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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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dem Freeway auf der anderen Seite des Hügels«, sagt er. »Diese Wüstenluft macht scheißdurstig.«
    »Ich hol Ihnen eine Flasche«, sagt Mac. »Oder ein Bier, wenn Sie mögen.«
    »Nein ... danke, aber Wasser wäre toll.«
    Der herzförmige Holzfensterladen knallt zu und Mac ist fort. Der Engel schaut sie noch immer direkt an.
    »Wie heißt du, Kleine?«, sagt er, und sie hasst ihn augenblicklich.
    »Phreedom«, sagt sie, »aber mit PH, nicht mit F.«
    Sie liebt ihre Techno-Hippie-Eltern, ehrlich, aber manchmal war sie auch ein wenig neidisch auf ihren Bruder, Tom, auf seinen normalen Namen. Sie hatte sogar eine Phase, in der sie nur auf ›Anna‹ reagierte. Inzwischen hat sie jedoch Gefallen an ihrem Namen gefunden. Sie hat sich angewöhnt, Leute danach zu beurteilen, wie sie reagieren, wenn sie sie danach fragen und sie ihnen antwortet und einfach nur dasteht mit einem Gesichtsausdruck, der sagt: Ja und, was ist dein Problem?
    »Tatsächlich?« Er lächelt. »Sag mal ... Phreedom ... kennst du hier irgendwo jemanden, der richtig gut Sachen reparieren kann ... Autos, meine ich?«
    Finnan.
     
    »Sie meinen, einen Handwerker? Einen Mechaniker oder so was?«, sagt sie.
    »Genau.«
    Lüge nie einen Engel an, denkt sie.
    »Was für ein Auto ist es denn?«
    »Hier ist Ihr Wasser«, sagt Mac, tritt aus der offenen Eingangstür und reicht dem Fremden eine Flasche Mineralwasser. »Was ist los?«
    »Ich habe die junge Dame hier gerade gefragt, ob sie jemanden kennt, der meinen Wagen reparieren könnte.«
    »Da müssen Sie sich an Finnan wenden«, sagt Mac. »Der Kerl kann zaubern. Elektrisch, mechanisch, ganz gleich – wenn es kaputt ist, bekommt er es wieder hin. Sein Stellplatz ist dort drüben, ganz aus Wellblech und alten Gummireifen, Sie können ihn nicht verfehlen. Phree bringt Sie hin, nicht wahr, Phree? Sie und Finnan sind dicke Freunde. Du hast doch gerade nichts anderes vor, nicht wahr, Phree?«
    Sie blickt vom einen zum anderen und dann auf ihre Füße hinunter.
    »Wohl nicht«, sagt sie.
     
     
    Der Blick eines Engels
     
    »Wie kommt es, dass du schon auf den Beinen bist, während alle anderen noch im Bett liegen?«, fragt der Engel.
    Er geht etwa zwei Schritte hinter ihr her, als sie ihn den kurzen Weg zu Finnan führt. Sie lässt sich Zeit.
    »Ich bin gerade losgezogen, um für Finnan ein paar Peyote-Buttons zu ernten. Er hat mir erzählt, dass sie besser knallen, wenn man sie bei Tagesanbruch pflückt.«
    »Vermutlich erzählt er dir eine ganze Menge.«
    »Ihr Mantel gefällt mir«, sagt sie.
    Er ist lang und schwarz, mit hohem, hochgeschlagenem Kragen, das Leder abgewetzt und staubig, als sei er darin um die ganze Welt gewandert.
    »Sieht ordentlich warm aus, gut gegen kalte Wüstennächte«, sagt sie.
    »Keine Ahnung«, sagt er. »Normalerweise bin ich nicht so weit weg von der Zivilisation ... nichts für ungut.«
    »Schon in Ordnung.«
     
    Slab City ist schon ziemlich primitiv, das muss sie zugeben. Als Trailer-Parks in den 1950ern zum ersten Mal richtig in Mode kamen – das Heim der Zukunft –, kauften sich viele Mittelstandsfamilien einen Wohnwagen oder ein Wohnmobil als Ferienhaus. In den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts waren diese Freizeitfahrzeuge dann das Einzige, was sich viele Leute leisten konnten. Also gab es auf der einen Seite Trailer-Parks, die Ferienanlagen glichen, mit Freizeiteinrichtungen und allen erdenklichen Annehmlichkeiten – man fährt einfach vor, mietet einen Stellplatz, schließt Wasser, Strom und Abflüsse an oder, noch besser, überlässt das alles einem Bediensteten, während man selbst mit den Kindern zum Tennisunterricht geht.
     
    Andere Orte waren billiger, dafür jedoch schmutziger und mit weniger Annehmlichkeiten. Slab City ist eigentlich nur ein nichtssagender Fleck, auf dem die Leute eines schönen Tages ihre Wagen abgestellt haben. Es kostet nichts und es gibt weder Strom noch Wasser, und so ziehen im Großen und Ganzen nur Aussteiger oder Pleitegeier hierher.
     
    »Was haben Sie nochmal gesagt, was für ein Auto Sie haben?«, fragt sie den Engel.
    »Ein rotes«, sagt er. »Erzähl mir etwas über diesen Finnan.«
    »Ich weiß nicht viel über ihn.«
    »Mac hat gesagt, ihr wärt Freunde.«
    »Er redet nicht viel.«
    »Vielleicht hat er etwas zu verbergen.«
    »Finnan hat nichts zu verbergen.«
    »Wir haben alle etwas zu verbergen.«
    »Und was verbergen Sie?«
    Der Kerl bleibt stehen und sie dreht sich um, schiebt die Hände in die

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