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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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Flash gehört. Waffenfähiges Adamantium. Das Vorbild aller Psychokiller. Qu’est-ce que c’est, verdammte Hacke?
    Er wäre tief beleidigt, stünde da nicht ein Hüter hinter dem von einer Seite durchsichtigen Spiegel. Scheiße, der hat wenigstens Biss.
     
     
    Das Glitzern rasiermesserscharfer Zähne
    Pechorin (Lebensform) – Status : alle lebenswichtigen Funktionen in homöostatischem Gleichgewicht; psychophysiologische und kinästhetische Wahrnehmung gedämpft; affektive/logische Reaktionen beeinträchtigt; reflexhafte/habituelle Verhaltensreaktionen eingeschränkt; Ich völlig außer Kraft gesetzt; Es völlig außer Kraft gesetzt; Psyche völlig außer Kraft gesetzt.
    Pechorin (Lebensform) – Status : Persönlichkeitsbypassoperation erfolgreich.
     
    Bemerkung: Objekt sitzt in gelassener Haltung da und beobachtet den Agenten (Dr.) Starn; hin und wieder huscht sein Blick zum Beobachtungsspiegel hinüber ( Analyse: Objekt hat Lebensform bemerkt. Reaktion: Funktionen der Lebensform minimieren, Trancezustand vertiefen).
     
    Operativer Vorgang: Psychischer Kontakt hergestellt; vorläufigen Scan eingeleitet.
    Erzählstrom aufgespürt:
    Jack blickt in den Spiegel, betrachtet sein eigenes Spiegelbild und was dahinter liegt. Blickt man hinter die Fassade seiner gebleichten Haare und seiner Körperhaltung, entdeckt man immer noch ein Bild — ein Spiegelbild, ein Schatten — des Jungen, der er einmal war: ein Bücherwurm, der sich in Träumen verlor und von seiner Umgebung nichts mitbekam, Narziss oder Endymion, Kama Krischna auf seinem Lotus. Er lässt den Blick in die Ferne schweifen, den Spiegel durchdringen: Überall um ihn herum werden Blätter aufgewirbelt, rote, goldene, orangefarbene, gelbe, Herbstblätter, Feuerblätter, brennende Blätter, die aus Büchern gerissen werden, alles geht in Flammen auf, schwarzer Weihrauch steigt empor und verliert sich in der blauen Ewigkeit. Die ganze Welt müsste brennen, denkt er, das wäre hübsch, verdammte Hacke.
    Jack grinst, und seine rasiermesserscharfen Zähne glitzern.
    Operativer Vorgang: Erzählung fokussieren; Suche nach Hauptidentität beginnen.
    Die Sommersonne wärmt ihm den Nacken, die sanfte Hitze gleicht einer Liebkosung. Er läuft über den Rasen auf die Bibliothek aus rotem Backstein zu, der Mitte der Welt entgegen.
    »Hallo, Jack«, ruft die Stimme hinter ihm.
    »Yo, Joe«, sagt er.
    »Wo hast du denn die ganze Woche gesteckt?«
    Nirgendwo, denkt er. Nur ein weiterer verlorener, letzter Sommertag seiner Jugend, den er zum größten Teil in der Bibliothek verbracht hat. Seinen Altersgenossen geht er aus dem Weg, in der Einsamkeit ist er glücklich, in den Reichen der Phantasie, glücklicher jedenfalls als in dieser scheintoten Wirklichkeit der Siedlungsbauvorhaben und Bandenschlachten.
    »Hier und dort«, sagt Jack.
    Er weiß, dass er als Außenseiter gilt, als Spinner, der sich abseits hält. Aber das ist ihm egal. Ihm leistet die ganze Ewigkeit Gesellschaft, in seinem Kopf.
    Das Wesen der Verschwörung
     
    Starn versucht das Gefühl zu ignorieren, dass er beobachtet wird – das gehört zu seinem Job. Aber Spiegel, die von einer Seite durchsichtig sind, machen ihn ebenso nervös, wie wenn ihm jemand beim Zeitung lesen über die Schulter schaut. Als wären Überwachungskameras nicht schon genug. Wenn sie wollen, dass er dem Kerl in den Kopf kriecht, könnten sie ihn wenigstens in Ruhe lassen. Schließlich ist der Beamte hinter der Scheibe nicht zur Beurteilung eines derartigen Falls qualifiziert.
    »Vielleicht können wir ein wenig über Sie reden«, sagt er, »aber erst möchte ich wissen, ob Sie sich wirklich darüber im Klaren sind, wo Sie sind und was mit Ihnen geschieht. Können Sie mir sagen, wo Sie sind?«
    »Sie wissen, wo ich bin.«
    »Natürlich. Natürlich. Ich möchte nur sicher sein, dass Sie es auch wissen.«
    »In einer Verhörzelle tief unter der Erde, im geheimen Stützpunkt eines Imperiums, das seit Anbeginn der Zeit besteht und bis in alle Ewigkeit bestehen wird und über alle Affenautomaten herrscht und herrschen wird.«
     
    Starn schaut sich in dem Verhörzimmer um. Durch ein kleines vergittertes Fenster hoch oben in der Wand fällt Sonnenlicht herein, Staubkörnchen tanzen in der Luft. Den dritten Stock würde er nicht unbedingt als ›tief unter der Erde‹ bezeichnen.
    »Affenautomaten?«, sagt er.
    »Marionetten an Schnüren, die an den Ganglien in ihrem Kopf baumeln und taumeln. Mehr sind wir nicht für sie –

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