich in seinem Alter war.
„Bei der Arbeit …“, murmelte Dylan ins Telefon.
„Hey, ich bin’s.“
Dylan, der über seinen Politikhausaufgaben saß, war dankbar über jede Ablenkung. „Ryan, wie geht’s dir?“
„Beschissen. Dylan, ich brauch mal einen Rat.“ In den nächsten Minuten erzählte er, was passiert war, und Dylan hörte schweigend zu.
„Du bist vielleicht ein Idiot.“
„Was?“ Ryan setzte sich auf.
„Na hör mal, versetz dich mal in Leons Lage. Er allein mit einem Cowboy, der ihn ansabbert … irgendwo bei den Kühen und du hast keinen Schimmer, was die beiden machen. Würdest du das witzig finden?“
So rum hatte Ryan noch nicht gedacht. „Nein …“, sagte er langsam.
„Das ist deine Antwort, Kumpel. Stell den Kerl nicht ein. Das würde Leon fertig machen. Und wenn du ihn einstellst, arbeite nicht mit ihm zusammen. Hör mal, ich kann Leon verstehen. Im Fitnessstudio gibt’s auch genug Typen, die Jamie hinterher hecheln, und ich hab keinen Plan, was er die ganze Zeit macht. Ich vertraue ihm, aber rasend macht’s mich trotzdem. Es gibt nun mal auch Kerle, die nicht unbedingt zurückhaltend sind, verstehst du? Und wenn Jared dich offensiv anbaggert … an Leons Stelle würde ich dem vermutlich eine reinziehen.“
Ryan war irgendwann aufgestanden und tigerte nun durch sein Zimmer. „Ja, das ist ja alles richtig. Aber hier geht’s doch nicht nur um Leon und mich. Hier geht’s doch auch um das Wohl der Firma.“
„Idiot!“, wiederholte Dylan.
„Sag nicht ständig ‚Idiot’ zu mir, verflucht!“
„Doch, das muss ich. Hey, die Vereinigten Staaten haben über dreihundert Millionen Einwohner. Glaubst du, dass Jared der einzige ist, der Qualitäten in der Tierhaltung hat? Es wird ein anderer kommen, und der ist genauso gut. Sogar besser, weil er nicht dem Boss hinterher sabbert. Also … Idiot!“
„Arsch“, konterte Ryan genervt, doch Dylan lachte nur. „Von mir aus. Ryan, im Ernst jetzt; wenn dir Leon wichtig ist, respektierst du seinen Wunsch und suchst weiter.“
Ryan verabschiedete sich und setzte sich auf sein Bett. „Oh Mann, das kann doch alles nicht wahr sein. Leon!“, fauchte er und sank in die Kissen zurück.
Am Morgen, als er sein Fahrrad anschloss, schaute er sich auf dem Parkplatz der Schule um. Leons Honda stand bereits da, doch wo war er? Völlig zerrissen zwischen seinen Gefühlen, machte er sich auf die Suche und traf seinen Freund in der Cafeteria an, doch was dann passierte, damit hatten weder er, noch Leon gerechnet.
Sie schauten sich in die Augen, stürmten aufeinander zu und küssten sich verzweifelt.
Während die anderen Schüler die beiden nur kopfschüttelnd musterten, vergaßen sie völlig Zeit und Raum.
„Es tut mir so leid …“
„Nein mir …“
„Ich stell ihn nicht ein …“
„Behalte ihn …“
„Du willst es nicht, also …“
„Ich vertrau dir …“
Beide sprachen gleichzeitig in die Küsse, bis Ryan sich löste. „Okay, langsam.“
Leon fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. „Es tut mir leid. Ich habe überreagiert. Ich vertraue dir, Ryan. Wenn du ihn einstellen willst, dann tu das.“
„Ja, aber du willst es ja nicht. Leon, bitte glaub mir, ich habe keinerlei Interesse an ihm. Ich hab ihn mir offen gestanden nicht mal richtig angeguckt. Wie ich schon mal sagte, ich seh nur dich. Nur dich allein.“
Leon schlang seine Arme um Ryans Hals. „Ich weiß … es tut mir leid. Aber … wenn du ihn
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