Vegetarismus - Grundlagen, Vorteile, Risiken

menschliche Kultur gibt es erst,
wenn nicht nur die Menschenfresserei,
sondern jeder Fleischgenuß
als Kannibalismus gilt.“
 
Wilhelm Busch
(Dichter, Deutschland, 1832–1908)
    Neben dem Vegetarismus, der von seinen Anhängern als eigenständige Kostform in unterschiedlichen Facetten und Varianten praktiziert wird, gibt es zahlreiche weitere alternative Ernährungsformen, die von vegetarischen Elementen geprägt sind. Diese dürfen nicht mit kurzfristigen Ernährungskuren (z.B. Schroth-Kur, Mayr-Kur) oder Reduktionsdiäten (z.B. Psycho-Diät, Brigitte-Diät) verwechselt werden, die meist eine Reduzierung des Körpergewichts oder andere spezielle Wirkungen wie beispielsweise eine Darmsanierung zum Ziel haben. Alternative Ernährungsformen sind langfristig praktizierbare Kostformen, die einem bestimmten Konzept folgen und von der bei uns heute üblichen Ernährungsweise abweichen.
    Nicht alle dieser Kostformen sind vegetarisch, wenngleich alle überwiegend aus pflanzlichen Nahrungsmitteln bestehen. Darüber hinaus weisen alternative Ernährungsformen viele weitere Gemeinsamkeiten auf. Anhänger dieser Kostformen legen großen Wert auf die Qualität der Lebensmittel, die maßgeblich durch Anbau (ökologische Landwirtschaft), Verarbeitung (so werterhaltend wie möglich), Auswahl (regionale und saisonale Produkte) und Zubereitung (möglichst schonend) der Lebensmittel bestimmt wird. Ein weiteres Merkmal vieler alternativer Kostformen ist eine holistische Orientierung. Sie verfolgen demnach nicht nur gesundheitliche Ziele, sondern schließen auch weitergehende Aspekte wie persönliche Bewußtseinsentwicklung, Erhaltung der Umwelt oder soziale Gerechtigkeit in ihre Betrachtungsweise mit ein.
    Eine größer werdende Anhängerschaft rückte die alternativen Kostformen in den vergangenen Jahren ins öffentliche wie auch ins wissenschaftliche Interesse. Während Menschen, die sich „alternativ“ ernähren, früher mit den gleichen Vorurteilen zu kämpfen hatten wie Vegetarier, hat sich das Blatt mittlerweile gewendet. Der Vegetarismus ist heute weitestgehend gesellschaftlich akzeptiert und wird nicht länger als „Spinnerei“ und „Sektierertum“ abgetan. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen eindrucksvoll, daß eine vegetarische Ernährung zahlreiche gesundheitliche Vorteile mit sich bringen kann.
    Neben der vegetarischen Ernährung tauchen auch andere alternative Ernährungsformen zunehmend in der Berichterstattung der Medien auf und werden mittlerweile in einigen therapeutischen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Kurkliniken verordnet und angewendet. Keine der sonstigen alternativen Ernährungsweisen weist eine ähnlich hohe Verbreitung auf wie die vegetarische Ernährung. Einige dieser Kostformen, wie beispielsweise die Haysche Trennkost und die Vollwert-Ernährung, haben einen hohen Bekanntheitsgrad, wenngleich mangels Datenmaterial keine genauen Angaben darüber gemacht werden können, wie viele Menschen eine solche Ernährungsweise praktizieren. Eine Studie der Universität Gießen im Jahre 2005 ermittelte 11 bis 15 Millionen Anhänger alternativer Kostformen in Deutschland, Tendenz steigend.
    Ãœber die Ursache dieses zunehmenden Interesses an Alternativen Ernährungsformen können lediglich Vermutungen angestellt werden. Zu den Gründen zählt ohne Zweifel ein steigendes Gesundheitsbewußtsein in der Bevölkerung, das nicht zuletzt durch immer weitere Lebensmittelskandale gefördert wird. Aber auch die aktuelle Diskussion um die begrenzte Belastbarkeit unserer Gesundheitssysteme, die Suche nach anderen Wegen in der Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten sowie eine neue Sichtweise der Beziehung zwischen Mensch, Tier, Natur und Umwelt dürfte zu dieser Entwicklung beitragen.
    Diesem Umstand trägt auch die Wissenschaft Rechnung. So liegen mittlerweile viele hundert Studien zu verschiedenen Aspektender vegetarischen Ernährung vor. Andere alternative Ernährungsformen waren bisher selten Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Das steigende Bedürfnis nach sachgerechter und objektiver Information seitens der Bevölkerung sollte Universitäten und andere wissenschaftliche Institutionen dazu motivieren, sich vorurteilsfrei mit alternativen Kostformen auseinanderzusetzen, um diese aus ernährungsphysiologischer Sicht zu