Vegas Vampires 04 - Was sich liebt, das beißt sich
fühlte sich erschöpft, entschlossen und stur. Der Geschmack von schlechtem Kaffee lag ihm noch auf der Zunge, und die Muskeln seiner Schultern schrien von der Anspannung und dem Stress des ganzen Tages.
Gwenna Carrick hatte ihn also sitzengelassen. Er sollte es dabei belassen. Sich nicht länger darum kümmern.
Doch er wollte das nicht. Er war nicht in Stimmung, sich mit einer Verschwinde-Nummer abzufinden. Wenn sie ihn nicht wiedersehen wollte, okay, allerdings hätte sie es ihm ins Gesicht sagen sollen. Sie hätten sich voneinander verabschieden sollen. Was war daran so verflixt schwierig?
Und er hatte noch einige Fragen an sie zu dem toten Kerl auf dem Bahnhof. Einige interessante kleine Tatsachen waren während der letzten Stunden aufgetaucht, und er fragte sich, wie sie wohl darauf reagieren würde.
Nate ging zur Rezeption. »Ich muss mit Gwenna Carrick sprechen. In welchem Zimmer wohnt sie?«
»Tut mir leid«, entgegnete die Rezeptionistin lächelnd, wobei ihr blondes Haar über ihre gerade geschnittene Uniformjacke rutschte. »Aber das kann ich Ihnen nicht sagen.«
Nate zog seine Marke aus seiner Hosentasche und hielt sie ihr hin. »Ich bin Detective Thomas von der Las Vegas Metro Police. Ich muss mit Ms Carrick im Zusammenhang mit einer laufenden Morduntersuchung sprechen.«
Das Mädchen wurde blass. »Oh, äh. Warten Sie einen Augenblick. Ich hole rasch den Chefportier.« Sie drehte sich um und rannte davon.
Nate war versucht, sich einfach über den Tresen zu beugen und Gwennas Namen in den Computer einzugeben, aber er beherrschte sich. Fünf Minuten später hatte er die Information, die er brauchte, und fuhr mit dem Aufzug in den zwanzigsten Stock.
Er hatte Fragen – und er würde darauf Antworten erhalten.
Gwenna überprüfte ihre E-Mails. Sie checkte sowohl ihre private Adresse als auch das Forum und suchte nach einem Zeichen von Slash.
Es gab Mails von ihm aus der vergangenen Nacht, darauf konnte man sich allerdings nicht verlassen. Manchmal tauchten E-Mails sofort im Forum auf, manchmal gab es aber auch unvorhersehbare Verzögerungen. Es bewies nicht, dass Slash nicht doch der Typ im Leichenschauhaus war.
Die Möglichkeit seines Todes ließ sie erschaudern. Sie hatte zwar keinen Grund, sich schuldig zu fühlen. Er hatte den Treffpunkt vorgeschlagen, und in seinen vielen Beiträgen zum Forum war Slash nicht unbedingt als besonders nett rübergekommen. Trotzdem. Es war ja nicht so, dass die Tatsache, dass jemand sich im Internet als Scheißkerl gab, rechtfertigte, ihn um die Ecke zu bringen.
Aber sie entdeckte eine persönliche E-Mail von Slash an sie, die offenbar heute Morgen verschickt worden war, wenn die Zeitangabe in der Überschrift stimmte. Das war vielversprechend, und sie wollte sie gerade anklicken, als es an der Tür klingelte.
»Mist.« Sie wollte wirklich sehen, was Slash ihr mitzuteilen hatte. Sie überflog rasch die Mail, während sie schon aufstand. Eine Entschuldigung, dass er ihre Verabredung verpasst hatte. Er hätte arbeiten müssen, schrieb er, und wäre nicht rechtzeitig weggekommen.
Es klingelte wieder, und Gwenna rannte in Vampirgeschwindigkeit hinüber, während sie gedanklich noch einmal Slashs E-Mail durchging. Wenn er in der vergangenen Nacht gearbeitet hatte, konnte er bestimmt nicht ermordet und hinter einen Fahrkartenautomaten gequetscht worden sein. Und das bedeutete, dass alles nur ein Zufall war. Das Mordopfer hatte nichts mit Slash oder dem Vampirjägerforum zu tun. Und sie war einfach nur versetzt worden.
Es war eine enorme Erleichterung.
In der Erwartung, dass es Alexis oder Kelsey war, die etwas zu früh für ihren Konzertbesuch zu ihr kam, öffnete sie die Tür, ohne vorher durch den Spion zu sehen. Kelsey hatte gedroht, eine riesige Tüte mit Make-up mitzubringen, um Gwenna herzurichten. Bereits zum Protest entschlossen riss sie die Tür auf und öffnete den Mund, eine Bemerkung im Sinne von »weniger ist mehr« auf den Lippen.
Die Worte erstarben, als ihr klar wurde, dass Nate vor ihrer Tür stand. Er sah müde aus, wütend und ungeduldig, wenn seine erhobene Hand als Zeichen dafür angesehen werden durfte. Er hatte vorgehabt, beim dritten Mal nicht mehr zu klingeln, sondern mit der geballten Faust Einlass zu begehren.
»Hi!«, sagte sie geistlos und wünschte sich sehnlichst, sie würde keine Yogapants tragen. Aber sie war nach dem Duschen einfach hineingeschlüpft, denn sie wusste, dass Kelsey ohnehin darauf bestehen würde, ihren
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