Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vegetarismus - Grundlagen, Vorteile, Risiken

Vegetarismus - Grundlagen, Vorteile, Risiken

Titel: Vegetarismus - Grundlagen, Vorteile, Risiken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Leitzmann
Vom Netzwerk:
bedeutungslosen Zeitraum an die Stelle einer weitgehend naturbelassenen und überwiegend pflanzlichen – d.h. kohlenhydrat- und ballaststoffreichen Nahrung – eine stark verarbeitete, energiedichte, fettreiche – aber ballaststoffarme – Kost. Tierische Nahrungsmittel wurden aufgrund der günstigen Preise verstärkt nachgefragt, insbesondere von der rasch wachsenden Arbeiterschicht.
    Mit der Änderung der Ernährungsweise gingen arbeitsbedingt eine drastische Verringerung der körperlichen Aktivität und die Veränderung weiterer Lebensumstände einher. Viele der sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländer, die in diese Phase der Industrialisierung etwa ein Jahrhundert zeitverzögert zu den westlichen Industrienationen eintraten, wurden und werden ebenfalls mit diesen weitreichenden Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten konfrontiert.
    Aus der Industriellen Revolution ergibt sich eine Ernährungsweise, die als
Zivilisationsnahrung
bezeichnet wird.
4. Die artgerechte Ernährung des Menschen
    Zusammenfassend läßt die Beobachtung der Entwicklungsgeschichte der Ernährung des Menschen die Folgerung zu, daß der Mensch wie auch seine Vorfahren als
Omnivoren
(Allesesser) eingestuft werden kann, allerdings mit klarer Betonung auf pflanzlicher Nahrung. Eine rein vegetarische Ernährung liegt nicht in der Natur des Menschen begründet, sondern ist eine Erscheinung seiner Kultur. Offensichtlich hatte weder eine rein vegetarische noch eine ausschließlich aus tierischen Nahrungsmitteln bestehende Kost während allen Phasen der menschlichen Evolution einen arterhaltenden oder auslesefördernden Charakter. Der tierische Anteil der Nahrung setzte sich allerdings erst zu Zeiten der Sammler und Jäger vermehrt aus Fleisch von Säugetieren zusammen. Vorher bestand der tierische Kostanteil überwiegend aus Insekten, Echsen und anderen Kleinlebewesen anstatt aus Muskelfleisch.
    Die über viele Jahrmillionen Menschheitsgeschichte hinweg deutliche Präferenz pflanzlicher Kost zeigt sich auch heute noch an
anatomischen und physiologischen Merkmalen
des Menschen, die sich kaum von denen unterscheiden, die beim ersten Auftreten der Gattung Homo vorlagen.
    Die Proportionen zwischen Magen, Dünn- und Dickdarm sowie die Größe der einzelnen Verdauungsabschnitte erlauben beispielsweise Rückschlüsse auf eine gemischte, aber überwiegend pflanzliche Kost. Nimmt bei reinen Fleischfressern, wie etwa der Katze, der Magen bereits rund 70 % vom Volumen des gesamten Verdauungstraktes ein, haben bei reinen (nicht-wiederkäuenden) Pflanzenfressern Blind- und Dickdarm ein sehr großes Volumen. Beim Menschen stellt der Dünndarm mit etwa 60 % des Volumens den größten Teil des Verdauungstrakts dar, was auf eine Stellung zwischen reinen Carnivoren (Fleischfressern) und reinen Herbivoren (Pflanzenfressern) hindeutet.
    Auch die Art der Zähne der menschlichen Vorfahren belegen einen überwiegenden Verzehr pflanzlicher Kost. Abnutzungsspuren auf den Mahlzähnen von Australopithecinen entstanden wahrscheinlich durch das intensive Kauen von Pflanzen, während Reißzähne praktisch fehlen. Weitere Merkmale sind die Schluck- und Kaubewegungen des Menschen (kein Hinunterschlingen der Nahrung wie bei Raubtieren), seine Schweißdrüsen und das Vorkommen stärkeabbauender Enzyme im Speichel – typische Charakteristika von Herbivoren, die Carnivoren fehlen.
    Ein wichtiges physiologisches Merkmal, das auf überwiegend pflanzliche Nahrungsquellen unserer Vorfahren hindeutet, ist die Unfähigkeit des Menschen (wie auch der anderen Primaten), Vitamin C zu synthetisieren. Offensichtlich war diese Fähigkeit bei dem überreichlichen Angebot an Früchten und Blättern auch nicht notwendig. Carnivoren hingegen sind mit den entsprechenden Enzymsystemen ausgestattet.
    Diese und weitere Unterschiede verdeutlicht eine Gegenüberstellung der anatomischen und physiologischen Gegebenheiten (Tab. 5).
    Tab. 5: Anatomische und physiologische Unterschiede bei Pflanzenfressern und Fleischfressern (nach
v. Koerber et al.,
2004, S. 20)
    Zusammenfassend kann eine
überwiegend pflanzliche Ernährung als artgerechte Ernährung des Menschen
bezeichnet werden. Die Ausgestaltung dieser artgerechten Ernährung hängt wiederum von der jeweiligen Lebensregion ab und kann verschieden große Anteile pflanzlicher und tierischer Nahrung

Weitere Kostenlose Bücher