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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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Affenmenschen, Golems, Scheißsoldaten des Imperiums.«
    »Des Imperiums?«
    »Das Imperium ist nie untergegangen. Es hat sich nur getarnt. Man kann es nur sehen, wenn man die Augen schließt.«
     
    Der Gefangene lächelt, greift nach dem Pappbecher mit schwarzem Kaffee, der auf dem Tisch steht, und trinkt einen Schluck.
    »Sie glauben, das alles hier ... sei ein Teil des Imperiums?«
    »Ich weiß es und Sie wissen es auch. Sie wissen nur nicht, dass Sie es wissen. Das liegt im Wesen der Verschwörung.«
    Ganz klar, das sind die Sprüche, die man von einem Politnik zu hören erwartet, denkt Starn. Er hat die Slogans der Neobolschewiken und heiligen Krieger an Mauern und auf Plakaten gesehen. Aber Starn glaubt nicht, dass ›Jack Flash‹ vom selben Imperium spricht wie die Splittergruppen, die gegen die Pax Britannica kämpfen.
    »Glauben Sie, dass ich Teil dieser ›Verschwörung‹ bin?«, fragt er.
    »Je weniger Leute darüber Bescheid wissen, desto mehr hängen mit drin. Das ist die perfekte Verschwörung – alle sind daran beteiligt und keiner weiß es.«
    »Sie glauben, dass alle an dieser Verschwörung beteiligt sind?«
    »Ich weiß, dass ich es bin.«
     
    Starn überfliegt die Notizen auf dem Bildschirm.
    Patient weist typische Symptome einer ausgeprägten (akuten) Schizophrenie auf – Wahnvorstellungen von Ungeheuern und Erlösern, Apophänie, der Glaube an Gedankenübertragung und -kontrolle. ›Affenautomaten‹ – Identitätsstörungen, Entfremdung vom eigenen Ich.
    Patient hat eigene Unsicherheiten als invasive Fremdmacht externalisiert  – Verschwörung. Sieht sich als ›Geheimagent‹? Paranoia / Größenwahn. Ohne Zweifel zu einem Mord fähig. ›Spartakus‹ = rebellischer Sklave. Opfer = Manager, Industriekapitäne = Anführer der Verschwörung? Hochkomplexe Hirngespinste.
    Stellt sich die Frage: Macht er uns nur etwas vor?
    »Können Sie mir noch mehr über dieses Imperium erzählen, über diese Verschwörung?«
     
     
    Das Kali-Yuga
     
    Ich lege mich in die Kurve, nur einen Winkel von dreißig Grad vom Straßenbelag entfernt. Funken fliegen, die Drehscheiben des Luftkrads schrammen über das Pflaster. Der Motor heult auf, als ich den Turbo zuschalte. Ich kann es schaffen. Das ist eine 1951er Jaguar Silver Shade, das einzige Luftkrad, das diese Firma gebaut hat. Ein Triumph der britischfaschistischen Technik. Mit deren Hilfe das Imperium erobert wurde.
    Die Ornithopter orgeln über die Dächer, stoßen in die Straßenschluchten des Hafenviertels hinab wie ein Schwarm mechanischer Fledermäuse oder Schmetterlinge oder Raubvögel. Sie scheinen ganz aus blitzenden flitzenden silbrigen Flügeln zu bestehen. In meinem Windschatten wird die Straße von einem nicht enden wollenden Kugelhagel zerschreddert, eine Schneise aufstiebender Steinsplitter tut sich hinter mir auf, Pflastersteine und Ziegelmauern, Kisten und Plastikmülltüten werden durchlöchert. Man könnte meinen, die Hölle sei mir auf den Fersen. Aber das macht nichts — schließlich laufe ich immer dann zu Höchstform auf, wenn ich gejagt werde.
     
    Während ich über das von Wurzeln gesprengte Fundament einer vor langer Zeit stillgelegten Schiffswerft rase, feuere ich über die Schulter hinweg einen Schuss ab und treffe den Piloten des vordersten Thopters mit einem Qi-Strahl mitten in die Stirn, knallbumm in sein sechstes Chakra — sein drittes Auge, das Stirn-Chakra, wird sich niemals öffnen. Der Thopter gerät ins Trudeln und kracht in die beiden direkt hinter ihm. Ich ballere weiter wild drauflos und treffe den Strahlentank des vierten Thopters. Hinter mir bohrt sich das Chaos aus drei miteinander verknoteten Thoptern in den Boden, Schrapnell fliegt durch die Luft, und ich entwische in eine schmale Gasse zwischen zwei Lagerhäusern. Der Pilot des vierten Thopters gerät aufgrund des Lochs im Strahlentank ins Trudeln und versucht, seine Maschine abzufangen, doch er schafft es nicht. Er rammt die Backsteinmauer eines Lagerhauses, und die Explosion zerstört ein für allemal die verblassten, sich ablösenden Überreste einer aufgemalten Reklame für eine schon lange in Vergessenheit geratene Firma. Aber noch bin ich nicht über den Berg.
    Vier der übrigen Thopter halten sich über dem Lagerhaus, während ein weiterer mir durch den schmalen Spalt zwischen den Gebäuden folgt; die Spitzen seiner Flügel berühren fast das Mauerwerk und er feuert aus allen Rohren. Der Pilot ist wirklich mutig und geschickt, aber das hindert

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