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Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
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Britt und Giovanni-Dieter warfen Harry und Franca einen argwöhnischen Blick zu.
    »Das wächst bei mir hinter der Werft auf der Giudecca wie Unkraut. Hawaiian Baby Woodrose. «
    »Hawaiianische Holzrose?« Irgendwie glaubte er schon mal davon gehört zu haben. Aber welche Wirkung der Hawaiianischen Holzrose zugeschrieben wurde, hatte er vergessen.
    »Versuch etwas davon. It makes you feel good. «
    Harry wusste nicht, warum, aber er ließ es zu, dass Francesca ihm einen Espressolöffel voll braunem Pulver in sein Campari-Glas rieseln ließ. Die Schweizer Millionärstochter lächelte ihn weggetreten an. Harry hätte gewarnt sein können. Aber die nach Kokos duftende Franca konnte ihm heute Abend alles einflößen. Der rot leuchtende Campari färbte sich bräunlich und so schmeckte er auch. Er kippte den Rest hinunter.
    Während Britt Benning fast zu müde war, sich von ihm zu verabschieden, kam es zwischen Hans-Dieter und Franca noch zu einem giftigen Wortwechsel, den Harry nicht ganz verstand.
    »Das würde deine Frau sicher auch interessieren, was du hier so treibst mit bellino Roberto. « Nur diesen Satz bekam er mit.
    Als Harry bezahlte, fiel ihm das Foto von Zoe vor dem Flatiron Building aus der Brieftasche. Ihm war so, dass Franca einen kurzen interessierten Blick auf das Bild warf, als er es aufhob und ins Portemonnaie zurücksteckte. Für einen kurzen Moment kamen ihm Bedenken. Zoe fände das bestimmt alle andere als lustig. Aber sie war weit weg. Und dieser seltsame Drink hatte eine ziemlich anregende Wirkung.
    Als er zusammen mit Franca die Bar verließ, flackerte auf dem Fersehbildschirm zu einer schwülstigen Filmmusik gerade »The End« auf.

7
    Franca bestellte ein Wassertaxi. Das wird teuer, dachte sich Harry. Schon für den Alilaguna, den Wasserbus vom Flughafen, hatte er siebzehntausend Lire bezahlt. Aber diese Blöße konnte er sich jetzt natürlich nicht geben. Der Bootsführer, ein älterer, etwas derber Typ, der eher wie ein Fischer aussah, der sich für eine Familienfeier in Schale geworfen hatte, half Franca und dann auch ihm mit kräftigem Griff ins Boot. Der Motor blubberte währenddessen leise, aber satt vor sich hin. Die Fahrt in dem schnittigen Holzboot über den nächtlichen Canal Grande erlebte Harry wie im Rausch. Die Hawaiianische Holzrose entfaltete plötzlich ihre Wirkung.
    »Was ist das für ein Zeug, das du mir da gegeben hast?«
    »Wie fühlst du dich, Harry? Gut, oder?« Das erste Mal verzog sie ihren Mund dabei zu einem leicht spöttischen Grinsen. Das »Harry« sprach sie eher Deutsch als Englisch aus. Mit einem vorn am Gaumen gerollten R.
    Die beleuchteten Fassaden am Canal Grande flogen an ihnen vorüber und verwischten dabei zu Leuchtstreifen. Wie aus einem tiefen dunklen Raum tauchten Lichtreflexe auf dem Wasser auf, die zu kleinen brennenden Bällen wurden, kurz über die Wasseroberfläche tanzten und ebenso schnell wieder verglühten. Dann wieder schaukelten leuchtende Platten vom Ufer auf ihn zu. Der Himmel wirkte wie heruntergezogen. Und irgendwie hatte er das Gefühl, schneller zu denken. Franca ließ den Fahrtwind durch ihre Haare wehen, dann sah sie ihn an. Er sah in ihre riesigen Pupillen. Er konnte sich nicht erinnern, jemals so große Pupillen gesehen zu haben. Ihre Gesichter kamen sich näher. Franca fasste ihm mit ihren Bildhauerfingern kräftig ins Haar. Die Vorstellung, dass diese Hände Steine bearbeiteten, mit Ton und Gips Skulpturen formten, erregte ihn. Er wollte sie küssen, aber dann ließ sie ihn wieder los und legte ihre Hände auf seine Schultern.
    »Look, look, die Villa von Peggy Guggenheim! Mit der Plastik von Marino Marini. ›The Angel of the City‹, der Reiter oben auf der Treppe.«
    Dort lag also das Guggenheim-Museum. Verheißungsvoll leuchtete der lang gestreckte, etwas bizarre Palazzo weiß über das Wasser zu ihnen herüber. Die Räume waren alle dunkel. Sollte er nachts vom Kanal aus dort einsteigen? Vielleicht wäre das eine Möglichkeit. Morgen wollte Harry sich gleich mal etwas näher umsehen.
    »Und dort Santa Maria della Salute.« Francesca zeigte zum Ufer und warf wieder ihre Haare in den Fahrtwind.
    Als das Boot aus dem Canal Grande herauskam, öffnete sich die Lagune. Für einen Moment hatten sie einen Blick auf Campanile und Piazzetta San Marco. Und für einen noch kürzeren Augenblick leuchteten die hellen Kuppeln des Markusdomes auf. Dann drehte das Boot ab, um die Punta della Dogana herum und steuerte auf die Giudecca zu, die

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