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Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
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Schlaf hoch und richtete sich im Bett auf. Ein dumpfer Schmerz breitete sich augenblicklich in seinem Kopf aus. Er hatte keine Ahnung, wo er war und wie spät es war. Er sah schmale waagerechte Lichtstreifen, die durch die Fensterläden in den Raum fielen. Sie waren so grell, dass sie über ihre Ränder hinwegstrahlten. Hatte es überhaupt geklopft? Aber dann hörte er die Stimme einer Frau: »Signore! Signor Ooldenburg-e! «
    Harry fühlte sich außerstande zu reagieren. Mühsam versuchte er, seiner trockenen Kehle einen Laut zu entlocken.
    »Sì« , krächzte er schließlich und hatte das Gefühl, dass diese Stimme gar nicht ihm gehörte.
    »Una signor a per Lei! «
    Harry rappelte sich aus seinem Bett auf. Er trug immer noch Jeans und sein Hemd. Die Sachen klebten ihm am Körper. Seine Arme und Beine waren schwer wie Blei. Jeder Schritt war Schwerstarbeit. Die Zimmertür schien meilenweit entfernt. Er versuchte sich an die letzte Nacht zu erinnern. Er wusste, dass er in Venedig war. Und Francesca fiel ihm ein. Aber sonst?
    Mit jedem Schritt zur Tür schossen ihm neue Bilder durch den Kopf. Hatte er das wirklich alles erlebt in der letzten Nacht? Er hatte mit Francesca geschlafen. Und dann lag da dieser Tote in ihrem Atelier. Und dann … Mit einem Mal standen ihm die Geschehnisse der Nacht wie ein überdeutlicher Albtraum wieder vor Augen. Einen kurzen Moment hatte er geglaubt, sich davonstehlen zu können. Einfach anziehen und abhauen.
     
    Dann war ihm plötzlich schwindelig geworden. Sein Kreislauf hatte verrückt gespielt. Er war zum WC gewankt und hatte sich auf die Schüssel gesetzt, auf der sich keine Brille befand, nur das kalte Porzellan. Während er pinkelte, wurde ihm wieder speiübel. Schwankend war er aufgestanden und hatte fast den Boden unter den Füßen verloren. Während er sich hinkniete, musste er schon einen Schwall in die Schüssel kotzen. Für einen Moment blieb er noch vor dem Klo hocken. Als er auf die fleckigen Ränder der in Jahrzehnten verfärbten und beschädigten Keramik starrte, musste er sich gleich noch einmal übergeben. Ihm fielen die Bemerkungen der Kunstfreunde über Francesca ein. Was hatte Hans-Dieter gesagt? Sie bringt Männer um? Aber das war doch ein Scherz gewesen. Oder etwa doch nicht?
    Und dann hatte auch schon Franca hinter ihm gestanden.
    »Cazzo, was macht der Typ da in meinem Atelier!«, keifte sie Harry an, als ob er dafür verantwortlich war. Angesichts der ganzen Drogen, die sie in den letzten paar Stunden zu sich genommen hatte, war sie schon wieder erstaunlich munter. Denn zuletzt hatte sie sich, um zur Ruhe zu kommen, zusammen mit einem Wodka ein paar blau-gelbe »Benzos« genehmigt.
    »Ich hab jetzt genug«, sagte Harry. »Mit deinem Toten will ich nichts zu tun haben. Ich hol meine Klamotten und dann bin ich weg!«
    »Das kannst du nicht machen! Weißt du, wer das ist? Dieser Scheißtyp in dem scheißgrünen Jackett?«
    »Nein, verdammt noch mal. Woher soll ich das wissen? Ich kenn den Typen nicht und ich hab mit der ganzen Sache nichts zu tun. Ich hol mir jetzt meine Hose.« Er versuchte, sich an ihr vorbeizudrängen, aber sie stellte sich ihm in den Weg und sah ihn bedrohlich an. Im Gegensatz zu Harry war sie bereits angezogen.
    »Porca miseria!«, brüllte sie. »Das ist mein Vermieter. Carlo! Wo kommt dieser Scheißkerl auf einmal her?«
    Irgendwie klang das nicht so, als hätte sie ihn eben um die Ecke gebracht.
    »Woher soll ich das denn wissen?« Harry war immer noch vollkommen nackt, was seine Hilflosigkeit auf lächerliche Art und Weise unterstrich. Konnte er sich jetzt endlich mal anziehen? Aber Franca blieb mit verschränkten Armen einfach vor ihm stehen.
    »Carlo ist ein echtes Arschloch, also, er war eins. Ihm gehört diese Bootswerft hier. Er hat mich laufend mit neuen Mieterhöhungen bedrängt.«
    Das klang auf einmal doch wieder nach einem Mordmotiv, fand Harry.
    »Dabei hat er zig Gondellizenzen, mit denen er die dicke Kohle macht. Er beutet die armen Gondolieri total aus!« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Und außerdem war er ein schmieriger geiler Sack. Er hat mir regelrecht nachgestellt. Ich sollte ein bisschen nett zu ihm sein, wenn ich mein Atelier behalten wollte. Gleichzeitig war er schon in Verhandlungen für die Werft.«
    Francas Stimme überschlug sich fast. »Ich hab den Idioten nicht auf dem Gewissen, wirklich nicht. Cazzo! Der Kerl war wie eine lästige Fliege. Aber ich habe ihn nicht umgebracht.«
    »Ich glaub dir

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