Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Renwick, S: Velvet Haven - Pforten der Finsternis - Mists of Velvet - The Immortals of Annwyn Book Two
zurückgelassen hatten. Er war durstig und hatte Schmerzen, und er war äußerst neugierig, mehr über die Welt zu erfahren, in der er sich plötzlich befand.
Er hatte es geschafft, sich aufzurichten, und zum Glück hatte sein Kopf aufgehört, sich zu drehen, und auch sein Magen hatte sich beruhigt. Er hatte zwar Hunger, doch in der Hütte fand sich weder etwas zu essen noch zu trinken. Himmel, er wusste ja noch nicht einmal, was man in Annwyn so zu sich nahm. Beeren und Blätter? Darüber musste er selbst lachen. So groß wie Bran und Keir waren, bezweifelte Rhys, dass ausschließlich Beeren auf dem Speiseplan standen.
Ob er es wagen sollte, nach draußen zu gehen? Sein Bauchgefühl riet ihm davon ab. Seine Göttin würde bestimmt bald zu ihm zurückkommen. Dann würde er ihr Fragen stellen und endlich Bescheid wissen. Sie hatte ihm bestimmt nicht das Leben gerettet, um ihn dann einfach so im Stich zu lassen.
Vor der Feuerstelle aus Stein richtete er sich auf und blickte von oben auf seinen Körper hinab. Er war nackt, seine Schenkel von Schmutz und getrocknetem Blut überzogen. Die Brust allerdings war gereinigt, und eine grässliche grüne Spachtelmasse bedeckte seine Wunden. Er musste ja zugeben, dass sich das Zeug gut anfühlte, und als er anfing, es abzukratzen, bemerkte er, dass die Haut darunter bereits zu heilen begann.
Er brachte ein Stück von der Paste an seine Nase und schnupperte daran. Es war etwas Organisches, roch nach Kiefernnadeln und nach Pflanzen und Erde. Das überraschte ihn kein bisschen. Die Bewohner von Annwyn lebten nach den Prinzipien der Druiden, und die Druiden waren überzeugt, dass jedes Lebewesen – vom kleinsten Blatt bis zum größten Tier – seinen eigenen Lebensgeist besaß. Die Druiden bedienten sich in ihrer Heilkunst, ihren Zeremonien und in der Zauberei diverser Kräuter. Rhys hatte von diesen uralten Überlieferungen gehört, doch in der Realität war er ihnen noch nie begegnet. Und nun durfte er ihre Wirkweise am eigenen Leib erfahren.
Als er an die Magie dachte, fragte sich Rhys wieder einmal, wo zum Teufel Keir eigentlich steckte. Er war sich sicher gewesen, dass der Schattengeist auf der Türschwelle der Hütte auftauchen würde. Im Geiste hatte er sogar einen Hilferuf an ihn geschickt, doch da war nichts – keinerlei Verbindung. Nur Stille.
Seufzend ließ Rhys den Kopf hängen und schloss die Augen. Er war wirklich so was von verloren, wenn die Göttin beschlossen haben sollte, ihn im Stich zu lassen. Es war nicht zu übersehen, dass die Hütte nicht allzu oft benutzt wurde, und die Wahrscheinlichkeit, dass ihn jemand zufällig
entdeckte, war nicht sonderlich groß – und schon gar nicht jemand, der ihm auch noch helfen würde. Cailleach hingegen würde vielleicht sogar auftauchen, aber nur, um ihn eiskalt zu töten.
Er war kurz davor, wieder einzunicken, als ihn das Klicken des Türriegels aufschreckte. Seine Haut flimmerte, und er machte sich bereit, gegen den Eindringling zu kämpfen, als sich die Tür langsam einen Spalt öffnete.
Dort stand seine Göttin. Ihr besorgter Blick huschte von dem leeren Schlaflager durch den Raum, und sofort trat Erleichterung in ihre blauen Augen.
»Ich bin noch da«, sagte er leise. »Aber ich habe mir schon Sorgen gemacht, ob du wohl zurückkommst.«
Sie erwiderte nichts, drehte sich einfach nur um und schloss die Tür. Über die Schulter gehängt trug sie eine Tasche, und nun ging sie auf den abgewetzten Holztisch zu, auf dem sie sie abstellte. Sie öffnete sie und platzierte den Inhalt nacheinander auf dem Tisch.
Rhys sah ihr dabei zu. Das war nun das erste Mal, dass er sie bei klarem Verstand erlebte, mit unverschleiertem Blick, ohne dass die Droge seine Sinne beeinträchtigte. Seine erotischen Halluzinationen waren keineswegs übertrieben gewesen. Sie war einfach wunderschön, ihr Körper umwerfend, weibliche Kurven und feste Brüste. Ihr Haar trug sie heute so hochgesteckt, dass ihr Nacken entblößt war, was ihn natürlich sofort auf den Gedanken brachte, hinter sie zu treten und mit den Lippen über ihre seidige Haut zu streifen.
»Wie lautet dein Name?«, fragte er, wobei er die Hand senkte, um seinen Penis zu verbergen. Sie brauchte ihn nun wirklich nicht in diesem Zustand zu sehen – zumindest jetzt noch nicht.
Sie blieb ihm eine Antwort schuldig. Also wiederholte er seine Frage, diesmal lauter, aber sie antwortete immer noch nicht. Doch sie wandte sich ihm zu, in den Händen hielt sie etwas zu essen und
Weitere Kostenlose Bücher