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Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
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ihm vorbei in das Zimmer zu sehen. Dass er nachts unterwegs war und am Tag in seiner Kleidung schlief, weckte in ihr wohl die größten Befürchtungen hinsichtlich ihres Inventars.
    Welche Signora sollte ihn wohl heute Morgen besuchen? War überhaupt Morgen? Während er überlegte, wie spät es wohl sei, kam Britt Benning energisch mit leicht wippenden Schritten und klimpernden Armringen den Flur entlang. Harry war richtig froh, dass sie es war. Er hatte schon wieder Franca befürchtet.
    »Wir wollten doch mal nach dir sehen«, sagte sie und zuckte ein paar Mal mit den Augenbrauen. »Harry, du scheinst die Nacht ja überlebt zu haben. Wir hatten uns doch aufs Du geeinigt?«
    »Ja ja«, murmelte er zerstreut. Er fühlte sich unfähig zu irgendeiner Konversation. Er konnte den Fragen von Britt kaum folgen.
    »Ich hab so grade eben überlebt«, sagte er. Das Grinsen dabei gelang ihm nicht recht.
    »Doris, Giovanni und noch ein paar von unserer Clique wollen uns heute Nachmittag noch ein paar Pavillons in den Giardini ansehen. Willst du nicht mitkommen? Eintritt ist für uns überall frei. Ingresso libero. «
    »Wie spät haben wir es überhaupt?«
    »Gleich drei Uhr.«
    »Mein Gott, ich habe bis eben geschlafen wie ein Stein.«
    »Was hat dir die Giftmischerin Franca denn in den Tee getan?«
    »Ich weiß auch nicht«, sagte er unsicher.
    »Die Frau ist mit Vorsicht zu genießen, Harry.«
    »Das habe ich bemerkt.«
    »Nein, im Ernst. Ich will ja niemandem etwas Böses nachsagen. Aber Giovanni könnte dir Storys erzählen … Nimm dich in acht, Franca ist wirklich gefährlich.«
    In Harry tauchten wieder schemenhaft die Bilder der vergangenen Nacht auf. Nicht schon wieder! Er weigerte sich, länger darüber nachzudenken. Er hatte einen Kater und ein schlechtes Gewissen und. Angst.
    »Weißt du, wie wir das jetzt machen«, ergriff Britt die Initiative. »Du duschst erst mal in Ruhe und ziehst dir etwas anderes an. Doris und ich warten in dem kleinen Café hier gleich um die Ecke in der Via Garibaldi. Du weißt, wo die Via Garibaldi ist?«
    »Ja. Ich hab da gestern meinen ersten Cappuccino getrunken.« Harry fühlte sich überrumpelt, aber es schien ihm am einfachsten, das zu machen, was Britt vorschlug.
    »Außerdem will dir Giovanni ein interessantes Angebot machen«, sagte sie flüsternd hinter vorgehaltener Hand. »Denn diese Pension hier. na ja.«
    Was denn für ein Angebot, fragte sich Harry.
     
    Er rasierte sich, duschte warm und kalt. Danach erkannte er sich im Spiegel halbwegs wieder. Jetzt hatte er ungeheuren Hunger. Er war in der Morgendämmerung mit dem ersten Vaporetto der Linie 41 zurückgekommen. Kurz vor sechs hatte er den Sohn von Signora Rosa aus dem Bett geklingelt. Ungekämmt und in Trainingsjacke hatte dieser ihm wortlos seinen Zimmerschlüssel in die Hand gedrückt. Als er den Schlüssel jetzt wieder an der Rezeption abgab, suchte der Signore, der immer noch dasselbe gestreifte Hemd mit dem kleinen Stehkragen trug, in dem Schlüsselbord hinter sich nach einem Zettel.
    »Signor Oldenburg, gestern Nacht sehr spät hat eine Signora für Sie angerufen.« Er hatte die Nachricht jetzt gefunden. »Eine Signora … ähh Lieberman-e.«
    Er gab Harry den Zettel. Darauf stand ihr Name: »Lieberman«. Und darunter: »Dopodomani 12:05 Flight Alitalia 227a Milano. «
    Zoe. Übermorgen Mittag wollte sie also kommen. So schnell hatte er mit Zoe gar nicht gerechnet, aber er freute sich und war fast erleichtert. Sie musste nach ihrem Telefonat gestern sofort einen Flug gebucht haben. Vielleicht war das ganz gut so. Von der Geschichte mit Franca musste sie vielleicht nicht unbedingt gleich erfahren.
     
    Britt Benning und Psychologin Doris winkten ihm freudig zu, als Harry sie an einem der Tische vor dem Café in der Via Garibaldi entdeckte. Sie begrüßten ihn mit Küsschen wie einen alten Bekannten.
    »Wir sind ja froh, Sie wohlauf zu sehen«, sagte Doris. Sie trug wieder eines ihrer körperfernen Zeltkleider, heute Nachmittag in Lindgrün.
    »Ciao, Harry! Auf die Schnelle auch noch einen Cappuccino?«, fragte Britt.
    »Nett, dass ihr mich mitnehmt und hier auf mich gewartet habt.«
    »Wir haben die Männer schon vorgeschickt. Wir verpassen nichts. Wir waren außerdem schon zweimal in den Giardini.« Britt war regelrecht aufgekratzt.
    Sie hatte ein duftiges Kleid in verschiedenen Rottönen an. Es wirkte irgendwie blumig mit seinen getupften Flecken. Dazu passend trug sie ein Tuch um den Kopf, wie ein Stirnband. Sie

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