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Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
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die Hände gefallen. Das hatte ihn in seinem Vorhaben bestärkt. Gleich am nächsten Tag erkundigte er sich nach Flügen nach Europa. Rom oder Mailand. Er hatte immer noch gedacht, Zoe würde schon mitkommen, wenn er sie vor vollendete Tatsachen stellen würde. Sie würde ihn doch nicht alleine fliegen lassen. Von dem Guggenheim-Projekt war sie schließlich mindestens so begeistert wie er. Harry war sich eigentlich ganz sicher, dass ihr das in Wahrheit wichtiger war als diese klapprigen Holzhäuser auf dem Land.
    Aber als er dann stolz mit dem billigen Flugangebot von J. F. K. nach Milano Malpensa aufkreuzte, reagierte sie kühl und abweisend. Sie hatte für die nächsten Tage Maklertermine in Albany und Connecticut abgemacht, wie sie ihm spitz mitteilte. Darauf war er ausgerastet. Sie hatten sich eine Weile angeschrien.
    »Vielleicht fragst du mich ja mal, ob ich da überhaupt hinwill!«, hatte Harry sie beleidigt angefahren.
    »Ja, dann düs doch ab nach Italien, wenn du da unbedingt hinmusst!«, hatte sie zurückgegiftet.
    »Du wirst dich wundern, das mache ich!« Darauf hatte er wütend und in aller Eile ein paar Sachen gepackt und ein Taxi zum Flughafen genommen. Zwei Stunden später saß er in der Maschine nach Mailand.
     
    Die Fokker rollte jetzt über die Landebahn am Wasser entlang auf den Terminal des Aeroporto Marco Polo zu. Noch während der Fahrt machte der dicke Russe Anstalten, sich aus seinem Sitz hochzuwuchten. Dabei stieß er Harry seinen fleischigen Ellenbogen in die Rippen und grummelte in slawischem Tonfall ein »Sorry« .Er hatte die Maschine als Letzter bestiegen und wollte sie jetzt offenbar als Erster wieder verlassen.
    Harry holte sein Tweedjackett aus der Gepäckablage. Er wollte Zoe gleich anrufen. Er musste sie überreden nachzukommen.

3
    Die Zimmervermittlung am Flughafen hatte nicht viel anzubieten.
    »Venezia isse completto full, Signore« , sagte der Mann hinter dem Schalter, der das offenbar für Englisch hielt.
    Es war schließlich Hochsaison und außerdem hatte die Biennale gerade begonnen. Kunstliebhaber aus aller Welt waren in der Stadt, Journalisten und Künstler. Das Zimmer Nummer siebenunddreißig im »Seguso«, ohne Bad, aber mit tollem Kanalblick, das ein New Yorker Freund ihm empfohlen hatte, war natürlich ausgebucht und auch die anderen Zimmer im »Seguso«. So landete Harry fürs Erste in der »Pensione Rosa«, die ihm der Zimmervermittler als das beste Ein-Sterne-Hotel Venedigs anpries.
    Der Signore an der Rezeption blickte von seiner rosafarbenen »Gazetta dello Sport« kaum auf, als er Harry das Anmeldeformular über den kleinen Tresen schob.
    »Passaporto« , sagte er nur knapp und warf ihm über seine Lesebrille einen kurzen kritischen Blick zu.
    Er trug ein blau-weiß gestreiftes Hemd mit einem weißen Stehkragen, das wohl seit mehreren Tagen nicht gewechselt worden war. Seine Haut war kalkweiß und sein spärliches Haar hatte er mit Haarwasser zurückgekämmt und anschließend antrocknen lassen. Er schwitzte.
    Nachdem er Harrys Pass einkassiert hatte, händigte er ihm den Schlüssel aus.
    »Ventisei« , sagte er. »Secondo piano. If you leave, bring me the key« , fügte er unmissverständlich hinzu.
    Gegenüber vom Empfangstresen saß eine kleine ältere Frau auf einem mit Kunststoff bezogenen Sofa direkt neben einem übergroßen Fernseher. Sie trug zwei Kittel übereinander und sah seitlich auf den Bildschirm, über den ein italienisch lautes, grellbuntes Vormittagsprogramm flimmerte. Signora Rosa höchstpersönlich, vermutete Harry ganz richtig, die Mama des freundlichen Herrn an der Rezeption. An ihr vorbei hatte man einen Blick in einen kleinen dunklen Frühstücksraum, der für den nächsten Morgen schon mit umgedrehten Tassen eingedeckt war. In einer ehemaligen Durchreiche leuchtete ein Aquarium. Darin schwebte wie ein Mobile von Calder träge ein Fisch. An den mit Kork tapezierten Wänden hingen Markusplatz und Gondeln in allen erdenklichen Farben. Im Treppenhaus und in den Fluren tropften schwere traubenartige Lampen aus Muranoglas von der Decke, die bei jedem Luftzug unüberhörbar aneinanderklackerten.
    Das Zimmer sechsundzwanzig im obersten Stock war eher schlicht: Ein einfacher Terracottaboden, ein altes Holzbett und gekalkte Wände. Man hatte wirklich einen wunderbaren Blick über den Kanal, der hier im Castello-Viertel gänzlich untouristisch wirkte. Weit und breit war keine einzige Gondel zu sehen, stattdessen ein paar ramponierte Motorboote,

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