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Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
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paar offene Fragen gestoßen. Dabei ist auch ihr Name gefallen, Signor Oldenburg.«
    Harry nahm noch einen Zug aus seiner Zigarette, bevor er sie ausdrückte. Sofort spürte er die Wirkung des Nikotins im Kopf.
    »Signor Oldenburg, Sie leben in New York?«
    »Ja.« Harry war schwindelig.
    »Sind Sie Amerikaner?«
    »Ich lebe seit einigen Jahren in den Vereinigten Staaten. Zurzeit habe ich noch einen deutschen Pass. Aber das wird sich wohl bald ändern.«
    »Aha, un tedesco. « Der Kommissar wirkte fast ein bisschen enttäuscht. »Sie sind Maler und Galerist?«
    »Galerist. Ja«, hörte Harry seine Stimme sagen. Und er musste dabei wohl etwas verunsichert geklungen haben.
    »Signore, es ist nichts Ungewöhnliches. In dieser Stadt haben alle mit Kunst zu tun. Siamo a Venezia. « Er machte eine resignierte Gebärde und versuchte ein Lächeln.
    »Seit wann halten Sie sich in unserer Stadt auf, Signor Oldenburg.«
    »Seit etwa einer Woche, glaube ich.« Harry musste tatsächlich überlegen. Die Zeit hier hatte er wie im Rausch erlebt. Aber er war tatsächlich schon eine ganze Woche hier.
    »Sie sind auch ein Mitglied dieser ›Amici dei musei‹?«
    »Nein, ich hab die Gruppe erst hier kennengelernt.«
    »Sie haben da offensichtlich Eindruck gemacht. Signora Benning weiß nur Gutes über Sie zu sagen.«
    »Man tut, was man kann«, grinste Harry und lehnte sich etwas entspannter zurück. Wollte der nur plaudern? Doch gleich darauf zuckte Harry zusammen.
    »Heute Morgen saß Signora Zenga auf dem Stuhl hier, auf dem Sie jetzt sitzen, Signor Oldenburg. Sie wissen ja, sie ist von den meisten gestern Abend auf dem Video erkannt worden«, sagte Lompo mit scharfer Stimme.
    Der Typ ist mit seinem »Signor Oldenburg« ja noch schlimmer als Giovanni-Dieter, dachte Harry. Das Kribbeln unter dem Gips wurde immer unerträglicher. Er wusste nicht, was er schlimmer fand, dieses Verhör oder das Jucken.
    »Nur Signora Francesca selbst wollte sich auf dem Video nicht wiedererkennen. Certamente! Kein Wunder! Wer gibt schon gerne zu, ein Bild gestohlen zu haben? Oder, Signor Oldenburg-e?«
    Der Commissario betrachtete seinen frisch gespitzten Bleistift, legte ihn auf die Schreibunterlage und sah ihn durchdringend an. Was hatte er da eben gesagt? Wer gibt schon gerne zu, ein Bild gestohlen zu haben! Er durfte sich jetzt nicht verrückt machen lassen.
    »I-ich kann dazu auch nicht mehr sagen als gestern«, stotterte Harry. Er sah dem Kommissar nicht in die Augen, sondern starrte auf dessen Goldkettchen.
    »Sie hat sich leider einer weiteren Befragung entzogen.
    Vorübergehend. Aber wir werden die bella Signora schon wieder einfangen.« Er verzog einen Mundwinkel zur Andeutung eines Grinsens.
    »Wir haben heute Morgen einige Ihrer ›Amici dei musei di Venezia‹ noch einmal etwas ausführlicher befragt.«
    Der Zigarettenstummel in dem Marmormonstrum fing wieder an zu kokeln. Der Rauch kräuselte sich durch mehrere Lichtstreifen, die den Raum durchschnitten. Harry drückte den Rest seiner Chesterfield noch einmal aus. Er hatte den beißenden Gestank von abgestandenem Rauch in der Nase.
    »Die Aussagen haben einige neue Fragen aufgeworfen.«
    Harry hatte keinen Schimmer, was der Kommissar wusste und was die anderen ihm erzählt hatten.
    »Wir haben uns gefragt, ob Signora Zenga den Diebstahl des Bildes allein bewerkstelligt haben kann. Oder ob sie möglicherweise Komplizen hatte.«
    »H-h-hat sie so etwas behauptet?«, wollte Harry wissen.
    »Nein, nein. Niente affatto. Natürlich nicht. Es ist ja leider kaum zu einem Gespräch gekommen.«
    Commissario Lompo richtete den gespitzten Bleistift exakt im rechten Winkel zur Schreibunterlage aus und nahm den nächsten Stift in Angriff. Das Schrappen des Anspitzers hallte durch den Raum.
    »Aber nicht nur Francesca Zenga hat vor uns Reißaus genommen. Sie hatten es ja auch sehr eilig, Signor Oldenburg. Molto urgente, sehr eilig, Signore. Wir haben uns wirklich gefragt, warum.«
    Da war sie, die Frage, die Harry nicht beantworten konnte. Ihm fiel nichts ein, nichts, was er dem Kommissar als vernünftigen Grund für seine Flucht nennen konnte. Sollte er ihm erzählen, dass Zoe von dieser Verrückten bedroht wurde, dass seine Freundin vielleicht in Lebensgefahr war, dass er sich die größten Sorgen machte?
    Harry kam sich vor wie in einer mündlichen Prüfung. Er bekam eine Frage, und er hatte keinen Schimmer, wie er sie beantworten sollte. Er starrte auf den Aschenbecher vor sich. Der Zigarettenstummel

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