Vegas Vampires 04 - Was sich liebt, das beißt sich
Kleiderschrank zu durchforsten und ein passendes Outfit für sie auszuwählen. Kelsey war einfach der Typ dafür, und im Grunde genommen war Gwenna lausig, wenn es um Kleidung ging, weshalb sie dazu bereit war, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Solange nichts Durchsichtiges dabei herauskam oder etwas, das so kurz war, dass sie sich nicht würde hinsetzen können.
Doch jetzt trug sie eine hautenge graue Stretchhose, die frau nur an einem verabredungsfreien Freitagabend tragen konnte, und Nate starrte sie stumm an. Da sie das ärgerliche und verräterische Brennen schon wieder auf ihren Wangen spürte, zwang sich Gwenna zu einem strahlenden Lächeln. »Was führt dich denn hierher?«
»Kann ich reinkommen?«, fragte er und deutete in ihre Suite. Er lächelte nicht.
»Oh! Natürlich.« Sie hatte zu viel Zeit in York verbracht. Sie hatte vergessen, wie man mit anderen menschlichen Wesen im Alltag umging. Ein Großteil ihres Kontaktes zu anderen Personen verlief online, und das war nicht gerade dabei hilfreich, sich soziale Kompetenz anzueignen. »Tut mir leid. Komm doch rein. Bitte.«
Er folgte ihr in ihre Suite, und sie schaute sich rasch um, um sicherzugehen, dass nichts Unpassendes irgendwo herumlag, wie etwa ein Korb mit schmutziger Unterwäsche oder Blutkonserven. Na ja, er hatte ihre Unterwäsche letzte Nacht gesehen, als er sie ihr vom Körper gerissen hatte, also würde ihm ein bisschen persönliche Wäsche wohl nichts ausmachen, aber trotzdem. Und Blutkonserven wären einfach nur schlecht. Schlechtes Blut. Schlecht, schlecht, schlecht. Sie würde mit seiner Erinnerung spielen müssen, würde etwas löschen müssen, wenn er etwas Vampirisches sehen sollte, und das fühlte sich einfach falsch an. Gewalttätig sogar, nach ihrem gestrigen Erlebnis.
»Nimm doch Platz«, sagte sie und deutete auf ihr Sofa. Ethans Innenarchitekten hatten gute Arbeit geleistet. Die Suiten glichen eher Apartments als Hotelzimmern und waren mit schweren Stoffen und qualitativ hochwertigen Möbelstücken ausgestattet. Es war geschmackvoll, aber Gwenna wurde mit einem Mal bewusst, dass sie sich nie die Mühe gemacht hatte, es zu ihrem eigenen zu machen. Es war noch immer nur eine Hotelsuite im Casino ihres Bruders. Kein Heim. Nicht mehr, als Robertos italienische Villa ihr Heim gewesen war. Sie hatte immer gewusst, dass sein Personal keine große Achtung vor ihr hatte, und Roberto selbst hatte ihr nie die Erlaubnis gegeben, die Villa nach ihrem Geschmack einzurichten.
Sich selbst ein Heim zu schaffen – das war eine weitere Sache, zu der sie nie gekommen war. Oder vielleicht hatte sie einfach auch nur nicht gewusst, wie sie es anstellen sollte.
»Danke.« Nate setzte sich und seufzte, als ob er bis auf die Knochen müde sei.
Er hatte noch immer keine Begründung für sein Auftauchen geliefert, und er sah auch nicht so aus, als wäre er in der Stimmung für Zärtlichkeiten. Gwenna war sich völlig unsicher, wie sie weitermachen sollte. Sie hatte keinerlei Erfahrungen mit One-Night-Stands, und die Klosterschule, die sie in ihrer Jugend besucht hatte, hatte ihr keinerlei Anstandsregeln hinsichtlich unerlaubtem Sex vermittelt.
Es war ja klar: Hier machte sie sich blöderweise Gedanken darüber, wie sie eine postorgasmische Begegnung handhaben sollte, während er wahrscheinlich den Tag damit zugebracht hatte, seine Familie und ein Bestattungsinstitut zu kontaktieren. Sie war ein unsensibler Klotz! Dachte an Sex, während er trauerte.
»Geht es dir gut? Hattest du heute Gelegenheit, mit deinen Eltern zu sprechen?«, fragte sie und setzte sich in den Sessel ihm gegenüber. Sie wollte ihn berühren, nur um ihn zu beruhigen und ihm ein wenig Trost zu spenden, doch er wirkte sehr hart und verschlossen.
»Ja. Sie sind in L.A. stecken geblieben, aber sie sollten bis morgen früh hier sein.« Er trommelte mit den Fingern auf sein Knie, immer wieder, und beugte sich steif vor. »Ich wollte dich nur wissen lassen, dass das Opfer nicht dein Kumpel Slash war.«
Gwenna war überrascht, wie zutiefst erleichtert sie ehrlich war, und doch tat es ihr von ganzem Herzen leid, dass das Leben eines anderen auf derart vulgäre Art zu Ende gegangen war. »Oh, gut. Danke fürs Bescheidgeben. Ich hatte mir schon gedacht, dass er es nicht sein konnte. Ich habe nämlich eine E-Mail von ihm bekommen, in der er mir mitteilt, dass er nicht zu unserem Treffen kommen konnte, da er lange arbeiten musste. Es tut einfach gut, es gewissermaßen offiziell gesagt
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