Velvet Haven Paradies der Dunkelheit
kam. Sein Leben hing in diesem Augenblick an einem seidenen Faden.
»Nach allem, was wir geteilt haben?«, sagte er leise. »Nach allem, was wir zusammen gemacht haben, willst du mich nun verraten? Warum, muirnin ?«
Mairi lockerte ihren Griff um den Opferdolch. Dies entsprach exakt ihrem Traum. Und zwar bis ins letzte Detail.
Sie atmete schwer, da sie wusste, was als Nächstes geschehen würde. Tränen rannen ihr über das Gesicht, und sie presste die Augen zu, um ihn nicht sehen zu müssen.
»Mairi?«
Sie antwortete ihm nicht, öffnete jedoch die Augen und hielt seinem Blick stand, als sie die Klinge des Dolches tief zwischen seine Schultern rammte. Mit all ihrer Kraft jagte sie die Klinge tiefer in sein Fleisch, spürte, wie es Muskeln und Gewebe durchschnitt, zwischen den Rippen hindurchfuhr und schlieÃlich das feste Gewebe seines Herzens durchbohrte.
Sie hörte, wie Morgans Stimme an ihrem Ohr flüsterte: »Ein Haus der Trauer, ein Garten voll Schmerz, ein Pfad der Tränen. An diesem Ort wirst du ihn finden.«
»Keine Rätsel mehr«, rief Mairi verzweifelt, doch Brans Schmerzensschrei machte sie für Morgans Antwort taub.
Auf einmal wurde es stockdunkel, und sie spürte, wie sich der vertraute Schleier über sie herabsenkte und ihren Körper bedeckte.
Regen prasselte auf sie herab, und als er Mairis Schreie hörte, öffnete Bran die Augen. Sie lagen auf dem Boden unter Bäumen und waren in Nemed, an seinem heiligen Ort. Zurück zu Hause. In Annwyn.
Die Regentropfen fielen ihm ins Gesicht, und er wischte sich die regennassen Strähnen aus der Stirn. Seine Handgelenke. Sie waren frei. Er rappelte sich auf und erblickte Mairi, die neben ihm lag und sich vor Schmerzen wand. Eine Blutlache hatte sich unter ihr gebildet. Da war so viel Blut, dass der Regen gar nicht alles wegwaschen konnte.
»Mairi«, schrie er und packte sie, wiegte sie in seinen Armen. »Was hast du getan?«
»Ich habe dich befreit ⦠von Morgans Fluch«, flüsterte sie, von heftigen Atemzügen unterbrochen. »Du bist jetzt frei ⦠dein Bruder ist frei ⦠Ich weiÃ, wo du ihn findest. Er ist â¦Â«
»Pst«, flüsterte er und hielt sie fest an sich gedrückt. »Warum hast du das nur getan?«
»Um den Fluch zu brechen und ⦠um deinen Bruder zu retten. Er ist es, den du auf dieser Welt am meisten liebst.«
»Nein«, protestierte er und schüttelte den Kopf. Er klammerte sich an sie, wollte seinen Körper mit ihrem verschmelzen. »Da täuschst du dich«, flüsterte er. »Du bist es, die ich auf dieser Welt am meisten liebe.«
Sie lächelte schwach und hob eine zitternde Hand an sein Gesicht. »Ich liebe dich.«
Seine Augen brannten, als sich der Regen mit seinen Tränen vermischte. »Was kann ich bloà tun? Wie kann ich dir helfen?«
»Das kannst du nicht.« Sie holte tief Luft, als eine erneute Welle des Schmerzes sie erfasste. Die Welt um sie herum verschwamm vor ihren Augen. »Halt mich einfach nur fest.«
»Nein!«, stieà er mit Panik in der Stimme hervor. »Nein, es muss einen Weg geben. Mairi, verdammt, öffne doch die Augen. Sofort â öffne die â¦Â«
»Es hat keinen Sinn mehr, Raven.«
Von Nebelschwaden umgeben erschien Cailleach plötzlich mitten im Regen. Ihr Blick richtete sich auf Mairi, dann auf ihn. »Heile sie«, verlangte er, »und ich werde alles tun, was du verlangst.«
»Das kann ich nicht. Meine Mächte erstrecken sich nicht auf Lebewesen ihrer Art. Sie ist eine Sterbliche. Der Tod ist Teil ihrer Existenz.«
»Ich will sie nicht verlieren«, schrie er und verbarg sein Gesicht an ihrer Schulter. Sie hatte ihn gerettet, nicht nur ein Mal, sondern nun sogar schon wieder.
»Du hättest sie niemals behalten dürfen. Das solltest du doch verstehen.«
»Nein, ich verstehe es nicht!«, brüllte er. »Ich verstehe es nicht! Sag mir warum, Cailleach. Du weiÃt es ja offensichtlich. Du bist diejenige, die mir diesen verdammten Fluch auferlegt hat. Erklär mir bitte, weshalb ich es nicht wert sein soll, die Liebe zu finden!«
Sie hob ihr Kinn und blickte ihn herausfordernd an. »Du bist doch derjenige, der selbst entschieden hat, dass es so sein soll. Du hast einen Adbertos dargebracht und dein Glück gegen das von Daegan eingetauscht.«
»Soll ich dieses Gefühl der Wärme also
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